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Hilferuf an die Landesregierung: Sterben die Clubs in Dresden?

Steigende Mieten, hohe Kosten, weniger Besucher: Die Clubs in Dresden stecken in Schwierigkeiten. Jetzt hat sich die Szene mit einem Hilferuf an die Landesregierung gewendet.

Von Connor Endt
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"Durchhalten ist die Devise": die beiden "oka"-Geschäftsführer Felix Buchta und Josie Went.
"Durchhalten ist die Devise": die beiden "oka"-Geschäftsführer Felix Buchta und Josie Went. © Sven Ellger

Dresden. Durchhalten und irgendwie über Wasser bleiben: Das ist ein Satz, den man häufig hört, wenn man aktuell mit Dresdner Clubbetreibern spricht. Die Feierlaune ist verflogen: Steigende Mieten, hohe Nebenkosten und ausbleibendes Partypublikum sorgen für große Existenzängste bei den Clubs in der Landeshauptstadt - und das schon seit Monaten.

"Die Zahlungsunfähigkeit ist immer präsent", sagt etwa Felix Buchta vom Club "objekt klein a" (oka). Bereits im vergangenen Oktober war unklar, wie es mit dem "oka" weitergeht. Gegen Jahresende organisierten die Betreiber eine Veranstaltung, bei der Personal und DJs auf ihr Honorar verzichteten. Alle Einnahmen flossen an dem Abend in den Erhalt des Clubs, um steigende Mieten und Personalkosten zumindest vorläufig abzudecken. "Wir hatten volles Haus", sagt Buchta, "trotzdem wird es nicht die letzte Veranstaltung dieser Art gewesen sein."

Denn auch 2024 bleibt die Lage angespannt. "Wir merken, dass die Ausgehbereitschaft gesunken ist", sagt Buchta. Auch die Getränkeeinnahmen seien stark zurückgegangen. Buchta, der einer der "oka"-Geschäftsführer ist, kann die Lage nachvollziehen: "Die Menschen müssen wegen der Inflation mehr auf das Geld schauen, das ist mir schon klar", sagt er.

"Manche Kosten kann man eben nicht senken"

Ähnlich sieht es bei anderen Clubs in Dresden aus. "2023 war ein verhaltenes Jahr mit weniger Gästen", sagt Pierre Tannert vom Club "Sektor Evolution". Auch er glaubt, dass die Inflation der Hauptgrund für geringere Besucherzahlen ist.

Pierre Tannert vom "Sektor" wünscht sich mehr Wertschätzung für Dresdens Clubkultur.
Pierre Tannert vom "Sektor" wünscht sich mehr Wertschätzung für Dresdens Clubkultur. © Matthias Rietschel

Auch im "Sektor" sind die Kosten stark gestiegen. "Wir haben bereits stromsparende Lampen und effizientere Lampen eingebaut, aber manche Kosten kann man eben nicht senken", berichtet Tannert. Zudem seien auch die Unterbringungskosten für internationale Künstler gestiegen.

Er erhofft sich mehr Wertschätzung für die elektronische Clubkultur in Dresden. "Tekkno und House sind seit Jahren omnipräsent in der Stadt", sagt er. "Wir erreichen oft höhere Besucherzahlen als so manche Theatervorstellung vor Ort."

"Das Potenzial von Clubs wird unterschätzt"

Der Club "Kashay Salon" hat erst im Dezember in der Meschwitzstraße, wenige hundert Meter neben dem "oka", aufgemacht. "Wir müssen uns erstmal in der Stadt etablieren", sagt Lissy Possekel, eine der vier Betreiberinnen des Clubs. Bei der Eröffnungsfeier sei der "Salon" komplett voll gewesen, sagt Possekel. "Aber bei anderen Veranstaltungen kamen auch schon viel weniger Menschen als erwartet."

Auch sie glaubt, dass die Dresdner Clubszene nicht die Anerkennung bekommt, die sie eigentlich verdient. "Das Potenzial von Clubs wird unterschätzt. Solche Veranstaltungen machen eine Stadt erst richtig attraktiv für ein junges Publikum, ziehen junge Leute nach Dresden", sagt sie.

Clubbetreiber: Nöte bleiben "wiederholt ungehört"

Viele Clubbetreiber wissen nicht mehr weiter. Am Donnerstag hat sich die Live Initiative Sachsen e.V. (LISA) deshalb mit einer Stellungnahme an das sächsische Kulturministerium unter Ministerin Barbara Klepsch (CDU) und die Landesregierung gewendet. Ende November hatte Klepsch bekannt gegeben, dass das sächsische Kulturministerium die kommunalen Theater und Orchester für die Jahre 2023 und 2024 mit insgesamt 4,6 Millionen Euro unterstützt.

Während kommunale Einrichtungen unterstützt würden, blieben die Nöte vieler Clubs und kleinerer Spielstätten "wiederholt ungehört", kritisiert die Live Initiative. Die Clubs bekämen "nicht die Anerkennung und Unterstützung, die ihre Kulturarbeit verdient".

Initiative fordert Soforthilfe-Programm

Die Initiative fordert für 2024 ein Soforthilfe-Programm für Clubs und Livemusikspielstätten. Ab 2025 müsse zudem die Sparte Clubkultur innerhalb einer künftigen Musikzentrale Sachsen finanziell unterstützt werden. Es müssten so bald wie möglich Gespräche zwischen Veranstaltern und dem Kulturministerium, dem Wirtschaftsministerium, dem Staatsministerium für Regionalentwicklung und der Sächsischen Staatskanzlei stattfinden. Zudem müsse die Live Initiative Sachsen langfristig gefördert werden.

Außerdem müssten Clubs als kulturelle Einrichtungen anerkannt werden. Damit könnten sich etwa Lärmschutz-Bestimmungen und Baurechtsvorschriften ändern. Aktuell gelten für Clubs noch ähnliche Bestimmungen wie für Industrie und Gewerbe - und das, obwohl sich die jetzige Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag vor drei Jahren dazu verpflichtet hat, die Regelungen zu reformieren.

Felix Buchta vom "oka" ist einer der Vorstände der Live Initiative Sachsen und hat den Aufruf mit verfasst. Jetzt hofft er auf Veränderungen durch die Stellungnahme. Bisher sei wenig passiert, trotz vieler Gespräche in der Corona-Zeit. Es wird sich zeigen, wie die Ministerien reagieren. Bis dahin geht es weiter im "oka" und anderswo - irgendwie. "Durchhalten ist die Devise", so Buchta.