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Wie viele Wohnungen stehen in Dresden eigentlich leer?

Wohnungsbesetzer mahnen, baufällige und unbewohnbare Wohnungen zu nutzen. Davon gibt es neuesten Zahlen zufolge aber gar nicht so viele.

Von Julia Vollmer & Sandro Pohl-Rahrisch
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Anfang der Woche hatten Jugendliche ein Haus in der Radeberger Vorstadt besetzt.
Anfang der Woche hatten Jugendliche ein Haus in der Radeberger Vorstadt besetzt. © Sven Ellger

Dresden. Zwei Tage hielten junge Leute Anfang dieser Woche eine Villa in der Radeberger Vorstadt besetzt. Ihr Vorwurf an den Eigentümer: Das Haus steht leer, wo doch Wohnungen dringend gebraucht würden. In ganz Dresden gebe es sogar 19.000 leerstehende Wohnungen. Am Donnerstag hat eine Gruppe eine weitere Besetzung gestartet, diesmal an der Lößnitzstraße am Neustädter Bahnhof. Die Polizei räumte das Gebäude noch am späten Abend. Was ist dran an der Kritik? Gibt es wirklich so viele freie Wohnungen, die entweder sofort oder nach einer Sanierung genutzt werden könnten? Die SZ hat sich den Leerstand in der Stadt einmal genauer angeschaut.

Wie viele Wohnungen stehen aktuell leer?

Ende 2020 standen in Dresden rund 21.500 Wohnungen leer, teilt die Stadtverwaltung mit. Das sind etwa sieben Prozent aller Wohnungen. Leer heißt aber nicht gleich unbewohnbar.

So stehen Wohnungen auch deshalb leer, da für sie schlichtweg die Nachfrage fehlt: Sie sind zu teuer, zu klein, zu groß oder sie liegen in einem weniger begehrten Stadtteil. Von diesen bewohnbaren, aber längere Zeit nicht bewohnten Wohnungen gibt es in Dresden laut Stadtverwaltung etwa 9.100.

Darüber hinaus können Wohnungen kurzfristig leer sein, weil der alte Mieter gerade raus ist, der neue aber noch nicht drin. Die Stadt schätzt, dass es davon mindestens 10.000 gibt. Und dann wären da noch jene Wohnungen, die gerade saniert werden und deshalb nicht bezogen werden können.

Zwar nennt die Verwaltung in ihrem neuesten Wohnungsbericht keine genaue Zahl baufälliger und unbewohnbarer Wohnungen. Allerdings dürfte diese anhand der genannten Daten und im Vergleich zum Gesamtleerstand ziemlich gering sein, also unter 2.000 liegen. Das größte Problem beim Leerstand in Dresden ergibt sich demnach durch ein Überangebot von Wohnungen, die - so wie sie derzeit sind - nicht nachgefragt werden.

In welchen Stadtteilen stehen die meisten Wohnungen leer?

Den höchsten Leerstand - kurzfristig und langfristig - gibt es aktuell mit 35,4 Prozent in der Altstadt. Loschwitz und Wachwitz folgen mit 12,8 Prozent, die Pirnaische Vorstadt mit 12,5 Prozent.

Den niedrigsten Leerstand verzeichnet die Südvorstadt-West mit 3,3 Prozent. Auch in Striesen-Süd und der südlichen Johannstadt stehen vergleichsweise wenige Wohnungen leer.

Und wie sieht es bei den Großvermietern im Detail aus?

Bei Vonovia stehen rund 3,5 Prozent der Wohnungen leer. Diese Zahl werde vor allem durch Umzüge und Sanierungen verursacht, so ein Sprecher.

Etwas weniger sind es bei der Wohnungsgenossenschaft Johannstadt (WGJ). "Von unseren 7.792 Wohnungen standen Ende Juni 110 Wohnungen leer", sagt Vorstand Alrik Mutze, Sprecher der Wohnungsgenossenschaft Johannstadt (WGJ). Davon seien 45 wieder vermietet, 43 Wohnungen standen baubedingt leer. 22 Wohnungen werden tatsächlich derzeit nicht genutzt.

Sieht die Stadt Handlungsbedarf?

Nein. "Da die bestehenden Wohnungsleerstände keine negativen Effekte auf die Stadtentwicklung haben, besteht für die Landeshauptstadt aktuell kein Handlungsbedarf, den Wohnungsleerstand zu verringern", so das Stadtplanungsamt. Die Stadt sieht auch keinen Grund, bei unklaren Eigentumsverhältnissen von leerstehenden Wohnungen und Häusern aktiv zu werden. "Es erfolgt keine Recherche und Ansprache von Eigentümern leerstehender Wohnungsbestände in Dresden."

Was fordern die Besetzer?

Am Montagnachmittag hatten die Gruppe eine Villa in der Jäger Straße besetzt. Ziel sei es, das Haus langfristig zu nutzen und somit den Leerstand in Dresden zu bekämpfen. In der Villa müsse vor allem Wohnraum zu Verfügung gestellt werden, so die Besetzer. Dabei sollen Menschen in schwierigen Wohnsituationen, besonders berücksichtigt, zum Beispiel von häuslicher Gewalt betroffene Jugendliche, so die Forderung der Besetzer. Außerdem fordern sie mehr Freiräume für junge Menschen. Am Donnerstag ist ein weiteres Haus auf der Lößnitzstraße in der Neustadt mit den gleichen Forderungen besetzt wurden.