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"Wozu Grenzen in der EU?" Warum Kay Schomburg für "Volt" in den Dresdner Stadtrat will

Singende Studenten haben Kay Schomburg zur Partei Volt gebracht. Jetzt ist er sachsenweit deren Schatzmeister und will in Dresden in den Stadtrat.

Von Dirk Hein
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Kay Schomburg will im Wahlkreis 9, also in den Stadtteilen rund um die TU Dresden, genug Stimmen für den Stadtrat sammeln.
Kay Schomburg will im Wahlkreis 9, also in den Stadtteilen rund um die TU Dresden, genug Stimmen für den Stadtrat sammeln. © Matthias Rietschel

Dresden. Dass Kay Schomburg bei "Volt" aktiv ist, ist in gewisser Weise Zufall - und dennoch völlig logisch. Der 44-Jährige kam 1999 zum Studieren nach Dresden: Physik mit der Spezialisierung Kern- und Teilchenphysik. "Ich hätte irgendwo im Labor landen können, aber ich wollte eher etwas Soziales machen", sagt er. Schomburg studierte also weiter, diesmal Raumentwicklung und Naturressourcenmanagement, ein breit gefächerter Studiengang irgendwo zwischen Geografie, Forstwirtschaft und Stadtentwicklung.

Baum-Patenschaften statt Kern- und Teilchenphysik

Exakt dieser Studiengang ebnete dann auch den Weg zum aktuellen Job - und zu Volt. Denn Schomburg arbeitet in der Verwaltung der TU Dresden, ist dort für das barrierefreie Leit- und Orientierungssystem der Uni zuständig. Er kümmert sich um Baum- und Bank-Patenschaften und ist, ganz Verwaltungsmitarbeiter, auch für die Vergabe von Dienstleistungen im Gebäudemanagement zuständig. "Da versuchen wir schon, einige soziale und ökologische Komponenten einfließen zu lassen, aber wenn es um eine Feuerlöscher-Prüfung geht, dann geht es eben darum", sagt Kay Schomburg und grinst.

2019, als er in Dresden noch studierte, zogen Kommilitonen durch die Mensa, organisierten ein kleines Live-Konzert, sangen die Ode an die Freude und verteilten Flyer von Volt. Wenig später war Schomburg Mitglied. Was wäre eigentlich passiert, wenn an diesem Tag CDU, Grüne oder SPD an der Uni vorbeigekommen wären? "Die hätten es nicht werden können. Nur Volt hat einen konkreten Plan, wie die EU wieder zukunftsfähig gemacht werden kann."

"Die EU ist für mich die Einheit Europas"

Im Gespräch merkt man schnell: Beim Thema Europa leuchten Kay Schomburgs Augen noch mehr als sonst. "Die EU ist für mich die Einheit Europas, wozu soll es noch Grenzen geben?" Die im Bereich Wirtschaft erreichte Einigkeit der EU solle auf die Bereiche Sicherheit und Soziales ausgedehnt werden.

Und dennoch bewirbt sich der 44-Jährige nicht um ein Mandat zum Beispiel im Europaparlament, sondern auf der kommunalen Ebene. "Das ist der Weg für unsere Partei. Wirksam werden wir momentan bei Kommunalwahlen, dort wollen wir Sitze gewinnen, Zug um Zug so wachsen. Was auf der kommunalen Ebene geregelt werden kann, soll auch dort geregelt werden."

Etwa 50 Mitglieder hat Volt in Dresden, circa zehn davon sind tatsächlich aktiv, beteiligen sich an der Gremienarbeit und am Hängen von Plakaten. Das Kämpfen um Plätze in anderen Parteien habe ihn immer abgeschreckt, ebenso "das Zerreden von Ideen: Bei Volt ergänzen wir uns alle, man kann schnell in Funktionen kommen und damit viel Verantwortung übernehmen", sagt er. Kay Schomburg macht das als sachsenweiter Schatzmeister seiner Partei.

Seine Ziele im Stadtrat: Er setzt auf die Stadt der kurzen Wege. Der kommunale Wohnungsbau soll ausgebaut werden. Die Partei fordert kommunale Wohnungsanleihen: Privatpersonen und Institutionen sollen gewinnbringend und nachhaltig in Wohnungsbauprojekte in ihrer Stadt investieren können. Der Südpark soll sich entwickeln, Grünflächen im Stadtgebiet generell wachsen.

Warum die Dresdner "in Energie baden" sollen

Volt verbindet das in Dresden mit geschickt gestalteten, sympathischen Plakaten. Auf einem steht "In Energie baden" - gemeint ist damit die von der Partei geforderte Wiederinbetriebnahme des Pumpspeicherwerks in Niederwartha - und damit die Sicherung des Badebetriebes im Stauseebad.

Doch was unterscheidet die Partei dann eigentlich von den Piraten, die ebenfalls als eher kleine Partei um Stimmen in studentisch geprägten "jüngeren" Stadtteilen werben? "Wir liegen schon stark auf einer Linie, wenn es um Themen wie Mobilität oder Wohnen geht. Der große Unterschied ist der paneuropäische Gedanke von Volt", erklärt Kay Schomburg.

Erfahrung mit Politik hat der 44-Jährige bisher vor allem in der Hochschulpolitik, dort im höchsten Gremium, dem Senat gemacht. "Man muss sich exakt vorbereiten. Es gibt Abstimmungen; Dinge werden zwar angenommen, aber es geht nichts vorwärts und man muss nachfassen. Vieles gleicht dem Stadtrat."

Die Hoffnung auf "zwei bis drei" Sitze im Stadtrat

In Dresden steht Volt in fünf von elf Wahlkreisen auf den Stimmzetteln. Der Partei war es im Vorfeld nicht gelungen, in allen Wahlkreisen ausreichend Unterstützerunterschriften zu sammeln. Man glaubt dennoch an "ein bis zwei Mandate in der Neustadt", vielleicht auch an genügend Stimmen in Löbtau. Kay Schomburg hofft in der Südvorstadt auf Stimmen, weiß aber auch, dass es dort sehr schwer werden wird.

Bleibt noch die Frage, was den Menschen Kay Schomburg ausmacht; neben seiner Arbeit an der TU und seinem Einsatz für Volt. Und erneut wird das ohnehin vorhandene Lächeln in seinem Gesicht, ähnlich wie beim Thema Europa, wieder größer.

"Stark geprägt hat mich der Tango Argentino, das ist eine Welt für sich. Es gibt Tango-Marathons, wo man das ganz Wochenende zusammen verbringt und tanzt." 20 Nationen würden sich treffen. "Man muss sich anfangs schon überwinden: Eine fremde Person nimmt mich in den Arm und tanzt mit mir." Kay Schomburg hat dort seine Freundin kennengelernt, seit vielen Jahren fahren sie zusammen zu den Veranstaltungen. "Dort sehe ich sie beim ersten und beim letzten Lied."