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Dresdner verkauft gefälschte Markenkleidung im großen Stil

Ein 26-Jähriger hat mit Plagiaten bekannter Labels gehandelt. Mehr als 3.200 Fälle konnten im nachgewiesen werden. Sein Verhalten nach der Tat ist allerdings vorbildlich.

Von Alexander Schneider
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Sechs Jahre nach der Tat steht ein 26-Jähriger vor der Jugendkammer des Landgerichts Dresden. Dort gibt er zu, er habe schnelles Geld machen wollen.
Sechs Jahre nach der Tat steht ein 26-Jähriger vor der Jugendkammer des Landgerichts Dresden. Dort gibt er zu, er habe schnelles Geld machen wollen. ©  Symbolfoto: Rene Meinig

Dresden. Als Heranwachsender hat er vom großen Geld geträumt und sicherlich auch recht hart dafür gearbeitet. Allerdings ging es dabei um Geschäfte, die nicht ganz legal waren: Er handelte mit Plagiaten, T-Shirts, Poloshirts und Hemden namhafter Labels, die er zu deutlich günstigeren Preisen bei Ebay, Amazon und anderen im großen Stil verhökerte.

Das war 2015/2016. Jetzt holten ihn die alten Sünden ein – und mit 26 Jahren stand der Mann, inzwischen gut verdienender Industriemechaniker, als Angeklagter vor der Jugendkammer des Landgerichts Dresden.

Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, in mehr als 3.200 Fällen seinen Kunden Oberbekleidung verkauft zu haben, die angeblich von Ralph Lauren, Lacoste, Giorgio Armani, Hugo Boss oder Tommy Hilfiger stammte. Tatsächlich handelte es sich um Billigware.

Der Angeklagte habe die Kunden über die Qualität der Kleidung getäuscht, da er sie bewusst als "Originale" angepriesen habe. In knapp zwei Jahren soll er mit Komplizen rund 150.000 Euro umgesetzt haben – das sei gewerbsmäßige Verletzung von Gemeinschaftsmarken und versuchter Betrug in über 3.200 Fällen.

Durchsuchung im Kinderzimmer

Ende Dezember 2016 durchsuchten Zollfahnder das Kinderzimmer des Auszubildenden. 2019 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Wegen des Umfangs verwies das Amtsgericht das Verfahren ans Landgericht – und so verstrichen die Jahre. Der Beschuldigte nutzte die Zeit. Er nahm einen Kredit auf, um allein die Steuerschulden und Höhe von rund 35.000 Euro zu begleichen - bis heute. Er zahlte auch den Schaden eines Herstellers.

Im Gerichtssaal räumte er alle Vorwürfe ein. "Ich war damals ein anderer Mensch", sagte er. Er habe einen etwas älteren Arbeitskollegen für dessen Lebensstil bewundert – und so geriet er an den Mann, der wohl die guten Kontakte zu Plagiatshändlern hatte. Zu dritt hätten sie verkauft. Er selbst habe jedoch kaum Kenntnisse gehabt, woher die Ware stammte.

Ein Zollfahnder bestätigte die Angaben des Angeklagten grob. Der junge Mann habe die Shirts im Schnitt etwa für 20 Euro ein- und für 40 Euro verkauft. Der Zeuge berichtete etwa, die Täter hätten diskutiert, ihre Preise anzuziehen, damit der Plagiatsverdacht nicht so offensichtlich sei: "Ein T-Shirt von Ralph Lauren für 24,99 Euro schreit nach Plagiat."

Der Angeklagte habe seinen Sendungen auch ein "Serviceversprechen" beigelegt, in dem er seine Kunden aufforderte, ihm im Falle eines Mangels keine schlechte Bewertung in seinem Portal zu geben, sondern er werde Beschwerden kulant regulieren. Nach den Angaben des Ermittlers stammten die Plagiate aus der Türkei. Der Komplize des Angeklagten habe die Ware von dort über weitere Mittelsmänner in Berlin organisiert.

Verteidiger Hansjörg Elbs betonte, die meisten Käufer hätten sicher geahnt haben müssen, dass sie für diese Preise keine Originale erhielten. Er sprach sich als Strafe für eine Verwarnung nach dem Jugendstrafrecht aus, das sei angesichts der Wiedergutmachung, die sein Mandant seit Jahren zahle, ausreichend.

Der Staatsanwalt dagegen forderte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten nach Erwachsenem-Strafrecht. Davon sollten jedoch drei Monate aufgrund der langen Verfahrensdauer als verbüßt erlassen werden.

Verführbarkeit bei Jugendlichen größer

Das Gericht verurteilte den 26-Jährigen dann doch nach dem Jugendstrafrecht zu einer Geldauflage von 5.000 Euro. Er muss je 2.500 Euro an gemeinnützige Vereine in der Region zahlen, die sich für Kinder und Jugendliche einsetzen.

Es sei in dem Prozess deutlich geworden, dass der Angeklagte sich von dem Lebensstil des Komplizen habe beeindrucken lassen. Eine solche Verführbarkeit sei bei Erwachsenen geringer als bei Jugendlichen, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel. Auch das spreche für die Anwendung des Jugendstrafrechts, wie es eine Sozialarbeiterin der Jugendgerichtshilfe angeregt habe.

"Andererseits: Das ist kein Kavaliersdelikt", so Ziegel. Der Angeklagte habe seine Geschäfte professionell betrieben und innerhalb von Monaten tausende Produkte verkauft - als Heranwachsender. Für den 26-Jährigen, der nicht vorbestraft ist und einen sehr geradlinigen Lebenslauf hat, spreche, dass er den Schaden in einem erheblichen Maß wiedergutgemacht habe.

Gegen weitere Männer laufen die Ermittlungen noch.