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Zoff um Denkmal für deutschen Boxmeister und Nazi-Opfer in Dresden

Vor knapp fünf Jahren hat der Dresdner Stadtrat beschlossen, ein Denkmal für eine Boxer-Legende umzusetzen, damit es mehr Aufmerksamkeit erhält. Das ist bis heute ist dies nicht passiert. Warum darüber gestritten wird.

Von Andreas Weller
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Jens Genschmar (l.) und Holger Zastrow kämpfen um die Versetzung des Boxerdenkmals für Johann Trollmann von Hellerau in den Sportpark Ostra.
Jens Genschmar (l.) und Holger Zastrow kämpfen um die Versetzung des Boxerdenkmals für Johann Trollmann von Hellerau in den Sportpark Ostra. © Sven Ellger

Dresden. Seit 2018 kämpft Jens Genschmar darum, das Denkmal für den Boxer Johann Wilhelm Trollmann vom Festspielhaus Hellerau in den Sportpark Ostra versetzen zu lassen. Damals war Genschmar noch Stadtrat für die FDP, mittlerweile ist er Fraktionschef der Freien Wähler.

Obwohl der Stadtrat im November den Antrag von Genschmar beschlossen hat, steht der Boxring aus eine Konstruktion aus Stahl und Blech, mit Beton überzogen weiterhin in Hellerau. Zum fünfjährigen Jubiläum des Beschlusses, machen nun mehrere Räte Druck, damit das Denkmal endlich in die Nähe des neuen Heinz-Steyer-Stadions kommt.

Wer war die Box-Legende?

Trollmann, der den Spitznamen "Rukeli" trug, wurde 1907 als Sohn einer sinti-deutschen Familie geboren und 1933 Deutsche Meister im Halbschwergewicht. Später wurde er von den Nazis verfolgt, durfte den Titel nicht tragen, in ein Konzentrationslager verbracht und kam 1944 im KZ-Außenlager Wittenberge zu Tode.

Erst im Jahr 2003 übergab der Deutsche Boxverband den Meistergürtel von 1933 der Familie von Trollmann und er wird als Deutscher Meister offiziell geführt. Eine Künstlergruppe schuf den stilisierten Boxring, um an Trollmann und auch generell die Opfer der Verfolgung von Sinti und Roma in der NS-Zeit zu erinnern. Der Ring stand in mehreren deutschen Städten als temporäres Denkmal, bis er 2012 nach Hellerau kam, wo das Werk bis heute steht.

Was wurde 2018 in Dresden beschlossen?

Im November 2018 beschloss der Stadtrat, das Denkmal herzurichten und an einem "würdigen und öffentlichen Ort im Bereich des Sportparks Ostra" dauerhaft aufzustellen. Dafür sollten die Künstlergruppe und der Zentralrat der Sinti und Roma einbezogen werden, um im März 2019 dem Stadtrat einen konkreten Vorschlag zu machen, wo genau das Denkmal hin soll, wie es eingebettet wird, welche Veranstaltungen möglich sind und welche finanziellen Möglichkeiten es für einen Neubau des Kunstwerkes gibt. Denn es bröckelt bereits und ist als temporäres Werk angelegt.

Weshalb steht das Denkmal noch in Dresden-Hellerau?

Bisher hat die Stadt in ihrer "Beschlusskontrolle" wieder erklärt, eine Umsetzung sei "nicht durchführbar", die benötigten 50.000 Euro dafür fehlen. Und in Hellerau gibt es andere Pläne mit dem Werk. Das Denkmal im Andenken an Johann "Rukeli" Trollmann solle in Hellerau bleiben, bedarf jedoch einer Sanierung, so die Intendantin des Europäischen Zentrums der Künste Hellerau Carena Schlewitt.

Außerdem werde die Geschichte des Festspielhauses im Nationalsozialismus und während der Nutzung durch die Streitkräfte der Sowjetunion erforscht. Die Abteilung Kunst und Kultur im Amt für Kultur und Denkmalschutz ergänzt dazu auf Anfrage von Sächsische.de, dass die Forschungsarbeit des Instituts für Sächsische Geschichte und Volkskunde vor dem Abschluss stehe und Ergebnisse Anfang des Jahres 2024 veröffentlicht werden sollen.

"Im Zuge der anschließend an die Fertigstellung des Ostflügels erfolgenden Planung für die Freiflächen wird die Instandsetzung des Kunstwerks angestrebt." Es soll also trotz eines anders lautenden Stadtratsbeschlusses in Hellerau bleiben.

Weshalb hält der Zoff um den Standort in Dresden an?

Das will Genschmar keinesfalls hinnehmen. "Das Denkmal muss mehr ins Stadtbild, neben dem Festspielhaus ist es nahezu unsichtbar und schlecht präsentiert." Es würde viel besser in den Sportpark Ostra passen, und dazu würden mehr Menschen von Trollmann erfahren.

Unterstützung erhält Genschmar nun von Dissidenten.Stadtrat Michael Schmelich und FDP-Fraktionschef Holger Zastrow. "Die Verwaltung weigert sich, einen Stadtratsbeschluss umzusetzen", so Zastrow. Das sei nicht hinzunehmen.