Update Dresden
Merken

Linienbus fährt in Dresdner Bäckerei: "Mensch, was ist denn hier bloß passiert"

Mitten in der Nacht fährt ein Bus der Dresdner Verkehrsbetriebe an der Bautzner Landstraße gegen eine Bäckerei. Der Fahrer wird schwer verletzt, der Bäcker ist geschockt.

Von Mirko Jakubowsky & Kay Haufe & Andreas Weller
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Wand der Bäckerei Richter an der Bautzner Landstraße in Dresden ist zerstört.
Die Wand der Bäckerei Richter an der Bautzner Landstraße in Dresden ist zerstört. © Marion Doering

Dresden. In den frühen Morgenstunden klingelt bei Bäckermeister Stefan Richter das Telefon. Es ist eine seiner Verkäuferinnen, sie habe im Radio von einem Unfall bei seiner Bäckerei in Bühlau gehört. Richter macht sich sofort auf den Weg. Und ist entsetzt vom Ausmaß der Zerstörung.

In der Nacht zum Montag kommt gegen 2.15 Uhr ein Linienbus der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) in Höhe der Kirschauer Straße von der Bautzner Landstraße ab. Das Fahrzeug, eigentlich als Ersatzverkehr für die Straßenbahnlinie 11 in Richtung Ullersdorfer Platz unterwegs, prallt gegen die Hauswand der Feinbäckerei Richter, die daraufhin einstürzt. Die Fahrt des Busses endet dort aber noch nicht, erst an der Mauer eines gegenüberliegenden Grundstücks kommt er zum Stehen. Bei dem Unfall trifft das MAN-Fahrzeug auch einen Betonmast, der auch die Oberleitung der Straßenbahn trägt.

Der Linienbus der DVB wurde bei dem Unfall schwer beschädigt.
Der Linienbus der DVB wurde bei dem Unfall schwer beschädigt. © Roland Halkasch

In der Hauswand des Bäckers klafft jetzt ein großes Loch, zersplittertes Glas und Ziegel verwüsten den Verkaufsraum. Verletzt ist glücklicherweise niemand: Montags ist die Bäckerei geschlossen, daher wurde in der Nacht nicht gebacken.

Busfahrer wird im Krankenhaus versorgt

Nach dem verhängnisvollen Unfall muss die Feuerwehr den 39-jährigen Busfahrer mit hydraulischen Geräten befreien. Die Fahrerkanzel ist stark deformiert, der Fahrer eingeklemmt. Die Rettungskräfte öffnen die Kanzel so weit, dass der Mann aus dem Wrack befreit werden kann. Er wird notärztlich versorgt und anschließend in ein Krankenhaus gebracht. Nach Informationen von Sächsische.de soll er schwer verletzt sein. Die Polizei ermittelt jetzt, warum der Fahrer auf der zu dieser Stunde wenig befahrenen Straße mit dem Bus abkam.

Knapp 40 Rettungskräfte waren bis zum Montagmorgen in Bühlau im Einsatz.
Knapp 40 Rettungskräfte waren bis zum Montagmorgen in Bühlau im Einsatz. © Feuerwehr Dresden

Als der Bus von der Straße abkommt, befinden sich zwei Fahrgäste darin: ein 37-Jähriger und ein 27-Jähriger. Während der Ältere ebenfalls verletzt in eine Klinik transportiert wird, kann der jüngere Mann mit leichten Verletzungen vor Ort ambulant versorgt werden.

Die Bautzner Landstraße wird nach dem Unfall zunächst voll gesperrt. Später kann der Verkehr an der Unfallstelle vorbeigeleitet werden. Von den Verkehrsbehinderungen sind am Montagmorgen Busse der Linien EV 11 und 61 betroffen. Auch Autofahrer brauchen deutlich länger, um auf der B6 stadteinwärts zu fahren. Der Verkehr stockt bis gegen 9 Uhr von Weißig in Richtung Ullersdorfer Platz.

Wie hoch der Schaden für die DVB ausfällt, ist aktuell noch nicht sicher. Ebenso äußern sich die Verkehrsbetriebe nicht zu einer möglichen Unfallursache. "Wir müssen die Ergebnisse der ermittelnden Behörden abwarten."

Allein ein moderner Dieselbus kostet neu 350.000 bis 400.000 Euro, der genaue Zeitwert des Fahrzeugs ist unklar, er liegt schätzungsweise bei 200.000 Euro. Durch das Auftrennen der Fahrerkanzel dürfte ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegen. "Der Fremdschaden wird beglichen", sagt ein Verkehrsbetriebe-Sprecher. Für solche Fälle sei man versichert. Anstelle des beschädigten Masts mit der Oberleitung sollte am Montag ein Interimsmast aufgestellt werden.

Bäckermeister Richter: "Kann nicht sagen, wie es weitergeht"

Wie es in der Bäckerei Richter an der Bautzner Landstraße 139 jetzt weitergeht, ist unklar. Ein Bekannter hat den Kontakt zu einem Statiker vermittelt, der Fachmann sei auch gleich vorbeigekommen, sagt Stefan Richter am Montagvormittag. Fest stehe bis jetzt nur, dass der Verkaufsraum nicht nutzbar ist und abgestützt werden muss. Da aber der Betonmast, an dem die Oberleitung hing, auch ein wenig am Dach geschrammt hat, muss nun geprüft werden, ob weitere Schäden entstanden sind.

In der Bäckerei kann vorerst nicht mehr verkauft werden.
In der Bäckerei kann vorerst nicht mehr verkauft werden. © Marion Doering

"Momentan kann ich noch gar nichts dazu sagen, wie es weitergeht", sagt Richter. Falls die Backstube in Ordnung sein sollte und genutzt werden kann, denkt er darüber nach, seine Backwaren in einem Container auf seinem Grundstück zu verkaufen. Platz dafür wäre da. "Aber der Statiker hat gesagt, er muss mit einer Baufirma vorbeikommen, die sich alles ansehen muss. Erst dann weiß ich mehr."

Während des Gespräches vermessen zwei Mitarbeiter der Polizei die Unfallstellen auf der Straße und den Gehwegen. Auch eine Mitarbeiterin von Stefan Richter ist vorbeigekommen, um sich ein Bild vom Schaden zu machen. Die Auszubildende lernt Bäckerin und ist im zweiten Lehrjahr. Sie hofft, dass das Unglück dem kleinen Familienbetrieb nicht zu sehr zusetzt.

Stefan Richters Großvater hatte die Bäckerei auf der Bautzner Landstraße 139 im Jahr 1931 gekauft. Es gibt sie aber schon seit 1900. Die Eltern des heutigen Bäckermeisters übernahmen 1966 das Geschäft, 2006 stieg er als Inhaber in dritter Generation ein. Erst 2020 hatte er den Verkaufsraum neu gestaltet, 2021 einen neuen Ofen angeschafft. "Nicht mal die Bomben 1945 haben solch einen Schaden angerichtet", sagt er und blickt auf seinen Verkaufsraum. Die Fensterscheibe ist herausgerissen, Ziegel vom Mauerwerk liegen vor dem Verkaufstresen, die abgehängte Decke hängt offen in der Luft. Die Bäckerei wurde erst vor zwei Jahren renoviert.

"Mensch, was ist denn hier bloß passiert", ruft ihm ein älterer Passant zu und kommt zum Ort des Geschehens. Christian Thiele kennt noch den Großvater von Stefan Richter, hat sein Leben lang in Bühlau gewohnt. An so einen tragischen Unglücksfall kann er sich nicht erinnern. "Hoffentlich lässt sich alles schnell wieder herrichten", sagt er und wünscht dem Bäckermeister alles Gute. Richters Team besteht neben ihm aus einem Bäckergesellen, der Auszubildenden und drei Verkäuferinnen.