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Globus-Markt in Dresden: Zieht er zu viel Verkehr an?

Zwischen Hamburger und Bremer Straße soll ein Globus-Einkaufsmarkt entstehen. Die Anwohner befürchten deutlich mehr Verkehr, die Stadt hält dagegen. Professor Reinhard Koettnitz von der TU Dresden erläutert die Knackpunkte.

Von Kay Haufe
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Professor Reinhard Koettnitz erklärt im Interview mit Sächsische.de, welche Verkehrsprobleme vor der Ansiedlung von Globus in Dresden geklärt werden sollten.
Professor Reinhard Koettnitz erklärt im Interview mit Sächsische.de, welche Verkehrsprobleme vor der Ansiedlung von Globus in Dresden geklärt werden sollten. © Bilmontage: Globus PR/Sven Ellger

Dresden. In der Friedrichstadt könnte ein neuer Einkaufsmarkt entstehen. Der Einzelhandelsriese Globus will zwischen Hamburger und Bremer Straße eine rund 8.000 Quadratmeter große Markthalle mit Eigenproduktionen wie Fleischerei, Bäckerei und Restaurant bauen, dazu 800 kostenfreie Parkplätze. Die frühzeitige Beteiligung über einen Bebauungsplan hat bereits stattgefunden, momentan wird an der Offenlage des Planentwurfs gearbeitet.

Diese Pläne sorgen bei Anwohnern wie Gewerbetreibenden für große Sorge. So warnt der Handelsverband Sachsen davor, dass Globus enorme Kaufkraft aus Innenstadt abziehen werde. Die Friedrichstädter befürchten noch mehr Verkehr und damit Lärm- und Abgasbelastung für ihr Viertel. Zwei Petitionen namens "Kein großflächiger Einzelhandel in der Friedrichstadt" und "Dauerstau im Dresdner Westen verhindern" sind jedoch vor kurzem gescheitert.

Die zahlreichen Bedenken insbesondere zur steigenden Verkehrsbelastung, die auch bei der öffentlichen Beteiligung geäußert wurden, spielen für die Stadtverwaltung offenbar keine Rolle mehr bei der Betrachtung der Globus-Ansiedlung. "Im Hinblick auf eine vermutete zu starke Verkehrsbelastung bestehen keine Bedenken. Ein Verkehrsgutachten besagt, dass sowohl die Hamburger Straße als auch die Bremer Straße leistungsfähig sind und den Andienungs- und Kundenverkehr gut aufnehmen können", heißt es aus dem Fachamt.

Sächsische.de spricht mit Reinhard Koettnitz, der die Professur für Gestaltung von Straßenverkehrsanlagen beim Institut für Verkehrsplanung an der TU Dresden innehat, über mögliche Auswirkungen der Globus-Ansiedlung. Die Arbeitsgebiete der Professur umfassen Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Planung und des Entwurfes von Straßen. Dazu zählen auch die Erfassung und Bewertung von Straßen bzw. Straßennetzen. Zuvor hat Koettnitz viele Jahre das städtische Straßen- und Tiefbauamt geleitet.

Herr Koettnitz, die Stadtverwaltung hat keine Bedenken im Hinblick auf eine zu starke Verkehrsbelastung durch die Globus-Ansiedlung. Teilen Sie diese Auffassung?

Die Stadt tut die Bedenken in dieser Frage sehr lax ab, würde ich sagen. Ich sehe zahlreiche Probleme, die der Globausbau mit sich bringen würde.

Welche genau sind das?

Betrachten wir zunächst die Frage, wie der Verkehr auf den Parkplatz herein- und herausgeführt werden soll. Auf der Hamburger Straße gibt es neben Fahrrad- und Autofahrstreifen auch Straßenbahngleise. Wenn Globus-Kunden auf der Hamburger Straße auch nach links in den Parkplatz einbiegen könnten, müsste untersucht werden, ob dort eine Lichtsignalanlage sinnvoll wäre und welche zeitlichen Auswirkungen diese auf den Verkehr auf der Hamburger Straße hat. Auf dieser gibt es aktuell nur eine Autofahrspur pro Richtung. Eine separate Linksabbiegerspur würde sich auch auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auswirken.

Auch die Bremer Straße ist nicht unproblematisch. Es gibt in beide Richtungen eine Fahrspur, rechts und links wird aktuell durchgehend geparkt. Auch dort müsste eine Lichtsignalanlage geprüft werden.

Ob es sinnvoll wäre, zum Beispiel von der Hamburger Straße nur nach rechts auf den Parkplatz einbiegen und auch nur nach rechts wieder hinausfahren zu können, müsste ebenso Gegenstand einer Untersuchung sein, wie die Frage, von welcher Seite das Ein- und Ausfahren auf der Bremer Straße am günstigsten gestaltet werden könnte. An der jetzigen Verkehrssituation müsste auf jeden Fall etwas verändert werden, um den durch Globus entstehenden zusätzlichen Verkehr gut zu gestalten.

Globus setzt auf Kunden, die den Wocheneinkauf mit dem Auto erledigen. Es werden also auch viele aus der Region erwartet, die meist über die Autobahn kommen. Wie sind denn die Zufahrten auf der Flügelwegbrücke dafür geeignet?

Die Verkehrsströme von der und zur Flügelwegbrücke sind interessant. Die Linksabbieger von der Flügelwegbrücke kommen noch relativ gut auf die Hamburger Straße, stauen sich dort aber heute schon im Berufsverkehr vor der Linksabbiegerspur zur Bremer Straße, die überlastet ist. In Richtung Innenstadt auf der Hamburger Straße läuft der Verkehr recht flüssig.

Von der Bremer Straße gibt es zwei Rechtsabbiegerspuren auf die Hamburger Straße. Von der Hamburger kann aber nur auf einer Spur nach rechts auf die Flügelwegbrücke eingebogen werden, weil die Rampe auf die Brückenzufahrt nur für eine Fahrspur ausgelegt ist. Auch dort staut sich der Verkehr vor der Brücke in Zeiten mit hoher Belastung zurück.

In Richtung Norden ist die Route Flügelwegbrücke und Washingtonstraße aber eine sehr leistungsfähige Verkehrsanlage, auf der der Verkehr noch flüssig abfließt.

Wie sieht es für Kunden aus, die aus Richtung Innenstadt zu Globus wollen?

Für diese gibt es mehrere Probleme. Die Knotenpunkte Schweriner Straße/Walterstraße sowie Magdeburger/Walterstraße sind keine leistungsfähigen. Es gibt jeweils nur eine Fahrspur, Rückstaus sind heute schon in Berufsverkehrszeiten zu beobachten. Das betrifft auch die Kreuzung von der Walterstraßenbrücke auf die Hamburger Straße.

Alternativen zur Magdeburger und Schweriner Straße gibt es aber nicht, denn auf die Friedrichstraße, an der sich das Krankenhaus Friedrichstadt befindet und die teilweise noch Kopfsteinpflaster aufweist, sollte man keinen zusätzlichen Verkehr lenken.

Sie hatten Verkehrsuntersuchungen vorgeschlagen, auf deren Basis Konzepte erstellt werden können. Dauert das nicht sehr lange?

Die Verkehrszahlen liegen ja vor. Darauf spezialisierte Büros könnten solche Konzepte sicher in zwei Monaten erstellen.

Was ich aber noch sagen möchte: Auch am alten Leipziger Bahnhof, wo Globus Grundstücke besitzt und eigentlich bauen wollte, hätte es große Verkehrsprobleme mit der Ansiedlung von Globus gegeben. Die Leipziger Straße ist nicht sehr durchlässig, auch die Großenhainer und Hansastraße hätten an den Übergängen zum geplanten Globusmarkt Problemstellen gebildet. So ein innerstädtischer Markt mit den vielen Parkplätzen ist nie ganz einfach zu integrieren. Da ist der Standort an der Hamburger Straße wohl das geringere Problem.