Dresden. Schon seit Monaten warnen Dresdner Einzelhändler und das Citymanagement davor, dass sich der Handelskonzern Globus in der Friedrichstadt ansiedelt. Mit 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche und 800 kostenfreien Parkplätzen würde zwischen Hamburger und Bremer Straße eine Stadt vor der Innenstadt entstehen, die die City ernsthaft gefährden würde, so die Befürchtungen.
Gegen die geplante Ansiedlung machen jetzt der Handelsverband Sachsen, Dresdner Einzelhändler und das Citymanagement mobil. Erwogen wird, zu klagen. Dafür habe man gute Argumente, erklärte am Donnerstag der Geschäftsführer des Handelsverbandes David Tobias.
Anwalt: Verstoß gegen Bauplanungsrecht
Hilfe hat sich der Handelsverband von Rechtsanwalt Thomas Dünchheim geholt, einem Fachmann im öffentlichen Bau- und Planungsrecht. Dieser habe elf Verstöße ausgemacht, sagt er. "Der beabsichtigte, vorhabenbezogene Bebauungsplan zur Realisierung des Globus-Marktes in Friedrichstadt verstößt elementar gegen Bauplanungsrecht. Er stellt eine bloße, von privatem Interesse gesteuerte, unzulässige Gefälligkeitsplanung dar, um aus Sicht der Stadt Dresden eine Kompromisslösung für den Alten Bahnhof in Dresden zu erreichen", so der Rechtswissenschaftler. Bauplanungsrechtlich könne man beide Dinge nicht miteinander verquicken.
Außerdem verstoße die Ansiedlung gegen die Ziele des Landesentwicklungsplans Sachsen, insbesondere gegen das Integrationsgebot und das Beeinträchtigungsverbot. "Es ist nicht einmal im Ansatz erkennbar, wie dieses bisherige Gewerbegebiet künftig als 'zentraler Versorgungsbereich' fehlerfrei ausgewiesen werden soll", so Dünchheim. Denn dort wohnen keine Menschen.
Zudem sei fragwürdig, weshalb der Freistaat Sachsen, dem eine Fläche des geplanten Globus-Areals gehört, diese für ein Vorhaben zur Verfügung stellt, was gegen seine eigenen Ziele in der Raumordnung verstößt, so David Tobias. "Grundstücke der öffentlichen Hand dürfen nur veräußert werden, wenn sie zur Aufgabenerfüllung nicht mehr geeignet sind." Es sei aber nicht bekannt, ob der Freistaat dort andere Bedarfe hat.
"Die bisher vorgesehene Planung öffnet für
Angreifer und Wettbewerber prozessual Tür und Tor, sodass die Stadt jahrelang
in gerichtliche Streitigkeiten verwickelt sein wird", gibt Rechtsanwalt Dünchheim zu bedenken.
"Globus-Dimension gefährdet alle Einzelhandelsstandorte"
Der Dresdner Konsum-Chef Roger Ulke erklärt, dass der neue Globus-Standort annähernd so viel Umsatz machen wird wie der Konsum mit allen Dresdner Märkten zusammen. Dieser liegt bei rund 70 Millionen Euro. Auch flächenmäßig würden 14 Konsum-Märkte in Globus passen. Ulke wundert sich, wie schnell die Planungen für Globus bei der Stadt vorangehen. "Die geplante Eröffnung unseres neuen und rund 400 Quadratmeter großen Marktes auf der Blasewitzer Straße hat sich durch einen seitens der Stadt erwirkten Baustopp über Monate verzögert."
Niemand hätte Angst vor Konkurrenz und Wettbewerb, sagt Edeka-Einzelhändler John Scheller, der unter anderem einen Markt an der Hamburger Straße betreibt. Aber die Dimension und der Standort dieses Konsumtempels seien riesig, außerdem werde innenstadtrelevantes Sortimente angeboten.
Laut David Tobias hat Globus auf der eigenen Fläche ein Drittel Nicht-Lebensmittel-Produkte, dazu kommen weitere Geschäfte im Warenhaus, sodass der Anteil an innenstadtrelevanten Produkten bei 50 Prozent liegt.
Kampf um Arbeitskräfte dürfte sich verschärfen
Und das in einer Zeit, in der die Konsumausgaben ohnehin sinken. Laut John Scheller sei bereits Kaufzurückhaltung bei den Kunden spürbar, der Konsumklimaindex sei allein im
Oktober um 46 Punkte zurückgegangen. "Der Rückzug des Lidl am Postplatz sowie die Schließung
der Bio Company sind hier nur die ersten Vorboten", schätzt Scheller ein. Es sei zumindest fraglich, ob das Globus-Konzept aus den 90er-Jahren überhaupt noch zeitgemäß sei.
Mindestens 350 Mitarbeiter wird Globus im neuen Markt nach eigenen Angaben benötigen. Das verschärfe den Konkurrenzkampf um gutes Personal weiter, so die Kritiker. Der Konsum beschäftigt in seinen Wohngebietsstandorten rund 800 Mitarbeiter. "Es ist klar, dass diese Ansiedlung unsere ohnehin angespannte Personalsituation weiter zuspitzen wird und die Nahversorgungssituation konkret bedroht", sagt Konsum-Vorstand Sören Goldemann.
Verkehrsprobleme für die Friedrichstadt befürchtet
Einer, der sowohl in der Friedrichstadt wohnt als dort auch zwei Rewe-Märkte betreibt, ist Stefan Lamke. Auch er gehört zu den Globus-Kritikern. "Die Friedrichstadt ist der lauteste Stadtteil in Dresden und jetzt sollen noch zusätzlich Tausende Fahrzeuge durch die Ansiedlung dazukommen. Unser Viertel braucht diesen Markt zur Nahversorgung nicht."
Lamke sei es mit dem eigenen Markt wichtig gewesen, sich aktiv in den Stadtteil zu integrieren. "Wir sehen uns nicht nur als Einzelhändler, wollen nicht anonym bleiben, sondern bringen uns mit unserem Team aktiv in das Leben in der Friedrichstadt ein." Nicht nachvollziehbar sei für ihn, weshalb die Stadträte genau diesen Markt am Alten Leipziger Bahnhof - auch wegen der Verkehrsbelastung - abgelehnt haben, er in der Friedrichstadt aber nun gewollt sei. "Ist die Friedrichstadt weniger Wert als die Neustadt?"
Globus wollte zunächst am Alten Leipziger Bahnhof bauen, doch dort soll nach dem Willen der Mehrheit des Stadtrates ein Quartier mit Wohnungen und Flächen für Kreative entstehen. Die Stadt hat lange nach einem Alternativgrundstück gesucht und das Areal in der Friedrichstadt gefunden, das aber Gewerbegebiet ist. Im September hat der Bauausschuss der Aufstellung eines Bebauungsplanes zugestimmt und damit den Startschuss für vertiefte Planungen gegeben.