Dresden. Der Neubau der Bahnstrecke Dresden-Prag ist in den vergangenen Wochen einen großen Schritt vorangekommen. Inzwischen steht fest, wie die Route einmal verlaufen soll - durch einen etwa 30 Kilometer langen Tunnel zwischen Heidenau und Ústí nad Labem. Doch auch auf Dresden kommen erhebliche Veränderungen zu: Der Güterbahnhof Friedrichstadt soll zu einem Grenzbahnhof umgebaut werden, der Hauptbahnhof erhält zusätzliche Gleise und die Strecke bis zur Stadtgrenze soll breiter werden. Was geplant ist, was das für Streckenanlieger bedeutet und wie sich die Reisezeit nach Prag verkürzen soll - das sind die wichtigsten Fragen und Antworten.
Die Baumaßnahmen
Güterbahnhof Friedrichstadt: Dresdens zentraler Güterbahnhof, der Bahnhof Friedrichstadt, soll zu einem Grenzbahnhof umgebaut werden. Hier wird die letzte Möglichkeit vor der deutsch-tschechischen Grenze bestehen, um vor allem Güterzüge zusammen- und umzustellen sowie Güter zu verladen. Bislang übernimmt der Bahnhof in Bad Schandau diese Funktion. Dieser wird allerdings nicht an der neuen Bahnstrecke liegen, da diese bereits kurz hinter Heidenau in den neuen Tunnel münden wird. Züge verlassen ihn erst wieder auf der tschechischen Seite.
Da der Friedrichstädter Bahnhof die Funktion als Grenzbahnhof übernehmen wird, sind dort zusätzliche Kapazitäten für Zughalte nötig. Daher sollen zehn Betriebsgleise mit einer Länge von jeweils 740 Metern zusätzlich geschaffen werden. Dafür müssen andere Gleise weichen, die derzeit unter anderem von Serviceeinrichtungen für abgestellte Züge genutzt werden. Auch die aktuell vorhandene Verkehrsstation muss um wenige Meter innerhalb des Bahnhofs verschoben werden. Auf der Neubaustrecke soll der Güterverkehr um etwa 30 Prozent wachsen, so die Bahn.
Hauptbahnhof: Zwischen dem Dresdner Hauptbahnhof und Höhe Strehlener Platz sollen zwei neue Gleise entstehen. Diese werden auf der Südseite des vorhandenen Gleiskörpers angeordnet, beginnend hinterm Hauptbahnhof, Strehlener Straße. Wofür? Einerseits sollen damit auf den restlichen Gleisen mehr Züge fahren können. Andererseits ermöglicht es den Güterzügen, mit einer höheren Geschwindigkeit in Richtung Heidenau zu fahren. Statt bisher 60 km/h sollen in Zukunft 80 km/h möglich sein.
Reick, Niedersedlitz und Großzschachwitz: Für einen flüssigeren Bahnverkehr und zusätzliche Züge plant die Bahn, zwischen Strehlen und Reick ein zusätzliches Überholgleis auf der Südseite des Bahnkörpers zu bauen. In Niedersedlitz sind vier neue Gleise geplant. Darüber hinaus soll der Haltepunkt Zschachwitz umgebaut werden. Vorgesehen sind die Verschiebung der Gleise und eine Verbreiterung der Gleisabstände. In diesem Zuge wird auch die Brücke über die Sporbitzer Straße komplett neu errichtet.
Die erforderlichen Grundstücke
Die Bahn wird neue Oberleitungen spannen, Gleise und Weichen bauen und Lärmschutzwände errichten. Dafür sind zusätzliche Flächen notwendig. Das heißt, die Bahn benötigt angrenzende Immobilien. Rund 60 Prozent dieser Grundstücke liegen auf dem Streckenabschnitt unmittelbar vor der Tunneleinfahrt in Heidenau, der Rest zwischen Heidenau und Dresden. Etwa 80 Grundstücke seien stärker betroffen, erklärt eine Bahnsprecherin. "Das bedeutet, dass hier unter Umständen auch bestehende Gebäude weichen müssen."
Um möglichst bestandsschonend bauen zu können, will die Deutsche Bahn ihre Planungen für den Streckenabschnitt weiter optimieren. "Hierfür sind auch die jetzt eingehenden Hinweise und Anmerkungen der Bürgerinnen und Bürger notwendig."
Die Bahn sei bereits im November auf alle Bürgerinnen und Bürger zugegangen, deren Eigentum stärker
von dem Ausbau der Strecke betroffen sein könnte. Ziel sei es, eine einvernehmliche vertragliche Regelung zu finden. Dafür biete die Deutsche Bahn entsprechende privatrechtliche Verträge an. Dabei geht es um den Erwerb von Flächen zu Eigentum, die Sicherung von Nutzungsrechten im Grundbuch und die vorübergehende Inanspruchnahme während der Bauzeit. "Erworben werden Flächen, die für das Infrastrukturprojekt notwendig sind – zum Beispiel für Gleisanlagen. Wenn kein Eigentum für die Deutsche Bahn erforderlich ist, werden im Grundbuch nur die Nutzungsrechte eingetragen und mit Dienstbarkeiten bestimmte Rechte geregelt. Die Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken ändern sich hierbei nicht."
Der Flächenerwerb soll ab der zweiten Jahreshälfte 2025 beginnen. Basis für den Kauf bilde ein Wertgutachten von einem unabhängigen Gutachter. "Die Erfahrung aus bisherigen Projekten der Deutschen Bahn zeigt, dass in fast allen Grundstücksfragen eine einvernehmliche Regelung getroffen werden konnte", so die Sprecherin weiter.
Das heißt im Umkehrschluss, dass gesetzlich geregelte Enteignungsverfahren möglich wären, sollte es zu keinen Einigungen kommen.
Der Zeitplan
Am 22. Januar wird zunächst ein Bürgerdialog in Dresden stattfinden. Dabei stellen die Projektmitarbeiter die Details zur Vorplanung vor. Mitte 2024 soll die Vorzugsvariante endgültig feststehen. Die Bahn reicht die Unterlagen anschließend zur parlamentarischen Befassung im Bundestag ein. Die Parlamentarier entscheiden voraussichtlich noch bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode 2025 über Umsetzung und Finanzierung des Projekts. Daran schließen sich Entwurfsplanung, Planfeststellungverfahren und Baugenehmigung an. Der Bau selbst soll dann zehn bis zwölf Jahre dauern. Somit wäre die Neubaustrecke kaum vor 2040 fertig.
Das Ziel
Die Bahn will zum einen die Reisezeit in die tschechische Hauptstadt verkürzen. Statt bisher 2 Stunden und 25 Minuten soll die Fahrt von Dresden nach Prag in Zukunft nur noch eine Stunde dauern. Damit wären Fahrgäste auch schneller in Budapest und Wien.
Zum anderen sollen auf der Strecke zukünftig mehr Züge fahren können. So ist ein Stundentakt des Eurocitys vorgesehen. Bisher fährt dieser alle zwei Stunden. Auch neue Zuglinien im Fernverkehr sollen dann im Rahmen des Deutschlandtakts möglich sein.
Weitere Informationen unter www.dresden-praha.eu/de