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Warum gibt es in Dresden kaum Zebrastreifen?

Viele Dresdner wünschen es sich schon lange, der Stadtrat hat es beschlossen. Trotzdem gibt es kaum neue Zebrastreifen in Dresden. Warum?

Von Moritz Schloms
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Carsten Irmler, der im Stadtteilverein Gruna aktiv ist und Julia Eichler, die im Elternrat der 96.Grundschule sitzt, setzen sich für einen Zebrastreifen an der Rosenbergstraße ein.
Carsten Irmler, der im Stadtteilverein Gruna aktiv ist und Julia Eichler, die im Elternrat der 96.Grundschule sitzt, setzen sich für einen Zebrastreifen an der Rosenbergstraße ein. © Christian Juppe

Dresden. Eine grüne Ecke von Dresden, direkt am Rothermundpark in Gruna: In der Nähe sind die 96. Grundschule, ein Spielplatz, eine Kita, ein Altersheim. Im Park können Kinder spielen. Viele müssen die Rosenbergstraße überqueren, um aus der anliegenden Wohnsiedlung zur Schule zu kommen.

Deshalb hat die Mutter eines Schülers der 96. Grundschule auch eine Petition aufgesetzt. Ziel: Ein Zebrastreifen, damit die Kinder sicherer über die Straße kommen. Mehr als 400 Menschen haben unterschrieben. Unterstützt wird die Petition auch vom "In Gruna leben e.V.". Mitglied Carsten Irmler sagt: "Seit 15 Jahren wünsche ich mir hier einen Zebrastreifen. Wir haben sogar schon die Autos gezählt, die hier fahren." Er fragt sich: "Muss erst etwas Schlimmes passieren, damit jemand was unternimmt?"

Warum braucht es überhaupt Zebrastreifen?

"Mit Zebrastreifen kann der Fußverkehr deutlich sicherer werden", sagt Stefan Engel, der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Stadtrat. Es könne nicht das Ziel sein, an jeder dieser Stellen eine Ampel zu bauen. Das sei verkehrstechnisch unnötig und ziemlich teuer.

Auch der Schulleiter der 96. Grundschule wünscht sich neue Zebrastreifen. Damit könne sichergestellt werden, dass die Kinder aus der Schule gefahrlos über die Straße kommen könnten.

Der Spielplatz im Rothermundpark. Direkt am Park wünschen sich Anwohner einen Zebrastreifen, damit Kinder die Straße sicher überqueren können.
Der Spielplatz im Rothermundpark. Direkt am Park wünschen sich Anwohner einen Zebrastreifen, damit Kinder die Straße sicher überqueren können. © Christian Juppe

Das Land Sachsen teilte 2021 mit, man wolle die Verkehrssicherheit für Fußgänger weiter erhöhen. Ein geeignetes Mittel dafür: Zebrastreifen. Die Belange der Fußgänger müssten von den Planern in den Städten und Gemeinden von Beginn an mitgedacht werden.

Wie viele Zebrastreifen gibt es in Dresden?

In Dresden gibt es 26 Zebrastreifen im Verlauf von Straßen. Außerdem acht mit Fußgängerüberwegen ausgerüstete Kreisverkehre. Das teilt das Straßen- und Tiefbauamt Dresden auf Anfrage mit. Weitere seien geplant. So sollen 2023 drei neue Zebrastreifen entstehen. Unter anderem einer auf der Erich-Kästner-Straße in Höhe der Heinrich-Mann-Straße, ein weiterer auf der Lößnitzstraße in Höhe Martha-Fraenkel-Straße. Der letzte soll auf der Buchenstraße im Bereich Kiefernstraße entstehen. Diese Planungen seien aber abhängig von finanziellen und personellen Kapazitäten, so das Amt.

Dass es in Dresden so wenige Zebrastreifen gibt, ist für eine Stadt dieser Größe ungewöhnlich. In Leipzig gibt 104 Fußgängerüberwege. Seit 2018 wurden elf Standorte neu errichtet, teilte das Leipziger Straßen- und Tiefbauamt mit.

Schon 2018 schlagen die SZ-Leser fast 60 neue Fußgängerüberwege vor. Die Stadtverwaltung wollte sich die Vorschläge anschauen. Einer der Vorschläge: Ein Zebrastreifen am Altmarkt.
Schon 2018 schlagen die SZ-Leser fast 60 neue Fußgängerüberwege vor. Die Stadtverwaltung wollte sich die Vorschläge anschauen. Einer der Vorschläge: Ein Zebrastreifen am Altmarkt. ©  Rene Meinig

Auch in Dresden sollen es mehr werden. Das forderte der Stadtrat schon 2018. Damals wurde ein Stadtratsbeschluss mit den Stimmen von Linken, Grünen und SPD gefasst, der vorsah bis Ende 2018 mindestens 20 neue Zebrastreifen einzurichten. 2021 hakte der Stadtrat bei der Stadt nach, was daraus wurde. Antwort: Elf Zebrastreifen wurden realisiert.

Welche Regeln gelten für das Bauen von Zebrastreifen?

2021 hat Sachsen seine Regeln angepasst. Damit ist es theoretisch leichter, einen Zebrastreifen zu errichten. Insbesondere in Tempo 30-Zonen, beispielsweise vor Schulen, Kitas oder im Bereich von Haltestellen des ÖPNV, könnten Fußgängerüberwege angelegt werden.

Voraussetzung sei, dass dort bereits eine regelmäßige Überquerungen stattfinde und ein Sicherungsbedarf bestehe. "Wir wollen damit die Interessen der Fußgänger stärken. Mit sicheren Schulwegen wächst auch bei Eltern und Kindern das Vertrauen, den Weg zur Schule zu Fuß bewältigen zu können", so Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) 2021.

Vor der neuen Regelung konnten in Sachsen Zebrastreifen nur angelegt werden, wenn es aus Sicherheitsgründen erforderlich war, dem Fußgänger Vorrang zu geben. Dies war allerdings nur dann der Fall, wenn es ein hohes Aufkommen an Fahrzeugen und Fußgängern an der entsprechenden Stelle gab.

Ein Exot: Der Zebrastreifen auf der Müller-Berset-Straße.
Ein Exot: Der Zebrastreifen auf der Müller-Berset-Straße. © Sven Ellger

Das Straßen- und Tiefbauamt will von einer Erleichterung aber nichts wissen. Die Komplexität der Prüfprozesse habe sich durch die Einführung der neuen Regelung nicht geändert. Ob es aufgrund der neuen Regeln bald viele neue Zebrastreifen gibt? "Da sich der Prüfumfang nicht geändert hat und die personellen und finanziellen Ressourcen im Straßen- und Tiefbauamt voraussichtlich nicht 'sprunghaft steigen werden', ist das nicht zu erwarten", teilt das Amt mit.

Warum braucht Dresden so lange für neue Zebrastreifen?

Konfrontiert mit der Kritik teilt das Straßen- und Tiefbauamt mit, es handele sich eben um "komplexe Prüfprozesse". Dass die vom Stadtrat geforderten 20 Zebrastreifen nicht im Ansatz erreicht worden sind, liege daran, dass das Amt nur rechtskonforme Zebrastreifen einrichten dürfe.

Die Vorschläge des Stadtrates? Teilweise unbrauchbar. "Für einige Vorschläge stellte sich nach einer fachlichen Prüfung heraus, dass unter Verkehrssicherheitsaspekten kein begründbares Regelungserfordernis besteht."

Der Zebrastreifen in Gruna, den sich die Anwohner schon so lange wünschen? Der Fußgängerüberweg solle eingerichtet werden, aber die "straßenbaulich-technische Detailprüfung" laufe noch. Konkretes Problem sei eine Hecke, die Autofahrern die Sicht auf den Zebrastreifen nehme. Ob man die Hecke einkürzen kann? "Wie dies gelöst wird, prüft das Fachamt."

Wer ist schuld daran, dass es kaum neue Zebrastreifen gibt?

Viele zeigen bei dieser Frage in Richtung des Straßen- und Tiefbauamtes Dresden. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion hält fest: "Wir haben kein Beschluss-, sondern ein Umsetzungsproblem." Seine Kritik geht weiter: Gut geeignete Standorte würden verschleppt, Spielräume nicht ausreichend genutzt.

Im Jahr 2018 habe er im Stadtbezirksbeirat Pieschen Vorschläge gemacht. Man könne Zebrastreifen auf der Rehefelder Straße am DRK-Pflegeheim oder auch am Schulcampus an der Erfurter Straße einrichten. Die Verwaltung habe die Machbarkeit und den Bedarf bestätigt, passiert sei aber nichts.

Der Leiter der 96. Grundschule ist ernüchtert. Er unterstütze den Vorschlag nach einem neuen Zebrastreifen in der Nähe seiner Schule. Aber: "Mir fehlt der Glaube, dass die Stadt Dresden das realisieren wird."