Dresden/Sandhausen. "Es ist ein typischer Hartmann", sagt Marco Hartmann und grinst. Gemeint ist die Szene beim 1:0, als er im Strafraum alleine steht, der Ball irgendwie zu ihm kommt und er nur noch einschieben muss. Es hätte der Treffer sein können, der die Hoffnung zurückbringt beim Tabellenletzten. Doch nach dem Schlusspfiff gibt es keine Hoffnung mehr bei drei Punkten und 14 Toren Rückstand auf den Drittletzten Karlsruhe.
Es ist auch die Zeit, mit der Aufarbeitung zu beginnen. Der 32-Jährige macht das wie immer ehrlich und schonungslos. Die Fragen nach dem 1:0-Sieg in Sandhausen stellte Dynamo-Pressesprecher Henry Buschmann, da es den Print-Journalisten nach dem Hygeniekonzept der DFL nicht erlaubt ist, nach dem Spiel mit Spielern und Trainern zu sprechen.
Marco Hartmann, für Dich ist es der zweite Abstieg nach 2014. Was geht Dir unmittelbar nach dem Spiel durch den Kopf?
Es war erst einmal gut, dass wir Stolz und Ehre auf den Platz gebracht haben. Das hat mir gefallen. Aber freuen kann ich mich darüber, wenn ich ehrlich bin, gar nicht. Das Resultat ist das, was man schon ein halbes Jahr irgendwie im Kopf drin hat, mal mehr, mal weniger. Es war ein verdienter Abstieg, da müssen wir uns nichts vormachen. Es ist in den vergangenen Tagen viel gesprochen worden über die Umstände, die nicht einfach waren. Und sie waren auch genau so. Und trotzdem muss man ganz, ganz doll aufpassen, dass man intern nichts beschönigt. Es sind sehr, sehr viele Dinge schief gelaufen.
Welche Dinge sind das?
Erstens: Wir haben es in den letzten zweieinhalb Jahren nicht geschafft, wirklich eine Mannschaft zu sein. Damit meine ich vor allem das, was auf dem Spielfeld passiert. Dort muss man bedingungslos füreinander da sein. Da gab es immer wieder Probleme, da haben sich Leute rausgenommen, Dinge umzusetzen, die gefordert waren. Das wurde intern angesprochen und trotzdem haben wir es nicht geklärt gekriegt. Und das hat zu dem geführt, wo wir jetzt sind. Zweitens haben wir es nicht geschafft, eine eigene Idee vom Fußball zu entwickeln, das war mal Hau-Ruck, mal Tiki-Taka - und im Endeffekt war alles erfolglos, weil nicht alle daran geglaubt haben.
Haben diese vielen Wechsel bei den Trainern und die vielen Ideen dazu geführt, dass Ihr als Mannschaft wenig Sicherheit bekommen habt?
Man hat in den vergangenen zweieinhalb Jahren viele Strukturen und Hierarchien durcheinander geworfen. Wenn man Sandhausen sieht: Die spielen ihren Stiefel runter, das hat nichts mit Risiko zu tun, das sieht nicht toll aus, aber da machen alle die ganze Zeit das gleiche und so werden sie auf Dauer auch erfolgreich. Da sind wir nicht hingekommen, wir sind von einem Ding zum anderen geschwommen. Und da muss sich auch jeder Beteiligte hinterfragen.
Dein Vertrag läuft nächste Woche aus. Wärst Du bereit, Dich weiter als Spieler oder in einer anderen Funktion bei Dynamo einzubringen?
Für mich ist Dresden was besonderes. Ich kann mir das grundsätzlich vorstellen. Da muss man sich in Ruhe unterhalten, welche Wertschätzung man mir entgegenbringt. Ich bin auf jeden Fall bereit vornweg zu gehen. Ich packe immer wieder mit an. (Kämpft mit den Tränen) Wenn es mir möglich ist, dann marschier ich vornweg.