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So lustig war der "Tatort" aus Stuttgart

Der schwäbische „Tatort“, der letzte vor der Sommerpause, geizt nicht mit Humor, und Kommissar Lannert hat plötzlich alle lieb.

Von Rainer Kasselt
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Völlig zugedröhnt ist Lannert (Richy Müller) in zutraulicher Stimmung. Da kann Bootz (Felix Klare) trotz des Zeitdrucks gar nicht anders, als sich um ihn zu kümmern.
Völlig zugedröhnt ist Lannert (Richy Müller) in zutraulicher Stimmung. Da kann Bootz (Felix Klare) trotz des Zeitdrucks gar nicht anders, als sich um ihn zu kümmern. © ARD

Der Ausflug in die Nachtbar „Der schwarze Mann“ bekommt Kommissar Thorsten Lannert nicht gut. Ihm wird schwarz vor Augen, er sackt weg und hat einen Filmriss. So findet ihn sein anhänglicher Kollege Sebastian Bootz. Irgendwer hat den „Tatort“-Ermittler unter Drogen gesetzt. Schlecht für Lannert, gut für den Darsteller Richy Müller. Er kann endlich einmal sein komödiantisches Talent voll ausleben: wirr sein Stammeln, irr der Blick, euphorisch das Gemüt. Im rauschhaften Hochgefühl strahlt er Bootz an: „Sebastian, ich liebe dich.“ Der ahnt, in ihrem 30. Fall wird er weitgehend auf sich allein gestellt sein. Eine günstige Gelegenheit für den oft wenig geforderten Schauspieler Felix Klare, zu zeigen, was er drauf hat.

Mit dem Stuttgarter Film „Die Nacht der Kommissare“ verabschiedet sich die beliebte ARD-Reihe bis Ende August in die Sommerpause. Die Krimikomödie mit starkem Hang zur Persiflage besticht mit skurrilen Szenen und witzigen Dialogen. Dramaturgische Schwächen sind nicht zu übersehen. Im wilden Durcheinander einzelner Stränge verliert man leicht die Übersicht. An schrägen Einfällen mangelt es nicht. Ein Kopf ohne Körper wird aus dem Neckar gefischt. Eine vermeintliche Million Falschgeld entpuppt sich als echt. Ein fleißiges schwäbelndes Bauernpaar züchtet seit Jahren Tiger statt Schweine, was nicht ohne bissige Folgen bleibt. Die taffe Bäuerin (großartig: Therese Hämer), die ein besseres Leben ersehnt, kämpft mit Gewehr im Westernstil entschlossen für ihr Glück. Ärgerlich für sie, dass Mann und Sohn zunächst nicht mitziehen. Der eine ist „zu gut für diese Welt“, der andere „zu blöd“.

Die aberwitzige Komödie bleibt unterhaltsam und spannend bis zum schwarz-bunten Ende. Der lustlose Rechtsmediziner Vogt (kribbelig: Jürgen Hartmann) ersetzt den Ausfall von Lannert und wird wider Willen zum dritten Kriminalisten im Bunde. Sein Vorschlag, die Sache mit dem Kopf nicht weiter zu verfolgen, ein „unaufgeklärter Mord kommt in den besten Familien vor“, geht Kommissar Bootz gegen die Ehre. Die Suche nach dem Mörder führt ihn dank eines hellen Moments von Lannert ins noble China-Restaurant „Zum goldenen Tiger“. Die Speisekarte empfiehlt ein sehr spezielles Gericht. „Dem Tiger hat es geschmeckt“, heißt es lapidar. Das Ermittler-Duo nimmt zum Schluss dem Kritiker die Arbeit ab: „Ich fand es eigentlich ganz lustig“, so Lannert. „Das machen wir jetzt aber nicht immer so“, meint Bootz.