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Der neue "Indiana Jones" ist ein alter Hut

Ein letztes Mal schwingt Harrison Ford als Indiana Jones die Peitsche. Überzeugt das fünfte Kino-Abenteuer oder wird es Zeit für den Ruhestand?

Von Connor Endt
 4 Min.
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Ein letztes Mal Fedora und Peitsche: Indiana Jones (Harrison Ford) hat sich den Ruhestand verdient.
Ein letztes Mal Fedora und Peitsche: Indiana Jones (Harrison Ford) hat sich den Ruhestand verdient. © Jonathan Olley/Disney/dpa

Indiana Jones quält sich aus seinem Sessel und schleppt sich in die Küche. Zum Frühstück gibt's Kaffee mit einem Schuss Hochprozentigem. Dann poltert der pensionierte Grabräuber hinunter zu den jungen Nachbarn, die ihn seit Stunden mit David Bowie und den Beatles quälen.

Es ist die zweite große Szene von "Indiana Jones und das Rad des Schicksals". Zum fünften und vermutlich letztem Mal verkörpert Harrison Ford den bekanntesten Archäologen der Filmgeschichte.

Zu Beginn des Films kloppt sich noch eine dank Computereffekten verjüngte Version von Ford gegen Ende des Zweiten Weltkriegs mit Nazis um Artefakte. Der Rest des Films ist aber 1969 angesiedelt: Deutschland hat den Krieg verloren, die Amerikaner fliegen zum Mond. Indiana Jones hat seine besten Jahre hinter sich, hält langwierige Monologe an seiner Universität. Während er über alte Vasen und Schlachten doziert, rollen die Studierenden mit den Augen. Professor Jones wirkt in diesen Szenen selbst wie ein Relikt aus einer anderen Zeit.

Ein Katz-und-Maus-Spiel wie in den Vorgängern

Die ersten drei Indiana Jones-Filme kamen in den 1980er Jahren in die Kinos, verzauberten damals ein Millionenpublikum. 2008 wurde mit "Königreich des Kristallschädels" bereits ein kläglicher Versuch unternommen, Indiana Jones wieder zu entstauben. Fachpresse und Publikum waren sich damals einig: Der vierte Film war mit Abstand der schlechteste Teil der Reihe.

"Indiana Jones und das Rad des Schicksals" ist jetzt der zweite Versuch, dem bekanntesten Archäologen der Welt ein würdiges Ende zu bereiten. Erstmals führt nicht Steven Spielberg Regie, der die Figur zusammen mit George Lucas erfunden hat. Federführend war stattdessen James Mangold, der zuvor unter anderem bei "Logan" oder dem Johnny Cash-Biopic "Walk The Line" Regie geführt hat.

Mangold bedient sich kräftig bei den Vorgängern aus den Achtzigern: Die Filmmusik stammt wieder von John Williams, der bereits die anderen "Indy"-Filme vertont hat. "Das Rad des Schicksals" hat alte Tempel, wilde Tiere, Verfolgungsjagden, Kämpfe mit Faust und Feuerwaffen.

Auch die Handlung könnte so direkt aus einem der Vorgänger stammen. Zusammen mit seiner Patentocher Helena (Phoebe Waller-Bridge) muss Jones den Forscher und Alt-Nazi Jürgen Voller (Mads Mikkelsen) aufhalten. Der will mit einem mächtigen Artefakt in die Vergangenheit reisen, Hitler absetzen und selbst Herrscher im Dritten Reich werden. Wie bereits in den Vorgängern entfaltet sich in den kommenden zweieinhalb Stunden das immerwährende Katz-und-Maus-Spiel: Indiana Jones löst Rätsel, gelingt in Besitz eines Artefakt-Bruchstücks. Die Schurken tauchen wie aus dem Nichts auf, nehmen das Artefakt an sich, es kommt zur Verfolgungsjagd.

Nostalgie und Erleichterung: Es ist vorbei

Die Magie der Vorgänger-Trilogie will sich aber trotz dieser fast demütigen Hommage nicht entfalten. Die Action-Szenen wirken behäbig und erwecken den Eindruck, dass sie auf einen alternden Harrison Ford abgestimmt wurden. Beinahe jede Action-Szene besteht aus einer Verfolgungsjagd in einem Gefährt. Wenn Indiana Jones doch mal selbst aktiv werden muss, gehen seine Kontrahenten nach einem Faustschlag zu Boden. Einerseits empfindet man beim Zuschauen Respekt, dass der 80-jährige Ford noch einmal bei diesem Zirkus mitgemacht hat. Andererseits fragt man sich, warum nicht einer der Nebencharaktere mehr in den Fokus der Handlung rücken durfte.

Und das ist ein weiteres Problem von "Rad des Schicksals". Die Figuren bekommen keinen Raum, um sich zu entwickeln. Indys Patentochter Helena etwa will das begehrte "Rad des Schicksals" erst verhökern, entscheidet sich dann aber doch dazu, die Welt zu retten. Woher der Sinneswandel kommt? Man kann es nicht genau sagen. Selbst ein begnadeter Schauspieler wie Mads Mikkelsen verkommt hier zum Bilderbuch-Antagonisten ohne Hintergrundgeschichte, moralische Abgründe oder andere spannende Charaktereigenschaften. Indiana Jones indes wirkt vor allem eins: müde.

Nach rund 142 Minuten fallen die Vorhänge für Indiana Jones. Zwei Gefühle bleiben: Nostalgie und Erleichterung. Nostalgie wegen der Erinnerungen an die ersten drei Filme. Und Erleichterung, weil "Indy" jetzt endlich einfach nur ein emeritierter Archäologie-Professor sein darf.

Harrison Ford betonte vor der Erstaufführung in Cannes in Interviews, dass "Indiana Jones und das Rad des Schicksals" sein letzter Auftritt als Fedoraträger ist. Und das ist auch gut so.

"Indiana Jones und das Rad des Schicksals" startet am 29. Juni in Dresden (UFA-Kristallpalast, Cinemaxx, UCI Elbepark). Auch im Filmpalast Bautzen, Görlitz, Meißen, Pirna und Zittau, dem Cinema Döbeln, dem Kinopolis in Freiberg, dem Cinemotion in Hoyerswerda und dem Filmpalast Capitol in Riesa ist der Film zu sehen.