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So war der "Tatort" aus dem Schwarzwald

Ein hilfsbereiter Kinderschänder: Der neue Fall der Kommissare Tobler und Berg bringt ambivalente Charaktere und ein leises Ende mit Schrecken.

Von Andy Dallmann
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Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) wollen den alten Fall endlich aufklären und gehen im Schwarzwald auf Spurensuche.
Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) wollen den alten Fall endlich aufklären und gehen im Schwarzwald auf Spurensuche. © SWR

Obwohl diese beiden Akteure abseits der „Tatort“-Reihe häufiger als viele Kollegen durch schauspielereische Spitzenleistungen auffallen, sind sie als Ermittler-Duo bestenfalls mittelmäßig beliebt. Franziska Tobler (Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) werden nicht mit privaten Problemen überfrachtet, ermittelten sich bislang zudem durch ein paar eher weniger mitreißende Plots. Das trieb wenige Fans zu ihnen. Und der aktuelle Krimi taugt nun auch nicht zum Reißer. Doch er hat es zweifellos in sich.

Das läuft nicht über viel Tatütata und Action, dafür lotet der Film Abgründe aus, deren Dimensionen erst ganz am Ende klar werden. Und dann bleibt einem kurz mal die Spucke weg. Die um ihr zunächst seit 14 Jahren vermisstes, dann tot aufgefundenes Kind trauernde Mutter als Missbrauchs-Mitwisserin und Totschlägerin, der ach so verständnisvolle und hilfsbereite Vater Schänder der eigenen Tochter, der Ex-Knacki ein unschuldiges Opfer der Umstände, der vermeintliche Teenager-Vater, der doch nicht der Vater ist – was wie ein aufgebauschtes Drama anmutet, wird völlig unaufgeregt erzählt. Und für diese Art Geschichtenentwicklung sind wiederum diese beiden Ermittler perfekt.

Nachts, wenn der Schwarzwaldwolf im Wald umgeht

Tobler und Berg, die bereits vor 14 Jahren an diesem Fall saßen, puzzeln sich, nachdem die Leiche von Rosa Winterfeld zufällig ausgebaggert wurde, durch alte Aufzeichnungen und neue Indizien. Noch ein Plus dieses Films: Sie tun das alleine. Es springen weder wichtigtuerische Spezialisten durchs Bild noch mischen sich nervige Chefs ein. Das Fokussieren auf eine Handvoll Handelnder macht das Ganze zu einem packenden TV-Erlebnis. Regisseurin Julia Langhof und Autorin Nicole Armbruster vertrauen ihrer Geschichte, ihren Figuren und deren Darstellern.

Sie verzichten dafür weitgehend auf Effekte und Nervenkitzel. Lediglich die nächtliche Begegnung Franziska Toblers mit dem durch den Wald streifenden Wolf wirkt etwas sehr bemüht, trübt jedoch nicht den positiven Gesamteindruck. Seine subtile Spannung zieht der ruhig gefilmte Krimi ansonsten daraus, dass man eine unter der scheinbar biederen Dorfoberfläche lauernde Ungeheuerlichkeit ahnt. Die fast schon beiläufig servierte finale Enthüllung haut einen dann dennoch um. Respekt! Solche Abgründe muss man sich erst einmal ausdenken können.