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Von diesen Menschen mussten wir in diesem Jahr Abschied nehmen

Zwei Altbürgermeister, ein langjähriger Museumsleiter, ein Umweltaktivist, der Wirt vom Kahleberg, ein Reporter - sie haben unsere Region geprägt und fehlen.

Von Annett Heyse
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Einige Menschen, die mit ihren Ideen und ihrem Engagement unsere Region prägten, sind für immer gegangen.
Einige Menschen, die mit ihren Ideen und ihrem Engagement unsere Region prägten, sind für immer gegangen. © Egbert Kamprath

Die Stadt Rabenau war einst die Stuhlbauerhochburg, doch es war ausgerechnet ein promovierter Maschinenbauingenieur, der die angestaubte Heimatsammlung der Stadt Rabenau auf ein neues Niveau hob und daraus das Deutsche Stuhlbaumuseum machte: Johann Spensberger.

In Landsberg geboren und in seiner Jugend nach Sachsen gekommen, hörte man ihm sein bayrisches Idiom auch Jahrzehnte später noch an. Erst im Ruhestand ab 2002 hatte er genug Zeit, sich ehrenamtlich in seiner Heimatstadt Rabenau zu engagieren. Damals wurde die Werkstatt eines verstorbenen Stuhlbauers ins Museum umgesetzt. Johann Spensberger packte mit an und entdeckte seine späte Liebe zum Handwerk. Es lag wohl auch an seinem Organisationstalent, dass man ihm schließlich den Chefposten antrug.

Johann Spensberger leitete viele Jahre das Deutsche Stuhlbaumuseum in Rabenau.
Johann Spensberger leitete viele Jahre das Deutsche Stuhlbaumuseum in Rabenau. © Karl-Ludwig Oberthür

Bis 2016 leitete er das Museum und legte mit seinem Team den Grundstein für die Auszeichnung mit dem Sächsischen Museumspreis im Jahr 2021. Zu dem Zeitpunkt hatte er sich gesundheitsbedingt zurückgezogen, wirkte aber weiter im Förderkreis des Museums mit. Johann Spensberger starb am 5. Mai. Er wurde 87 Jahre alt.

Dietrich Papsch: ein "Sonnensucher" mit Leidenschaft

Maler, Autor, Umweltaktivist - Dietrich Papsch war ein Mann, auf den das Wort "umtriebig" hundertprozentig zutraf. Bekannt wurde der Schellerhauer, der eigentlich aus dem thüringischen Schmalkalden stammt, erst im Unruhestand, nachdem er 2003 in die Rente gewechselt war. Papsch betätigte sich als Maler, im Sportverein, beim Kammlauf, im Heimatverein und unterstützte den Botanischen Garten Schellerhau, in dessen Nachbarschaft er wohnte.

Vor allem aber wurde Dietrich Papsch auch als Umweltaktivist bekannt. Sein Ziel sei es, sagte er einmal, dass Schellerhau seine Energie komplett von der Sonne und weiteren regenerativen Quellen beziehe.

Der Schellerhauer Dietrich Papsch hat sich als einer der Ersten im Osterzgebirge dafür entschieden, sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach zu bauen.
Der Schellerhauer Dietrich Papsch hat sich als einer der Ersten im Osterzgebirge dafür entschieden, sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach zu bauen. © Egbert Kamprath

Er selbst ging dabei mir großen Schritten voran und stattete sein Haus frühzeitig mit Fotovoltaik, Solarthermie und Holzpelletheizung aus. Als "Sonnensucher vom Kahleberg", so der Titel eines seiner Bücher, wurde er nicht müde, im Osterzgebirge für die regenerative Energie zu werben und andere zu überzeugen, es ihm gleichzutun. Papsch war immer einer, der für seine Überzeugungen stand und anpackte. Zuletzt in diesem Frühjahr, als er 36 seiner Bilder versteigerte und die zusammengekommen 5.000 Euro dem Botanischen Garten spendete. Dietrich Papsch starb am 16. Juli im Alter von 85 Jahren.

Klaus Mättig: ein unkonventioneller Macher

An ihm führte in Freital eineinhalb Jahrzehnte kein Weg vorbei. 2001 war der frühere Pesterwitzer Verwaltungs-Chef Klaus Mättig Oberbürgermeister in Freital geworden, er prägte die Stadt wie nur wenige andere Lokalpolitiker zuvor. Bereits kurz nach der Wende war der gelernte Landmaschinenschlosser in die Politik gewechselt und hatte zunächst Pesterwitz zu einem bei Häuslebauern beliebten Vorort von Dresden gemacht. Als Pesterwitz eingemeindet wurde, stellte er sich als Freitaler Oberbürgermeister zur Wahl und gewann.

Seine Tatkraft musste er im August 2002 unter Beweis stellen, als die Jahrhundertflut der Weißeritz die Stadt mit voller Wucht traf. Noch Jahre später lobten selbst politische Gegner Mättigs Flutmanagment. Das war erst der Auftakt. In die Amtszeit von Klaus Mättig fielen wichtige Entscheidungen zum Straßenbau, zur Sanierung von Schulen und Kindergärten, zur Grundstücksverkäufen und -käufen. In diese Zeit fiel auch der Abriss etlicher alter Gebäude in Freital, für die es aus damaliger Sicht keine Perspektive gab, zum Beispiel des Saals am Goldenen Löwen.

Klaus Mättig war 14 Jahre lang der Herr im Rathaus Freital-Potschappel und prägte die Stadt nachhaltig.
Klaus Mättig war 14 Jahre lang der Herr im Rathaus Freital-Potschappel und prägte die Stadt nachhaltig. © René Plaul

Sachsenweit Schlagzeilen machte Klaus Mättig, der 1999 in die CDU eingetreten war, immer wieder mit unkonventionellen Aktionen. Noch Jahre später wurde über seine "Jungfrauenprämie" gesprochen, mit der er sich gegen die Abwanderung aus Freital stemmen wollte. Die Idee: Jungen Frauen einen Mietzuschuss von 2.000 Euro zahlen, wenn sie sich bereiterklären, in der Stadt einen Mietvertrag über drei Jahre abzuschließen.

Klaus Mättig vielleicht größte Stärke war seine Art, Probleme möglichst schnell und unbürokratisch zu lösen. Allerdings eckte er damit auch an und kam mit der einen oder anderen Vorschrift in Konflikt. Klaus Mättig starb am 23. April, er wurde 73 Jahre alt.

Daniel Szulczyk: der Mann für die deftigen Sachen

Bratwürste, deftige Eintöpfe und je nach Jahreszeit und Wetterlage Glühwein oder kühles Bier - das war die Welt von Daniel Szulczyk. Er galt als Altenberger Original, ob hinter der Gulaschkanone, mit Getränkebechern am Ausgabefenster auf dem Kahleberg oder im Kostüm mit Bruder Severin als authentisches Herz-Buben-Gespann zum Fasching.

Gleich nach der Wende hatte er sich in der Gastronomie selbstständig gemacht. Die gehobene Küche war nicht sein Ding, Daniel Szulcyk, der in Altenberg nur "Schulli" genannt wurde, setzte auf bodenständige Imbisskost. Und so gab es Omas hausgemachten Kartoffelsalat oder Spirelli mit einer eigenen Soßen-Kreation. Auf dem Weihnachtsmarkt und dem Imbissstand am Skihang traf man Daniel Szulcyk mit typischer Pudelstrickmütze an.

Mit Daniel Szulczyk, hier am Imbisswagen auf dem Kahleberg, verloren die Altenberger ein vertrautes Gesicht.
Mit Daniel Szulczyk, hier am Imbisswagen auf dem Kahleberg, verloren die Altenberger ein vertrautes Gesicht. © Egbert Kamprath

2018 übernahm er die Baude auf dem Kahleberg, die jedoch wegen Umbauarbeiten dann lange Zeit gar nicht geöffnet werden konnte. Daniel Szulczyk beköstigte Wanderer, Skifahrer und Radtouristen aus einem Imbisswagen heraus. Als der Kahleberg-Wirt gesundheitlich schon angeschlagen war, übernahm sein Bruder die Wirtschaft. Daniel Szulczyk starb 52-jährig am 8. September. (mit ek)

Christoph Fröse: ein politischer Spätstarter

Christoph Fröse war 14 Jahre lang Bürgermeister von Bannewitz. Ins Rathaus gelangte er 2008 als politischer Spätstarter. Zuvor hatte der gelernte Berufskraftfahrer als Fahrlehrer gearbeitet. Seine Wahl war nicht unumstritten und von Stasi-Vorwürfen begleitet.

Doch die Querelen ließ Christoph Fröse schnell vergessen. Als Mann des Volkes, der viele Jahre auch dem SV Bannewitz als Präsident vorstand, lenkte er die Geschicke in Bannewitz. Neue Wohngebiete wurden angelegt, Schulen, Kindergärten und Sporthallen modernisiert. Doch der Bürgermeister musste auch Rückschläge einstecken. Ein Verpackungsmaschinenhersteller baute nach heftigen Diskussionen dann doch lieber in Dresden, der Erdbeer-Erlebnisgigant Karls entschied sich für Döbeln als Standort.

Christoph Fröse leitete 14 Jahre lang die Geschicke der Gemeinde Bannewitz.
Christoph Fröse leitete 14 Jahre lang die Geschicke der Gemeinde Bannewitz. ©  Archivfoto: Daniel Förster

Zur Bürgermeisterwahl 2022 konnte Christoph Fröse aus Altersgründen nicht mehr antreten, kurz darauf legte er auch sein Kreistagsmandat nieder. "Das ist mir schwergefallen, aber ich muss mein Arbeitspensum jetzt mal reduzieren", erklärte er damals und deutete gesundheitliche Probleme an. Christoph Fröse starb am 13. September, er war 69 Jahre alt.

Heinz Fiedler: der Faschings- und Kulturmacher

Faschingsmacher, Conferencier, Moderator, Reporter bei der Sächsischen Zeitung und Experte für alte Filme - der Freitaler Heinz Fiedler füllte viele Rollen aus. Geboren 1927, begeisterte er sich früh fürs Kino, wollte zum Rundfunk und wurde Journalist bei der Sächsischen Zeitung. Noch als Volontär drohte ihm 1952 das berufliche Aus: Er hatte von Fluchtplänen eines Freundes gewusst, aber nichts verraten. Heinz Fiedler kam in Haft, wurde mit einem Berufsverbot belegt und arbeitete nach dessen Aufhebung als selbstständiger Reporter und Autor.

Heinz Fiedler war Faschings- und Kulturmacher in Freital und schrieb als freier Autor für die Sächsische Zeitung.
Heinz Fiedler war Faschings- und Kulturmacher in Freital und schrieb als freier Autor für die Sächsische Zeitung. © Thomas Lehmann

In Freital wurde er einem großen Publikum als Organisator und Moderator bei Kulturveranstaltungen und beim Hainsberger Fasching bekannt. Er moderierte mehr als zweitausend Veranstaltungen und schaffte es 1987 mit einem von ihm selbst verfassten Faschingsschlager sogar auf eine Amiga-Schallplatte. Viele SZ-Leser kannten ihn auch als Autor der "Zelluloiderinnerungen", einer Serie über große Stars und nicht so bekannte Schauspieler der Zwanziger- bis Sechzigerjahre. Heinz Fiedler hatte die Reihe selbst konzipiert und später sogar in Büchern verarbeitet.

Noch Anfang des Jahres 2023 kam er wöchentlich einmal in die Freitaler Lokalredaktion und diktierte der Redaktionsassistentin seine Beiträge zur Heimatgeschichte. Heinz Fiedler starb 95-jährig am 19. Juli.