Herr Schöning, was hat Sie angetrieben, noch einmal zu kandidieren?
Das Bürgermeisteramt ist Beruf und Berufung. Es gibt für mich keinen schöneren Beruf. Das hat vielleicht auch mit meiner Praxisausbildung in der Verwaltung in Baden-Württemberg zu tun. Dort hörte ich vom damaligen Bürgermeister den Spruch: Sie als Diplom-Verwaltungswirt müssen auch an die politischen Ämter denken. Und: In der öffentlichen Verwaltung gibt es zwei Berufe, wo sie keinen Chef haben: Bürgermeister und Landrat.
Doch gestalten kann man nur, wenn man Geld hat, oder...
Die Begründung, wir haben kein Geld, die gibt es eigentlich nicht. Wir fragen uns: Was wollen wir, wo wollen wir hin? Ist das realistisch? Es kann sein, dass ich gerade kein Geld habe. Aber das ist kein Argument, zu sagen, es geht überhaupt nicht. Da muss ich Geld suchen. Das ist der Job meiner Mitarbeiter und meine Aufgabe. Notfalls muss etwas verschoben werden. Und manchmal muss man auf das richtige Förderprogramm warten.
Es gab keinen Gegenkandidaten. Warum nicht?
Kreischa ist keine Ausnahme. Auch in Rabenau, Bad Schandau, Hohnstein, Kurort Rathen, Rathmannsdorf, Stolpen und Lohmen gab es nur einen Bewerber. Vielleicht ein Grund: Als Bürgermeister lebt man 24 Stunden öffentlich. Wenn ein Tier verletzt ist, ein Haus brennt, es Probleme mit den Finanzen gibt, ein Spielplatz eröffnet wird oder das Straßenlicht defekt ist - du bist immer dran. Und wenn man einkaufen geht, natürlich auch ansprechbar. Und dann zeigt sich auch im öffentlichen Dienst der Personalmangel.
Welche Rolle spielen die Proteste, die es in jüngster Zeit gab?
Worauf wollen Sie sich in der nächsten siebenjährigen Amtszeit konzentrieren?
Die sieben Jahre interessierten meinen Vorgänger und auch mich nicht als Maßstab. In Kreischa arbeiten wir zusammen mit dem Gemeinderat nach einem Konzept. Das aktuelle - das Integrierte Gemeindeentwicklungskonzept - reicht bis ins Jahr 2030/35. Dort haben wir notiert, wie wir aufgestellt sind und was auch in Zukunft Bestand haben soll. Unser Leitsatz ist - bedingt durch die Ansiedlung der Klinik Bavaria mit aktuell rund 3.000 Mitarbeitern und rund 600 Betten – "Gesund. Tut allen gut". Außerdem arbeitet hier das Institut für Dopinganalytik. Neben dem Thema Gesundheit ist Bildung ein Schwerpunkt.
Inwieweit?
In Kreischa haben wir nicht nur eine Grund- und eine Oberschule, sondern auch drei private Berufsschulen der Kliniken Bavaria mit ein paar Hundert Lehrlingen - das ist fast ein halbes Berufsschulzentrum. Außerdem ist bei uns das Dekra-Ausbildungszentrum tätig. Seit Jahrzehnten muss jeder Dekra-Prüfingenieur nach Kreischa zur Aus- und Fortbildung kommen.
In Kreischa steht eine große Klinik. Welche Folgen hat das für die Gemeinde?
Die Klinik ist der größte Arbeitgeber im Ort. Etwa 700 Leute aus unserer Gemeinde arbeiten dort. Wir müssen für gute Straßen sorgen. Es wird Trinkwasser gebraucht, es muss Abwasser entsorgt werden. Deshalb haben wir beispielsweise keine Kläranlage nur für 4.500 Einwohner, sondern eine für 11.500. Und diese ist gut ausgelastet. Es gibt aber noch andere Konsequenzen.
Welche sind das?
Mit vielen Patienten reisen Kinder an. Die Kinder sind gesund, unterliegen der Schulpflicht und besuchen je nach Alter die Grund- und die Oberschule. Vor Corona hatten wir bis zu 13 Kinder, die in unseren Schulen gleichzeitig zusätzlich unterrichtet wurden. Außerdem nehmen wir in unseren Kitas 60 bis 70 Kinder aus anderen Gemeinden - wie Bannewitz, Dresden, Glashütte und Dipps - auf, weil deren Eltern meist in der Klinik arbeiten und sie es sich nicht anders einrichten können, um Vollzeit zu arbeiten. Für uns ist das von Vorteil, denn dadurch können wir eine größere Kita mit mehr Erziehern betreiben. Gegenwärtig haben wir 331 Kindergarten- und Krippen-Plätze im Angebot. Im Hort sind es 229 Plätze.
Welche Rolle spielen Gewerbebetriebe in Ihrer Gemeinde?
Aktuell gibt es rund 400 Unternehmen im Ort, viele sind Ein-Mann-Unternehmen, 120 haben ein, zwei Mitarbeiter. Wir haben aber auch einen Betrieb mit über 60 Beschäftigten. Diese Vielzahl zahlt sich aus. Über die Gewerbesteuer erwarten wir in diesem Jahr 1,6 Millionen Euro. Und es sieht gut aus, dass wir dieses Geld einnehmen. Diese Steuer hat sich insgesamt gut entwickelt. Zu D-Mark-Zeiten in den 90er-Jahren lag sie noch bei 370.000 D-Mark, also rund 185.000 Euro.
Der Druck aus der großen Stadt ist da. Und wir haben eine gute Lage, haben gute Busverbindungen, preiswerte Mieten. Im Erbgericht entstanden Wohnungen und mit dem noch im Bau befindlichen Advita-Haus wird ein Mehrfamilienhaus geschaffen. Im Entwurf des Flächennutzungsplanes für die Gemeinde haben wir vier Hektar Wohnbauflächen ausgewiesen. Wir setzen aber auch auf Innenverdichtung. Nach unseren Prognosen werden wir bis 2030 auf 4.700 Einwohner kommen - also 200 mehr als heute. Die Geburten ersetzen die Sterbefälle nicht, wir profitieren vom Zuzug, auch durch die Klinik. Viele ziehen hierher, suchen erst einmal Ein- und Zweiraum-Wohnungen und ziehen späterer in größere um, oder bauen sich ein Haus. Zuletzt haben wir pro Jahr 30 bis 50 Einwohner hinzugewonnen.
Wilsdruff möchte eine Straßenbahnanbindung nach Dresden. Haben Sie ähnliche Wünsche?
Eine Straßenbahn wie früher, das ginge heute nicht mehr, da sie auf der Straße gefahren ist. Unsere Hauptorte haben prima Busanbindungen nach Dresden, Possendorf, Heidenau, Freital und ins Müglitztal. Bei unseren kleineren Ortsteilen sieht es nicht so gut aus. Dort muss man mitunter erst zwei, drei Kilometer bis zur Bushaltestelle laufen. Es wäre schön, wenn es eine Art Stadtbuslinie geben würde. Das müssen wir uns mal anschauen. Was uns fehlt, ist ein guter Radweg nach Dresden. Dafür kämpfen wir.
Wie gut konnten Sie Ihr Investitionsprogramm 2022 abarbeiten?
Mit der Dorfplatzgestaltung in Sobrigau wollten wir im Juli beginnen, aber dort ist die Beschaffenheit des Baugrundes sehr kompliziert. Wir haben für dessen Untersuchung und die Begutachtung der dort verlegten Rohre mehr Zeit gebraucht, als geplant. Außerdem gab es viele Abstimmungen mit dem Denkmalschutz, weil das Dorf ein geschützter Rundling ist. Wir wollen noch in diesem Jahr mit den Arbeiten beginnen. Bis Mitte 2023 müssen wir fertig werden. Für die Erweiterung des Kreischaer Gerätehauses warten wir auf eine Förderung. Die Bushaltestelle an der Wolfsschlucht in Neu-Gombsen, die neue Trinkwasserleitung und Straßendecke mit Straßenbeleuchtung am Borthener Weg und die Wasserleitung und die Straßenbeleuchtung Am Wasserberg sind dagegen fertig geworden.
Und wie geht es mit dem geplanten Schulcampus weiter?
Wir haben noch eine Runde, in der wir klären, ob wir auf dem Dach der Sporthalle ein Kleinsportfeld errichten oder nicht. Dann geht es an die Finanzen ran. Ich hoffe, dass wir das Vorhaben im nächsten Jahr auf die Förderschiene bringen können.