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Tausende Sachsen widersprechen Steuerbescheid erfolgreich

Wer mit seinem Steuerbescheid nicht einverstanden ist, kann dagegen Einspruch erheben. In zwei von drei Fällen ist das erfolgreich. Vier Schritte, wie Steuerzahler zu ihrem Recht kommen.

Von Kornelia Noack
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Genau prüfen: die Berechnung des Finanzamtes.
Genau prüfen: die Berechnung des Finanzamtes. © dpa

Mehr als 626.400 Steuerbescheide haben die sächsischen Finanzämter bis Ende August bereits verschickt. Wer das Schreiben bekommt, sollte es prüfen. Denn wer einen Fehler findet, kann dagegen vorgehen. Über 11.500 Einsprüche sind bislang laut Sächsischem Finanzministerium für dieses Jahr schon eingegangen.

„Oft fehlt es in der Steuererklärung an Angaben, die der Steuerpflichtige für unwichtig hält, die das Finanzamt aber benötigt, um zutreffend zu veranlagen“, sagt Ministeriumssprecher Jörg Herold. Ein nicht unerheblicher Teil entfalle aber auch auf sogenannte Masseneinsprüche, wenn Steuerpflichtige unter Hinweis auf anhängige Musterprozesse Einspruch einlegen.

Gegen falsche Bescheide vorzugehen, lohnt sich. Im Jahr 2020 waren Steuerpflichtige mit einem Einspruch in zwei von drei Fällen erfolgreich, hat die Zeitschrift Finanztest (9/2022) ermittelt.

Schritt 1: Abgleich und Prüfung der Daten

Der Steuerbescheid ist optisch und inhaltlich fast identisch mit den Probeberechnungen, die viele Steuerprogramme vor dem Absenden der elektronischen Steuererklärung ausgeben. Darum ist es hilfreich, sich diese Rechnung auszudrucken und abzuspeichern – das erleichtert anschließend die Schritt-für-Schritt-Überprüfung. Gegebenenfalls finden sich am Ende des Bescheids weitere Erläuterungen, denn dazu sind Finanzbeamte verpflichtet.

Bestehen keine Abweichungen, lohnt es sich trotzdem, noch mal alle Unterlagen durchzugehen. Zum Beispiel, um zu prüfen, ob Versicherungsbeiträge bei den Angaben vergessen wurden. Denn innerhalb der Einspruchsfrist kann das Finanzamt den Bescheid auch zugunsten des Betroffenen ändern. „Zur Vermeidung von Fehlern empfehlen wir das Einreichen der Steuererklärung über das Elster-Portal. Hier gibt es Plausibilitätsprüfungen und Fehlerhinweise“, sagt Jörg Herold.

Schritt 2: Der Einspruch beim Finanzamt

Für den Einspruch reicht ein formloses Schreiben, das dem zuständigen Finanzamt schriftlich oder elektronisch – zum Beispiel per E-Mail oder direkt via Elster-Portal – übermittelt wird. Das Schriftstück muss den zu beanstandenden Bescheid genau bezeichnen, also zum Beispiel „Einkommensteuerbescheid 2021 vom 7.8.2022“.

Der Einspruch muss das Finanzamt innerhalb von 30 Tagen ab Zugang des Steuerbescheids beim Empfänger. Als Zugang gilt aber nicht der tatsächliche Empfang oder das Öffnen des Bescheids, sondern der dritte Tag nach Aufgabe des Bescheids bei der Post. So regelt es die Abgabenordnung.

Der Steuerpflichtige entscheidet, wie ausführlich er sein Anliegen begründet und welche Dokumente er beifügt. Es sollten aber alle beanstandeten Punkte aufgegriffen werden. Steuerberater Roland Elias empfiehlt, an dieser Stelle direkt die Belege beizufügen und den Sachverhalt umfassend zu erläutern. „In komplexeren Fällen macht es Sinn, den Sachbearbeiter anzurufen und mögliche Unklarheiten direkt aus der Welt zu schaffen“, sagt Elias. Denn auch ein Einspruch kann wieder zu Rückfragen der Behörde und damit zu Verzögerungen führen.

Das Finanzamt erlässt dann einen geänderten Bescheid. Wenn die Punkte nicht oder nicht vollständig berücksichtigt werden können, weist die Behörde sie als unbegründet zurück oder ändert den Steuerbescheid nur in einigen Punkten.

Schritt 3: Die Einspruchsentscheidung

Kommt es zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigem zu keiner Einigung, erlässt die Behörde eine Einspruchsentscheidung. Auch hier kann sie dem Steuerpflichtigen entgegenkommen, das Ersuchen ganz ablehnen oder einen Mittelweg wählen. Letzteres wird als Teilabhilfe bezeichnet. Steuerpflichtige erhalten also einen geänderten Steuerbescheid, in dem aber nicht alle angefochtenen Punkte geändert wurden. In Sachsen traf das 2021 auf rund 16 Prozent der insgesamt 148.820 eingereichten Einsprüche zu. Zur Beweissicherung erfolgt der Versand oft mit Zustellungsurkunde. Auf dieser vermerkt die Post die tatsächliche Zustellung des Briefs und sendet sie an das Finanzamt zurück.

Schritt 4: Die Klage beim Finanzgericht

Gegen eine Einspruchsentscheidung kann man keinen Einspruch mehr einlegen. Eine Anfechtung ist also nur noch mit der Klage vor dem Finanzgericht möglich. In Sachsen sind im Jahr 2021 rund 2.760 Klagen eingereicht worden. Zuständig ist das örtliche Gericht, das auf der Einspruchsentscheidung vermerkt ist. Vor dem Finanzgericht besteht kein Anwaltszwang. Es kann aber sinnvoll sein, zumindest einen Steuerberater zurate zu ziehen, denn vor dem Finanzgericht gibt es ein Prozedere, das für Laien schwierig zu überblicken sein kann. Auch auf Richter mache das einen besseren Eindruck, sagt Steuerberater Elias.

Die Klageschrift muss das Finanzgericht innerhalb eines Monats nach Zugang der Entscheidung erreichen. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann diese Frist verlängert werden. Die sogenannte Wiedereinsetzung sorgt dafür, dass die Klage trotz versäumter Frist zulässig ist. Länger als sechs Monate kann das Gericht die Frist allerdings nicht verlängern.

Wer mit der Entscheidung des Finanzgerichts in erster Instanz nicht zufrieden ist, kann Beschwerde oder Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) einlegen. Allerdings kommt das nur infrage, wenn das im Urteil zugelassen wurde. Den Weg lassen Gerichte generell nur in Verfahren zu, die grundlegende steuerliche Fragestellungen betreffen – etwa die Auslegung einer steuerlichen Vorschrift. (mit dpa)