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Warum selbst Promis beim veganen Januar mitmachen

Der Probemonat ohne Fleisch findet immer mehr Anhänger. Auch Aldi, Lidl & Co, Hersteller und Gastronomen unterstützen die Idee. Dabei geht es nicht nur ums Weglassen.

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Gut für Erde und Mensch: Arzt und Wissenschaftsjournalist Eckart von Hirschhausen verzichtet im Januar auf tierische Lebensmittel.
Gut für Erde und Mensch: Arzt und Wissenschaftsjournalist Eckart von Hirschhausen verzichtet im Januar auf tierische Lebensmittel. © Julian Feldmann

Von Svenja Bergt und Susanne Plecher

Eckart von Hirschhausen macht mit, Lena Meyer-Landrut und Paul McCartney auch: Die Promis beteiligen sich wie viele andere am Veganuary – dem veganen Januar. „Als Arzt und Fan der ‚planetary health diet‘ weiß ich: Allein durch pflanzenbasierte Ernährung könnten wir jedes Jahr 150.000 Todesfälle in Deutschland verhindern. Weniger Fleisch zu essen ist also ein echter Verzicht, nämlich auf Herzinfarkt und Schlaganfall“, sagt Hirschhausen.

Worum geht es?

Beim veganen Januar geht es darum, keine Produkte zu essen, die vom Tier stammen. Ein Januar also ohne Fleisch und Fisch, Kuhmilch, Eier oder Honig. Stattdessen kommt pflanzenbasierte Kost auf den Teller – etwa aus Hülsenfrüchten wie Linsen, mit Getreide und Tofu, aber vor allem mit viel Gemüse in allen Variationen.

Sich einen Monat lang pflanzlich zu ernähren und damit gesündere Essgewohnheiten aufzubauen, gehört mittlerweile zu den beliebten Neujahrsvorsätzen. Zwölf Prozent der Deutschen haben im Januar 2023 einer Umfrage zufolge den Veganuary ausprobiert und statt Sahne Mandelmilch in den Kaffee gegossen, statt Peccorino einen Käse aus Cashewkernen zum Überbacken der fleischlosen Lasagne verwendet oder Sojaquark zu den Kartoffeln serviert.

Wer macht mit?

Veganuary ist dabei sowohl ein Hashtag in sozialen Medien wie Instagram oder Tiktok als auch eine gemeinnützige Organisation. Gegründet 2014 in Großbritannien, will sie auch hierzulande seit 2019 dazu ermuntern, pflanzenbasierte Ernährung auszuprobieren. Fast 707.000 Menschen in Deutschland haben sich im vergangenen Jahr bei der sogenannten Veganuary-Challenge eingetragen.

Musiker Paul McCartney: „Ich bin seit über 40 Jahren Vegetarier und dabei geblieben, weil ich glaube, dass jede fleischlose Mahlzeit ein Gewinn für die Tiere und den Planeten ist. Deshalb habe ich mit meinen Töchtern Mary und Stella Meat Free Monday ins L
Musiker Paul McCartney: „Ich bin seit über 40 Jahren Vegetarier und dabei geblieben, weil ich glaube, dass jede fleischlose Mahlzeit ein Gewinn für die Tiere und den Planeten ist. Deshalb habe ich mit meinen Töchtern Mary und Stella Meat Free Monday ins L © Jan Lehner

Inzwischen beteiligen sich Hunderte Unternehmen an der Aktion, darunter die großen Einzelhandelskonzerne wie Edeka, Aldi, Lidl, Kaufland und Rewe. Dr. Oetker, Kühne, Iglo und viele andere Firmen nutzen den Veganuary, um neue vegane Produkte vorzustellen und zu bewerben. Auch große Gastronomieketten und Franchisenehmer sind dabei – zum Beispiel Ikea Deutschland, die Deutsche Bahn, Ditsch, Domino‘s Pizza oder Subway.

Beim Veganuary geht es nicht um eine dauerhafte Ernährungsumstellung, sondern erst einmal ums Ausprobieren. In diesem Jahr liegt der Fokus dabei auf der Bandbreite, die es an Gemüse gibt – und den vielfältigen Arten der Zubereitung. „Der Griff zu pflanzlichen Produkten ist der effektivste Weg, unseren ökologischen Fußabdruck zu verringern“, sagt Christopher Hollmann, Leiter von Veganuary Deutschland.

Sängerin Lena Meyer-Landrut: „Wir alle stellen uns zu selten die Frage, wo Produkte herkommen und welchen Impact unser Konsum und unsere Ernährung auf die Welt und auf Tiere haben. Darum sind Kampagnen wie Veganuary so wichtig, denn sie machen bewusst, da
Sängerin Lena Meyer-Landrut: „Wir alle stellen uns zu selten die Frage, wo Produkte herkommen und welchen Impact unser Konsum und unsere Ernährung auf die Welt und auf Tiere haben. Darum sind Kampagnen wie Veganuary so wichtig, denn sie machen bewusst, da © Britta Pedersen/ dpa

Um den Einstieg zu erleichtern, bietet die Organisation Menschen, die mitmachen wollen, an, sie per E-Mail mit Rezepten, Essensplänen, Tipps für eine ausgewogene Nährstoffversorgung und weiteren Hinweisen zu versorgen. Denn dass eine dauerhaft praktizierte vegane Ernährung von der Nährstoffversorgung her kein Selbstläufer ist, darauf weist etwa die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hin.

Für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche sei sie nicht zu empfehlen, weil „eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich“ sei. Besonderes Augenmerk müsse Vitamin B12 gelten – dafür gibt es zum Beispiel Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Zahnpasta.

Schauspieler Ralf Moeller: „Hätte mir damals, als ich mit 27 Mr. Universum geworden bin, jemand gesagt, dass ich später vegan leben würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Huhn, Fisch, Steak – das hat alles zu meinem Leben gehört. Aber irgendwann fängt
Schauspieler Ralf Moeller: „Hätte mir damals, als ich mit 27 Mr. Universum geworden bin, jemand gesagt, dass ich später vegan leben würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Huhn, Fisch, Steak – das hat alles zu meinem Leben gehört. Aber irgendwann fängt © Frank Fastner

Welche Ersatzprodukte gibt es?

Mit ein paar Produkten und Tricks gelingt der Probemonat besonders einfach. Denn grundsätzlich ist die Idee einer pflanzenbasierten Ernährung: Nicht jedes Fleisch- oder Milchprodukt soll einfach eins zu eins ersetzt werden, zum Beispiel mit veganen Schnitzeln, veganem Fisch oder veganem Gyros. Stattdessen geht es auch darum, variantenreicher zu kochen. Doch fürs Ausprobieren können gerade die Ersatzprodukte hilfreich sein.

Zum Beispiel in Sachen Kaffee. Während bei Kuhmilch die Auswahl überschaubar ist, gibt es von Hafer- über Reis- bis Dinkelmilch rund ein Dutzend pflanzlicher Alternativen. Im Verkauf sind die nicht unter der Bezeichnung „Milch“ zu finden, da diese den tierischen Varianten vorbehalten ist. Gängig ist die Bezeichnung „Drink“.

Wer einen schönen Milchschaum will, kann zu Sojamilch greifen, die sich einfach aufschäumen lässt. Auch Mandel, Hafer und Dinkel schaffen als Milchalternative einen akzeptablen Schaum. Welche es letztlich wird, hängt vom eigenen Geschmack ab. Mandelmilch etwa ist ein guter Einsteigertipp für alle, die ihren Kaffee etwas süßer mögen – damit lässt sich gleich die Zuckermenge reduzieren.

Auch für viele andere Kuhmilchprodukte gilt: Es gibt sie als pflanzliche Alternative. Veganer Joghurt wird meist aus Soja hergestellt, es gibt ihn auch aus anderen Pflanzen wie Hafer oder Mandeln. Quark stammt meist aus Soja oder Cashewkernen. Um den typischen säuerlichen Quarkgeschmack zu erreichen, werden probiotische Kulturen dazugegeben. Für süße und saure Sahne, Crème fraiche, und sogar Buttermilch finden sich ebenfalls pflanzliche Produkte im Supermarkt. Schokolade enthält dann zum Beispiel Kokosmilch.

Was kommt aufs Brot?

Wer es süß mag, muss nicht viel ändern: Marmelade kommt ohnehin ohne tierische Bestandteile aus, das häufig enthaltene Pektin ist pflanzlich. Wer es herzhafter mag, findet mittlerweile eine breite Palette an Ersatzprodukten für Käse oder Wurst. Auch Brotaufstriche, zum Beispiel auf Basis von Hülsenfrüchten mit Gemüse, können eine herzhafte Alternative sein.

Wer die pflanzliche Ernährung länger beibehalten möchte, sollte gerade bei den Käse- und Wurstersatzprodukten jedoch genau hinschauen. Hersteller versetzen sie häufig mit viel Salz. Und mitunter sind namensgebende Bestandteile – etwa bei Käse auf der Basis von Nüssen – nur in kleinen Mengen enthalten. „Auch Mischkost kann einseitig sein und zu Mangelerscheinungen führen“ – darauf weist die Techniker Krankenkasse (TK) hin.

Wichtig sei, eine pflanzliche Ernährung nicht als reines „Weglassen“ von Produkten zu begreifen, sondern als bewusste Auswahl. Daher ist es gerade beim veganen Januar nicht nur hilfreich, einige pflanzliche Alternativprodukte zu kennen, sondern sich auch für abwechslungsreiche Rezepte inspirieren zu lassen.

Wie schafft man den Veggi-Einstieg?

  • 1. Machen Sie sich bewusst, warum Sie eine vegane Ernährung für sich ausprobieren möchten. Ob der Umwelt, dem Tierschutz oder der eigenen Gesundheit zuliebe: Eine starke Motivation hilft, rät Ernährungswissenschaftlerin Birgit Jähnig vom Bundeszentrum für Ernährung.
  • 2. Tasten Sie sich in kleinen Etappen heran. Beginnen Sie mit veganen Mahlzeiten oder Tagen. Sie müssen nicht die ganze Ernährung auf den Kopf stellen, denn viele Lebensmittel sind ohnehin vegan. Reis, Couscous, Linsen, Bohnen und manche Nudeln zum Beispiel.
  • 3. Es hilft anfangs, die Essgewohnheiten beizubehalten und Fleisch mit veganen Ersatzprodukten auszutauschen: Bolognesesoße oder Lasagne schmecken auch mit veganem Hack aus Soja oder Jackfruit.
  • 4. Planen Sie Ihre Mahlzeiten, dann stehen Sie am Ende nicht mit knurrendem Magen vorm Kühlschrank.
  • 5. Seien Sie nachsichtig mit sich. (dpa)
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Eckart von Hirschhausen ist überzeugt, dass sich das lohnt: „Exzessiver Fleischkonsum macht uns nicht nur krank, er zerstört auch unsere Umwelt, unser Klima. Wenn man sich fragt: Was kann ich zum Klimaschutz tun? – dann ist weniger Fleisch vertilgen ein guter Anfang.“ (dpa mit rnw)