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Die neuen Grippe-Impfstoffe sind da

Nach ersten Anzeichen könnte die Grippewelle diesmal wieder stärker ausfallen. In Sachsen impfen erstmals Apotheken mit. Doch noch ist Zeit.

Von Stephanie Wesely
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Die Spritze gegen die Grippe wird Schwangeren, Frauen und Männer mit chronischen Erkrankungen, Menschen ab 60 Jahre und medizinischem Personal empfohlen.
Die Spritze gegen die Grippe wird Schwangeren, Frauen und Männer mit chronischen Erkrankungen, Menschen ab 60 Jahre und medizinischem Personal empfohlen. © Jan Woitas/dpa-Zentralbild

Zwei Jahre lang ist die Grippe in Sachsen nahezu ausgeblieben. In diesem Winter könnte sich das ändern, weil „mit jedem Jahr, in dem die Grippe nicht oder kaum zirkuliert, die Wahrscheinlichkeit größer wird, dass es zu einer stärkeren Grippewelle kommt“, sagt Professor Bernd Salzberger, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie.

Die Influenzaviren treffen auf eine empfänglichere Bevölkerung, die sich längere Zeit nicht mit dem Erreger auseinandersetzen musste. Zudem erlebte Australien im Juni und Juli dieses Jahres eine der stärksten Grippewellen mit dem 50-Fachen an Erkrankungszahlen, vielen Krankenhauseinweisungen und hohen Personalausfällen. Wissenschaftler sehen Australien als Vorgeschmack für die Grippe in Europa, wie das Ärzteblatt informiert.

Wer sollte sich impfen lassen?

Vor allem älteren Menschen ab 60 Jahren, Schwangeren ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel sowie Menschen mit Grunderkrankungen empfiehlt die Stiko die Impfung. Der Grund: Für diese Personen kann eine Infektion eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung bedeuten.

Für ältere Menschen ist die Schutzmaßnahme laut Deutscher Seniorenliga sinnvoll, da das Abwehrsystem mit zunehmendem Alter nicht mehr so effektiv arbeite und diese Personengruppe durch chronische Erkrankungen oft vorbelastet sei.

Zu den Grundleiden, die schwerere Krankheitsverläufe begünstigen, zählen laut Robert-Koch-Institut (RKI) unter anderem chronische Krankheiten der Atmungsorgane, Leber-, Nieren-, Herz-, Kreislauf- oder chronische neurologische Krankheiten sowie Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes.

Eine Grippeschutzimpfung wird auch Menschen empfohlen, die einem erhöhten beruflichen Risiko ausgesetzt sind, etwa medizinischem Personal sowie Pflegepersonen von Risikopatienten.

Ist die Impfung auch für Kinder ratsam?

Ja, hier weichen die Empfehlungen der Sächsischen und der Ständigen Impfkommission (Stiko) voneinander ab. So rät Sachsen bereits Kindern ab dem siebenten Lebensmonat zur Impfung, die Stiko nur gesundheitlich vorgeschädigten Kindern.

Der Infektiologe Professor Salzberger sagt: „Säuglinge können und sollten durch die Impfung der Mutter in der Schwangerschaft geschützt sein, bei größeren Kindern sind die Krankheitsfolgen meist gering – deshalb empfiehlt die Stiko hier routinemäßig keine Impfung.“ In der letzten Grippesaison erkrankten in Sachsen vergleichsweise viele Kinder im Grundschulalter an Grippe. Das könnte durch eine Impfung verhindert werden.

Wann sollte ich mich impfen lassen?

„Die aktuellen Grippeimpfstoffe sind bereits an die sächsischen Apotheken ausgeliefert worden“, sagt Sachsens Hausärzte-Chef Torben Ostendorf. Somit könnten die Hausärzte im Freistaat schon impfen. Sinnvoll sei aber ein etwas späterer Start.

In den zurückliegenden Jahren stiegen in Sachsen die Grippezahlen meist um den Jahreswechsel stärker an, so das Sozialministerium. Im Winter 2021/22 habe es aber eine Abweichung gegeben. Die Grippezahlen stiegen erst nach Ostern – etwa Mitte April – an, als die Corona-Inzidenz zurückging. Zuvor hätten die dominanteren Coronaviren die Influenza „verdrängt“. Das müsse in diesem Winter aber nicht wieder so sein.

„Die meisten Praxen werden deshalb wie in den Vorjahren im Oktober mit Impfen beginnen“, sagt Ostendorf. Nach der Impfung dauert es etwa 14 Tage, bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist. Er nimmt circa drei Monate nach der Injektion langsam ab. Um rechtzeitig geschützt zu sein, wird empfohlen, sich bis Mitte Dezember impfen zu lassen. Auch während einer Erkrankungswelle sei die Impfung möglich.

Wo kann ich mich impfen lassen?

Jeder Arzt oder jede Ärztin kann eine Grippeimpfung grundsätzlich verabreichen. Erster Ansprechpartner ist in vielen Fällen der Hausarzt, aber auch in manchen Gesundheitsämtern wird gegen die Grippe geimpft.

Zusätzlich bieten vereinzelt Arbeitgeber ihren Mitarbeitern an, sich die Injektion von Betriebsärzten setzen zu lassen. Mit der Änderung des Pflegebonusgesetzes vom Sommer 2022 dürfen in der bevorstehenden Saison bundesweit erstmals auch Apotheken Grippeschutzimpfungen anbieten. Und zwar gesetzlich krankenversicherten Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. „Einige Kollegen bieten das an. Ein Hindernis sind aber oft die räumlichen Voraussetzungen, da fürs Impfen ein extra Raum nötig ist“, sagt Göran Donner, Vizepräsident der sächsischen Apotheker.

Welchen Schutz bringt die Grippeimpfung?

Keinen 100-prozentigen. Trotz Impfung kann man erkranken. Der saisonale Impfstoff enthält Bestandteile der Virusvarianten, die für die kommende Saison erwartet werden. Da die Weltgesundheitsorganisation WHO die Zusammensetzung für den Impfstoff jedes Jahr bereits im Frühjahr festlegt, um den Impfstoffherstellern genügend Zeit zu geben, gibt es Unsicherheiten. Denn die Viren verändern sich schnell. Es sei möglich, „dass die in der folgenden Saison hauptsächlich auftretenden Influenzaviren nicht so gut mit den im Impfstoff enthaltenden Virusstämmen übereinstimmen“, so das RKI. Bei einer sehr guten Übereinstimmung könne die Schutzwirkung bei jungen Erwachsenen bei bis zu 80 Prozent liegen.

Aufgrund ihrer reduzierten Immunantwort können ältere Menschen ihr Risiko, an einer Influenza zu erkranken, nur etwa halbieren. Aber wie bei Corona gilt: Eine Erkrankung verläuft bei geimpften Personen in der Regel milder als bei Ungeimpften. Das zeigten viele Studien, informiert die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Studien zeigen außerdem, dass Menschen, die sich jährlich gegen Grippe impfen lassen, einen besseren Immunschutz haben, da ihr Körper in der Vergangenheit bereits mit verschiedenen Virustypen Kontakt hatte und Abwehrstoffe bilden konnte, so Ostendorf.

Gibt es verschiedene Influenza-Impfstoffe?

Ja. Die Stiko rät Personen ab 60 Jahren zum Hochdosis-Impfstoff, der gegenüber anderen Influenza-Impfstoffen die vierfache Antigenmenge enthält. Normalerweise kommen herkömmliche Vierfach-Impfstoffe zum Einsatz, die laut RKI Schutz gegen vier verschiedene Virussubtypen bieten.

Diese sogenannten quadrivalenten Influenza-Impfstoffe empfiehlt die Stiko seit Ende 2017, zuvor wurden trivalente Impfstoffe empfohlen. Bei beiden handelt es sich um Totimpfstoffe. Für Kinder ist zudem ein Lebendimpfstoff aus abgeschwächten Influenzaviren zugelassen, der als Nasenspray gegeben werden kann.

Gibt es Alternativen zur Impfung, um sich zu schützen?

Ja, was auch die zuletzt nur sehr wenigen Grippefälle im Maskenzeitalter belegen. "Eine Maske bei Infizierten verringert das Risiko einer Weitergabe, eine FFP2-Maske bei Nicht-Infizierten das einer Infektion", sagt Bernd Salzberger.

Weil keine Impfung zu 100 Prozent schützt, legt das RKI weitere Maßnahmen nahe: So sollten vor allem Risikopatienten genügend Abstand zu Personen mit Symptomen einer akuten Atemwegserkrankung halten. Großeltern etwa können den Besuch bei erkrankten Enkelkindern verschieben. Regelmäßiges gründliches Händewaschen kann das Risiko einer Atemwegsinfektion ebenfalls vermindern.

Der tägliche Aufenthalt an frischer Luft, gesunde, vitaminreiche Ernährung und reichlich Flüssigkeit verringern ebenfalls die Ansteckungsgefahr.

Hat die Grippeimpfung Nebenwirkungen?

"Der saisonale Influenza-Impfstoff ist in der Regel gut verträglich", schreibt das RKI. Doch Lokalreaktionen wie leichte Schmerzen, Rötung und Schwellung an der Impfstelle sind nicht ausgeschlossen. Gelegentlich treten auch typische Erkältungssymptome wie Fieber, Frösteln oder Schwitzen, Müdigkeit, Kopf-, Muskel- oder Gliederschmerzen auf.

Meistens klingen diese Beschwerden innerhalb von ein bis zwei Tagen folgenlos wieder ab, so das RKI. Bei Hochdosis-Impfstoffen seien ausgeprägtere lokale Nebenwirkungen möglich. Wird ein Lebendimpfstoff als Nasenspray verabreicht, kann die Nase vorübergehend verstopft sein oder laufen.

Ist es problematisch, sich gleichzeitig gegen Influenza und Covid-19 impfen zu lassen?

Laut Stiko-Empfehlung ist die simultane Impfung möglich. Zwischen Covid-19-Impfungen und der Verabreichung anderer Totimpfstoffe muss kein Impfabstand von 14 Tagen mehr eingehalten werden. Jedoch könnten Impfreaktionen häufiger als bei der getrennten Gabe auftreten. Die Injektion sollte jeweils an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen.

Ärzte in Sachsen können ab dieser Woche angepasste Corona-Impfstoffe bestellen, die zuverlässiger vor den zirkulierenden Virustypen Omikron BA.4 und 5 schützen, sagt der Hausarztchef. Ab Oktober wäre dann also ein Schutz gegen beide Viruserkrankungen möglich.

Müssen Patienten die Impfung selbst zahlen?

Die Kosten einer Grippeimpfung werden bei Personen, für die die Stiko sie empfiehlt, gemäß Schutzimpfungs-Richtlinie in voller Höhe von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) getragen. Teilweise übernehmen die Kassen die Impfkosten auch für weitere Patientengruppen oder sie steuern einen Anteil bei. Im Zweifel ruft man bei der eigenen Kasse an und fragt nach.

"Auch wenn eine medizinische Indikation seitens einer Ärztin oder eines Arztes festgestellt wird, werden die Kosten übernommen", heißt es beim GKV-Spitzenverband. Muss man für den Pieks letztlich selbst aufkommen, berechnen Arztpraxen je nach genutztem Impfstoff und Umfang der Beratung etwa 30 bis 60 Euro. (mit dpa)