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Vitamingummis für Kinder können gefährlich werden

Sie sehen wie Süßes aus, sind aber Nahrungsergänzungsmittel. Ein Marktcheck der Stiftung Warentest bringt erschreckende Ergebnisse.

Von Kornelia Noack
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Die Vorlage für so einige Kinder-Nahrungsergänzungsmittel: Gummibärchen.
Die Vorlage für so einige Kinder-Nahrungsergänzungsmittel: Gummibärchen. © Caroline Seidel/dpa

Fruchtgummis für die Konzentrationsfähigkeit, bunte Drops zur Stärkung des Immunsystems: Jedes zehnte Kind in Deutschland bekommt täglich mindestens ein Nahrungsergänzungsmittel. Besorgte Eltern möchten damit die geistige und körperliche Entwicklung ihres Nachwuchses unterstützen.

„Kinder sind hierzulande in der Regel ausreichend versorgt und brauchen überhaupt keine Nahrungsergänzung“, erklärt Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale NRW. In einem Marktcheck haben die Verbraucherschützer 33 frei verkäufliche Mittel untersucht.

Verwechslungsgefahr mit Süßigkeiten

Ein Kritikpunkt der Verbraucherschützer: Bei vielen Mitteln besteht Verwechslungsgefahr mit Süßigkeiten. Der Großteil der Produkte komme zum Beispiel in Form von Bonbons, Toffees oder Gummibärchen daher – oft in kindgerechten Geschmacksrichtungen wie Himbeere oder Kirsche. Die klassische Kapsel zum Schlucken gab es im Marktcheck nur ein einziges Mal.

Das Problem, das die Verbraucherzentralen darin sehen: Die Kinder verstehen möglicherweise nicht, warum nur ein Bonbon oder Bärchen am Tag erlaubt ist und nehmen über die Nahrungsergänzungsmittel womöglich mehr Vitamine und Mineralstoffe auf, als gut für sie sind.

70 Prozent der Produkte überdosiert

Allerdings kann das auch ohne übermäßiges Naschen passieren. Denn 23 der untersuchten 33 Nahrungsergänzungsmittel für Kinder waren zu hoch dosiert. Heißt: Mindestens ein Vitamin oder Mineralstoff lag über dem Referenzwert der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für Kinder von vier bis sieben Jahren.

Besonders negativ fielen hier die Lutschtabletten Fit+Vital Multivitamin + Calcium sowie die Multivitamin Bärchen-Lutschtabletten von Sunlife auf. Auch bei dem Gel Mulgatol Junior Gelee von Stadavita, dem Naturafit Cocktail für Kids und bei den Kautabletten und dem Direktgranulat von Orthomol junior C plus wurden die Höchstwerte gleich bei verschiedenen Inhaltsstoffen überschritten.

Nur ein Produkt ohne Beanstandung

Fast 40 Prozent der getesteten Produkte überschritten sogar die vom Bundesinstitut für Risikobewertung empfohlenen Höchstmengen für die tägliche Zufuhr an Vitaminen und Mineralstoffen aus Nahrungsergänzungsmitteln. Das sei besonders kritisch, da diese Höchstmengen für Personen ab 15 Jahren vorgesehen sind, heißt es in dem Bericht. Nur ein Produkt blieb ohne Beanstandung – die Immun Power Paws in Gummibärchen-Form von Beautybears.

Das Motto „Viel hilft viel“ gilt bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht. Viele Menschen wissen nicht, dass es gefährliche Überdosierungen geben kann. Gerade bei fettlöslichen Vitaminen wie A und D sei Vorsicht geboten, weil diese sich im Körper anreichern und somit Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit sowie Muskelschmerzen verursachen können.

Bunter Mix an Mikronährstoffen

Außerdem enthielten die überprüften Produkte scheinbar willkürliche Variationen an Mikronährstoffen, darunter die Vitamine C, D und E sowie B1, B2, B6 und B12, aber auch Folsäure, Biotin, A/Beta-Carotin und Calcium. Ebenso habe man Selen, Zink, Magnesium, Eisen, Mangan, Jod und Chrom gefunden, erklärt Schuldzinski. Diese Anreicherung erscheine beliebig und konzeptlos.

Das Problem: Die Mittel gelten vor dem Gesetz als Lebensmittel und nicht als Medikament. Deshalb müssen sie kein Zulassungsverfahren durchlaufen, sondern nur beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angezeigt werden, bevor sie in Verkehr gebracht werden.