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Görlitz: Lebensmittelhändler in der Altstadt hört auf

Hendrik Förster führt seine Läden in Bernstadt und Herrnhut weiter, aber am Obermarkt/Ecke Steinstraße in Görlitz hört er am 30. April auf. Findet sich bis dahin ein Nachfolger?

Von Ingo Kramer
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Hendrik Förster will seinen „City-Shop Förster“ am Obermarkt/Ecke Steinstraße in Görlitz nur noch bis 30. April betreiben.
Hendrik Förster will seinen „City-Shop Förster“ am Obermarkt/Ecke Steinstraße in Görlitz nur noch bis 30. April betreiben. © Martin Schneider

Die vielen Stammkunden werden ihn vermissen: Nur noch bis 30. April will Hendrik Förster seinen „City-Shop Förster“ am Obermarkt/Ecke Steinstraße in Görlitz führen. Das Lebensmittelgeschäft ist eine Institution in der Görlitzer Altstadt: Seit Jahrzehnten hält es sich in dem Eckhaus – trotz der Konkurrenz der Supermärkte. „Der Laden ist rentabel“, stellt Förster klar.

Hendrik Förster bietet in seinem Geschäft auch frisches Obst und Gemüse an.
Hendrik Förster bietet in seinem Geschäft auch frisches Obst und Gemüse an. © Martin Schneider

Dass er ihn trotzdem abgeben will, habe andere Gründe. „Ich bin voriges Jahr 60 Jahre alt geworden“, erklärt der Chef. Da sei es langsam an der Zeit, „den geordneten Rückzug anzutreten“. Mit anderen Worten: Förster lebt in Bernstadt und betreibt in Bernstadt und Herrnhut zwei weitere Läden, außerdem ist er ehrenamtlich im Prüfungsausschuss der IHK Dresden tätig. Das wird ihm nun langsam zu viel. Deshalb will er den Laden abgeben, der am weitesten von seinem Zuhause entfernt ist – und das ist nun einmal Görlitz.

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Die Läden in Bernstadt und Herrnhut hingegen will er weiterhin betreiben, „so lange es Spaß macht, die Rahmenbedingungen stimmen und es gesundheitlich geht“. Beim Prüfungsausschuss der IHK will er sich künftig sogar mehr einbringen als bisher: „Die Jugend und deren Ausbildung sind mir wichtig.“ Er arbeite auch mit Bildungsträgern zusammen, hatte am Obermarkt immer mal wieder junge Praktikanten – zusätzlich zu den insgesamt fünf Mitarbeitern, die in Teilzeit in dem Lebensmittelgeschäft tätig sind.

Da er das Geschäft aufgibt, hat er den fünf Mitarbeitern zum 1. Mai gekündigt. Doch er hofft, dass sie nicht wirklich arbeitslos werden, sondern dass ein Nachfolger zum 2. Mai übernimmt. Försters Favorit dafür ist Steven Pradel – einer der fünf Mitarbeiter: „Er hat eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung, ist eingearbeitet, kennt die Kunden und das Bestellsystem.“ Außerdem lebt er in Görlitz. Pradel würde sich gern mit dem Laden selbstständig machen. Dafür gebe es verschiedene Förderprogramme, bei denen er Geld beantragt hat, erklärt Förster: „Ich hoffe, dass er die Förderung bekommt, aber die Entscheidung liegt bei anderen.“

Es gibt noch weitere Interessenten

Sollte es nicht klappen, würde Förster mit anderen potenziellen Nachfolgern verhandeln. Zwei weitere Interessenten gebe es aktuell. Alles in allem ist er optimistisch, dass es am Ende eine Lösung geben wird. Falls nicht, müsste er den Monat Mai nutzen, um den Laden auszuräumen.

Förster betreibt das Geschäft seit 1. April 2012, doch es existiert schon viel länger – bis 2012 unter dem Namen „Edeka Weiß“. Auch damals war es ein Lebensmittelgeschäft mit fünf Mitarbeitern in Teilzeit. Förster arbeitet nicht mit Edeka zusammen. Stattdessen bezieht er die Waren für seine drei Läden von der Handelsgesellschaft Bartels-Langness mit den Zentrallagern in Neumünster und Wittenhagen bei Stralsund. „Als freier Händler kann ich aber auch anderswo Waren einkaufen“, sagt er. Das nutzt er – und bietet auch regionale Produkte an, beispielsweise Gurken und Tomaten aus Tauchritz. Seit dem Jahr 2020 befindet sich in dem kleinen Laden zudem eine Postfiliale. Diese wird von privaten Kunden und Firmen genutzt.

Was ihn ebenfalls von anderen Läden unterscheidet: Er bietet einen Lieferservice an. Jeden Dienstag und Donnerstag steuert er fünf bis zehn Kunden am Tag an, die ihre Waren vorher telefonisch bestellt haben. Eine Frau in Hagenwerder kann er beliefern, weil sie auf dem Weg zwischen Görlitz und Bernstadt lebt. Alle anderen Kunden, die den Lieferservice nutzen, wohnen im Anderthalb-Kilometer-Umkreis um das Geschäft am Obermarkt. Zum Großteil sind es ältere Menschen und Single-Haushalte. Sollte Steven Pradel den Laden übernehmen, würde der Lieferservice weiterlaufen wie bisher: Dann würde Pradel die Waren ausfahren. Neben Touristen im Sommerhalbjahr sind es ohnehin vor allem Stammkunden, von denen der Laden lebt – und die sich wünschen, dass es ab Mai mit einem neuen Chef weitergeht.