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Junge Idee für Görlitz: Ein Treffpunkt für Schmuddelwetter

Im Uferpark steht der Prototyp für einen Unterstand. Jugendliche vom A-Team haben ihn gebaut. Auch die Boulespieler und viele andere nutzen ihn. Allerdings bleibt er nicht lange.

Von Ingo Kramer
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Lucas Kretschmer, Valentin Melzer und Emil Melzer (v. l.) haben mit weiteren Mitstreitern vom A-Team den neuen Unterstand im Uferpark gebaut.
Lucas Kretschmer, Valentin Melzer und Emil Melzer (v. l.) haben mit weiteren Mitstreitern vom A-Team den neuen Unterstand im Uferpark gebaut. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Den Boulespielern ist es als Erstes aufgefallen: Seit zweieinhalb Wochen steht im Görlitzer Uferpark ein neuer Unterstand – direkt neben der Fläche, an der die fünf bis zwölf Spieler im Alter zwischen 30 und 85 Jahren sich viermal pro Woche treffen. „Die Stadt hat uns vorher gefragt, ob uns so ein Unterstand stören würde“, sagt Michael, einer der Männer. Und der 61-Jährige stellt klar: „Natürlich stört er uns nicht, das ist doch eine Bereicherung.“

Michael (61) gehört zu den Boulespielern, die sich viermal pro Woche im Uferpark treffen und sich über den neuen Unterstand freuen, den das A-Team gebaut hat.
Michael (61) gehört zu den Boulespielern, die sich viermal pro Woche im Uferpark treffen und sich über den neuen Unterstand freuen, den das A-Team gebaut hat. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Und tatsächlich: Seit der Unterstand da ist, wird er genutzt. „Wir haben zwar hier auch unsere zwei Bänke“, sagt Michael, „aber wenn es regnet, gehen wir in den Unterstand.“ Ein älterer Mitspieler beklagt, dass keine Toilette dabei ist: „Die fehlt uns hier schon seit Jahren.“ Aber die Stadt habe gesagt, das sei nicht finanzierbar.

Den Unterstand hingegen hat nicht die Stadt bezahlt, sondern er kommt vom A-Team, einer Gruppe von Görlitzer Jugendlichen, die sich unter dem Dach des Second-Attempt-Vereins in der Rabryka trifft und sich dafür engagiert, dass Jugendliche in der Stadt eine Stimme haben. Rund 1.000 Euro hat der Unterstand gekostet – inklusive Material, Transport und Workshopleiter. Den Großteil der Kosten hat das Bundesprojekt „Demokratie leben“ übernommen.

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Die Idee entstand schon im Januar, erklärt der 19-jährige Valentin Melzer: „Wir haben überlegt, was wir das Jahr über anstellen.“ So sei die Idee eines überdachten Treffpunktes entstanden. Aus Sicht der Jugendlichen gibt es zu wenige Möglichkeiten in der Stadt, um sich bei schlechtem Wetter irgendwo zu treffen.

Bei zwei Umfragen unter Jugendlichen – einmal auf der Straße und einmal beim Fokus Festival – kamen schnell 130 Unterstützer-Unterschriften von anderen Jugendlichen zusammen. „Da wussten wir, dass andere das auch wollen“, sagt Valentin.

Bundesfreiwilligendienst geleistet

Er hat bis zum Sommer seinen Bundesfreiwilligendienst in der Rabryka gemacht, inzwischen hat sein 18-jähriger Bruder Emil die Stelle übernommen und sich auch um den Treffpunkt engagiert. „In unserer Umfrage lag der Uferpark als Standort für den Treffpunkt vorn“, sagt Emil. Andere Optionen seien der Stadtpark, aber auch der Demianiplatz gewesen.

Robert Gröschel, der das A-Team betreut, holte bei der Stadt die Genehmigung für eine vierwöchige Aufstellzeit ein. Der Dresdener Künstler Sandro Berneis gab Tipps, wie so ein Unterstand gebaut werden könnte. Mitte Oktober griffen die Jugendlichen zusammen mit dem Künstler an einem Wochenende in der offenen Holzwerkstatt der Rabryka zu Hammer und Säge. Schon am Montag darauf haben sechs Jugendliche den Unterstand zusammen mit ihren beiden Betreuern und dem Künstler im Uferpark aufgebaut.

So sieht der Unterstand aus. Drinnen gibt es neben Sitzbänken und einem Tisch auch einen Briefkasten für Verbesserungsvorschläge und Anregungen.
So sieht der Unterstand aus. Drinnen gibt es neben Sitzbänken und einem Tisch auch einen Briefkasten für Verbesserungsvorschläge und Anregungen. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Im Wesentlichen besteht er aus Holz und Wellplaste, es gibt Sitzbänke und einen Tisch, dazu Aschenbecher und einen Briefkasten, in den Nutzer Verbesserungsvorschläge einwerfen können. „Der Briefkasten wird gut genutzt“, sagt Robert Gröschel: „Gewünscht werden unter anderem Seitenwände und Dachrinnen für Regentage, aber auch Toiletten.“ Gelobt worden sei unter anderem, dass große Kinderwagen und Rollstühle in den Unterstand passen.

Keinerlei Vandalismusschäden

Die Jugendlichen vom A-Team freuen sich, dass er so gut von Jung und Alt angenommen wird, dass viele Rückmeldungen eingehen – und, dass es keine Vandalismusschäden gibt und der Unterstand nicht vermüllt ist. „Das spricht dafür, dass er positiv angenommen wird“, sagt Robert Gröschel.

Auch Rathaussprecherin Annegret Oberndorfer sieht das Thema positiv: „Mit dem A-Team der Rabryka sind wir seit längerer Zeit zum Thema ,Jugendtreffpunkte im öffentlichen Raum‘ in Kontakt“, sagt sie. Was jetzt für vier Wochen im Uferpark steht, sei die Erprobungsphase für einen Prototyp. „Ob die Erprobungsphase an dieser oder anderer Stelle fortgesetzt wird, werden die gemeinsamen Erfahrungen zeigen.“

Die Jugendlichen sind derweil schon am Überlegen, was sie künftig besser machen könnten. Emil wünscht sich den Unterstand größer und regensicherer, Valentin hätte am liebsten mehrere solcher Treffpunkte im ganzen Stadtgebiet, andere Jugendliche würden den Unterstand gern mit Pflanzen beranken lassen.

Vielleicht werden sie auch den Hinweis eines 51-Jährigen beachten. Wie er den Organisatoren schrieb, feierte er zu fünft seinen Geburtstag in dem Unterstand. „Er gibt ein Gefühl von Offenheit", lobte er, um gleich hinzuzufügen: "Aber bei Regen und Wind ist er nicht gut geeignet“.

Hinweis: Am 13. November, von 15 bis 16.30 Uhr, sind alle Interessierten sowie Politik und Verwaltung zu einem Auswertungstreffen in den Uferpark eingeladen. Dann soll darüber gesprochen werden, wie es lief und wie es weitergehen könnte. Anschließend wird der Prototyp am 15. November erst einmal abgebaut.