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Görlitz: Junger Mann verkauft jetzt bei Brillen.de Nasenfahrräder statt Autos

Der Optik-Discounter hat wieder eröffnet. Der neue Filialleiter ist Quereinsteiger. Das Ladenkonzept sieht vor, dass beim Brillenkauf vieles digital abläuft.

Von Marc Hörcher
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Nick Kempe ist neuer Filialleiter des Optikers brillen.de am Otto-Buchwitz-Platz in Görlitz.
Nick Kempe ist neuer Filialleiter des Optikers brillen.de am Otto-Buchwitz-Platz in Görlitz. © Martin Schneider

Rund ein Jahr lang war die Görlitzer Filiale von Brillen.de am Otto-Buchwitz-Platz geschlossen. Vor einigen Tagen hat sie wieder eröffnet - und schon ist die Nachfrage der Kunden wieder groß. Der neue Inhaber Nick Kempe sitzt zufrieden vor einem Laptop mit dem vollen Terminkalender. Etwa "zwölf Termine am Tag plus Laufkundschaft" seien es, sagt er. Der 21-Jährige stammt aus Rennersdorf und ist eigentlich gelernter Automobilkaufmann. Er absolvierte zuvor bei einem Görlitzer Autohaus seine Ausbildung zum Verkäufer und war dort ein Jahr lang als Service-Mitarbeiter tätig. Die Stelle bei der Optiker-Kette reizte ihn, weil er etwas Neues ausprobieren wollte. "Ich arbeite gerne für mich allein, so habe ich die Kontrolle und bin selbstbestimmter", sagt er.

Kempe ist als Filialleiter momentan der einzige Mitarbeiter vor Ort. Ob sich das ändert oder ob er noch einen weiteren Angestellten bekommt, hängt davon ab, ob der Ansturm dauerhaft so groß bleibt. Mit dem Konzept spart das Unternehmen Kosten ein und kann Brillen und Fassungen zu Discounter-Preisen anbieten. Möglich wird das, weil bei Brillen.de vieles digital läuft. Online einen Termin in der Filiale zu buchen ist gewünscht. Vor Ort wird der Kunde über ein Tablet online in das System eingecheckt. Vermessen der Augen und Sehtest laufen im Prinzip wie bei anderen Optikern auch. Allerdings sitzt der Optiker nicht mit im Raum, sondern ist per Webcam aus einem Homeoffice zugeschaltet. Das Brillenmodell kann der Kunde dann ganz real in der Filiale anprobieren, dann wird es bestellt, geliefert und im Laden abgeholt.

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Dadurch bedarf es in der Filiale nicht unbedingt eines Optikers oder eines Optikermeisters. Quereinsteiger wie Kempe sind bei Brillen.de nichts Ungewöhnliches. In seinen Jobausschreibungen wirbt die SuperVista AG, das Unternehmen dahinter mit Hauptsitz in Königs Wusterhausen, sogar ausdrücklich dafür. Kempe erhielt zur Einarbeitung Schulungen in Leipzig und in einer anderen Filiale in Dresden. 17 Leute seien in seinem Kurs gewesen, allesamt neu in der Branche - "vom Einzelhändler bis zum Maurer", berichtet er. Bei seiner Vorgängerin war das anders, die war tatsächlich gelernte Augenoptikermeisterin. Sie zog der Liebe wegen nach Görlitz, betrieb den Laden etwa ein Jahr lang und zog dann wieder zurück nach Baden-Württemberg, bedingt durch einen Wechsel der Arbeitsstelle des Ehemannes.

Die Neueröffnung von Brillen.de ging nun doch schneller als gedacht, angekündigt hatte sie das Unternehmen für August oder September. Die Kunden der Kette dürfte das freuen, auch weil sie defekte Brillen wieder vor Ort reklamieren können. Während der Schließphase mussten sie dafür extra nach Dresden oder Hoyerswerda fahren, zu den nächstgelegenen Filialen.

Optiker-Branche kämpft mit Fachkräftemangel

Mitbewerber hingegen dürften das Konzept mit den niedrigen Preisen und den fachfremden Mitarbeitern kritisch beäugen. Denn die Branche kämpft mit Fachkräftemangel. Der Arbeitsmarkt für Optiker ist laut einer Statistik des Zentralverbands der Augenoptiker auf sehr niedrigem Niveau. Etwa 1.000 offene Stellen unter Augenoptikern gab es im Dezember. Demgegenüber stehen bundesweit etwa 550 Augenoptiker, die arbeitslos gemeldet sind und etwa 1.020 Arbeitsuchende. Im Kreis Görlitz fehlt es vor allem an Auszubildenden. Zuletzt waren der Arbeitsagentur vier offene Azubi-Stellen gemeldet und nur wenige Bewerber mit Wunschberuf in der Augenoptik. Augenoptiker ist ein dreijähriger anerkannter Ausbildungsberuf im Handwerk.