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Görlitz: Von hier fliegt der Dartpfeil auf andere Kontinente

Der Dart-Hype in und um Görlitz lebt - in Vereinen und Kneipen. Im City-Center gibt es eine Internet-Dartscheibe, bei Lucie Schulte bald ein zweitägiges Turnier.

Von Marc Hörcher
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Auszubildende Ellen Kossowska (links) und Bowlingcenter-Inhaber Norbert Hauffe stehen vor der Internet-Dartscheibe im City-Center.
Auszubildende Ellen Kossowska (links) und Bowlingcenter-Inhaber Norbert Hauffe stehen vor der Internet-Dartscheibe im City-Center. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

An dieser Dartscheibe fliegt der Pfeil einmal um die Welt. Bis nach Afrika, wenn man möchte, erklärt Norbert Hauffe, Betreiber des Lokals „City Bowling“ im Görlitzer City-Center. Bei ihm können Gäste nicht nur die namensgebende Bowlingbahn nutzen, auch Billard darf hier gezockt werden - und eben Dart. Der moderne Automat der Firma „Radikal Darts“ ist eine der neuesten Errungenschaften, schildert Hauffe stolz.

Schon optisch sticht das Gerät hervor zwischen den beiden klassischen Automaten, die rechts und links davon stehen - höher, sichtlich moderner und mittels Touchscreen zu bedienen. Per W-Lan ist „Radikal Darts“ an die große weite Welt angeschlossen - zumindest theoretisch, die Anschlüsse müssen noch gelegt werden. Aber wenn, dann kann es losgehen: Einloggen, Gegner irgendwo auf der Welt auswählen, losspielen. Geworfen wird ganz konventionell mit Pfeilen auf eine Dartscheibe. Der Punktestand wird durchs Internet gejagt und mit dem des Kontrahenten, der anderswo spielt, verglichen. Norbert Hauffe hofft darauf, dass die moderne Spielerei gut ankommt, weiß allerdings auch: „Die Görlitzer sind eher traditionell eingestellt.“ Ein bisschen werde es wohl noch dauern, bis sich das Internet-Dart etabliere. Immer mal wieder treffen sich bei ihm auch Vereins-Spieler.

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Drei feste Treffpunkte gibt es in Görlitz für Dartspieler. Neben dem City-Center fliegen noch bei Baumis Eck auf der Krölstraße sowie im Gasthaus Zum Berzdorfer See auf der Paul-Mühsam-Straße regelmäßig die Pfeile. Im Irish Pub auf der Hospitalstraße stand jahrelang ein Automat, mittlerweile aber nicht mehr. Inhaber Gerd Lehmann hat die Miete für das Gerät gekündigt - zum einen war es ein Platzproblem, den Gästen sollten schließlich keine Pfeile um die Ohren fliegen. Zum anderen sei auch die Resonanz nicht mehr allzu groß gewesen.

Gleichwohl: Der Dart-Hype lebt - in ganz Deutschland. Und auch in der Oberlausitz gibt es Mannschaften und einen lebendigen Ligabetrieb, eine „Oberlausitzer Dartliga“ und eine „Lausitzer Dartliga“. Gespielt wird in drei Spielklassen (Liga A-C), diese Klassen sind in Staffeln unterteilt. In der Regel erfolgt der Einstieg in der Liga C. Eine der jüngsten Neugründungen ist der Club „Soko Dart“ in Sohland. Einer der beiden Mannschaftskapitäne ist Erik Kotteck. Er sagt: Gerade zum Jahresende, wenn die Weltmeisterschaft über die Fernsehbildschirme flimmert, sei die Nachfrage recht hoch.

Vor einem Jahr haben Kotteck und seine Mitstreiter den Club gegründet, in der ehemaligen Hausarztpraxis im Sohländer Schloss Mittelhof. Die Dart-Kultur in den Kneipen im ländlichen Bereich sei nicht mehr so etabliert wie früher mal, sagt er. Der Weg nach Görlitz war den Hobby-Sportlern zu weit, zumal der Fahrer dann auf sein „Zielwasser“-Bier verzichten muss - und oft seien sie auch die vierte Mannschaft in einer Kneipe gewesen. Optimal seien drei, damit die Wartezeiten nicht zu lang sind. Also musste mehr Platz her - deswegen das eigene Vereinsheim, in dem auch überregionale Turniere abgehalten werden.

Nerven behalten ist wichtig

Acht Leute sind feste Mitglieder beim „Soko Dart“. Und sie meinen es bei allem Spaß an der Freude schon ernst mit ihrem sportlichen Ehrgeiz für dieses Hobby. Trainiert wird dienstags und donnerstags, gespielt jedes Wochenende, der Club nimmt an Wettbewerben in beiden Ligen teil. Und „wir steigen aktuell immer wieder auf“, sagt der Kapitän. Ihr Ziel ist die A-Liga, wir „wollen bei den ganz Großen mitspielen“. Fast jedes der Club-Mitglieder habe zudem einen eigenen Dart-Automaten zu Hause im Keller stehen. Der Anspruch des Clubs bleibt professionell, Anfänger sind natürlich trotzdem gerne gesehen und melden sich auch immer mal wieder. Kotteck selbst spielt erst seit zwei Jahren. Man müsse das schon im Blut haben, sagt er - und vor allem: die Nerven behalten. „Zu Hause spiele ich ein Dart, das glaubt mir keiner“, sagt er. Auswärts von Angesicht zu Angesicht „mit einem Spieler, von dem er weiß, dass der wirklich gut ist“ gelte es dann eine ruhige Hand zu behalten. Von den modernen „Radikal Darts“-Automaten hat er gehört, aber seine Mannschaft spielt nur auf Automaten der Firma Löwendart. Für den Ligabetrieb ist das nämlich streng vorgeschrieben.

Ebenfalls etwas vom Dart-Hype-Kuchen abhaben möchte jetzt Bernd Schade, Inhaber des Görlitzer Nobelrestaurants „Lucie Schulte“ am Untermarkt. Er veranstaltet am 18. und 19. März jeweils ab 17 Uhr das erste „Lucie Schulte Görlitz Dart Open“. Gegen eine Startgebühr wird dort um Preisgeld gespielt. Er selbst sei Dart-Fan, verfolge begeistert die Spielberichterstattung. Beim Dart gebe es kein Vertun: Keinen Wertungsrichter, keine Haltungsnoten, keinen Wind, der stört oder als Ausrede gewertet werden kann. Nur der Pfeil, der steckt oder eben nicht. Das fasziniere ihn, sagt Schade - sowie die Möglichkeit, den Kopf auszuschalten und an Herz und Bauchgefühl zu appellieren.

Geworfen wird bei „Lucie Schulte“ auf zwei Steeldart-Scheiben, ohne Automaten, vermutlich in Gruppen - oder sonst im K.-o.-System, falls sich noch weitere Mitspieler anmelden. Bleibt die Frage, wie passt der Kneipensport Dart in die gehobene Gastronomie? Schade sieht das ganz locker. Der Sport sei längst den Kneipen entwachsen, habe eine breite Fangemeinde und solche Klischees sind ihm ohnehin nicht wahnsinnig wichtig. Gäste müssen während seines Turniers übrigens keine Angst haben, gestört zu werden. Gespielt wird im Wein-Souterrain, der Restaurant-Betrieb läuft parallel weiter.