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Wer kennt „Willi“?

Ein verängstigter Hund irrte durch Reichenbach, eine Familie nahm ihn vorerst auf. Die Suche nach seinem Besitzer läuft seit Tagen.

Von Constanze Junghanß
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Willi fühlt sich bei seiner Pflegefamilie in Reichenbach wohl, aber wem gehört der Hund eigentlich?
Willi fühlt sich bei seiner Pflegefamilie in Reichenbach wohl, aber wem gehört der Hund eigentlich? © Constanze Junghanß

Der drollige Dackelverschnitt begrüßt Besuch schwanzwedelnd fröhlich. Eine Runde Streicheleinheiten werden eingefordert. Nach Kraulen von Rücken und Bauch geht's ab ins Körbchen. Futter gab es bereits. Feierabend. Dabei gehört „Willi“ – wie ihn seine Finder jetzt erst einmal genannt haben – gar nicht in die zum Hundeschlafplatz umfunktionierte Wohnzimmerecke der Familie.

Wie lange der schlappohrige kleine Kerl durch Reichenbach irrte, bevor er von Doreen Böhme und Tochter Hannah gerettet wurde, weiß niemand.

Ängstlich wirkte der Hund, als sie ihn am Sonnabend entdeckten, erzählt Doreen Böhme. Von einem Besitzer weit und breit sei nichts zu sehen gewesen. Sie und ihr Mädchen bemerkten am Sonnabend in der Nähe der Oberschule ein Jaulen und Bellen. Der verunsicherte Vierbeiner suchte offenbar die geparkten Autos ab, lief kopflos hin und her. Daneben die Straße. Was, wenn das Tier in seiner Panik vor eins der Fahrzeuge rennt? „Der Hund hatte kein Halsband um“, berichten die Zwei. Und die Stadtverwaltung ist am Wochenende nicht zu erreichen. Was also auf die Schnelle tun?

Doreen Böhme und ihr Lebenspartner Norbert Krause sind selbst Hundebesitzer. Ihren Mischling holten sie vor längerer Zeit aus dem Zentendorfer Hundekindergarten. Mit Futter und dem eigenen Vierbeiner an der Leine lockten sie das verunsicherte Fundtier, das so Vertrauen fasste. Doch wohin nun mit „Willi“?

Doreen Böhme und die zehnjährige Hannah haben den Rüden von der Straße gerettet und ihm vorerst ein Dach über dem Kopf gegeben, damit der Hund nicht ins Tierheim muss. Mit den Behörden ist das abgestimmt.
Doreen Böhme und die zehnjährige Hannah haben den Rüden von der Straße gerettet und ihm vorerst ein Dach über dem Kopf gegeben, damit der Hund nicht ins Tierheim muss. Mit den Behörden ist das abgestimmt. © Constanze Junghanß
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Auf der Straße konnte er nicht bleiben. Viel zu gefährlich. Kurzerhand entschied der Familienrat, den Hund erst einmal mit nach Hause zu nehmen und das Tierheim in Bischdorf zu informieren. Dort gibt es ein Lesegerät zum Auslesen eines möglichen Chips. Vermittelt Bischdorf eigene Hunde, werden diese immer gechippt und registriert. Auch die Tierärzte haben solche Lesegeräte, um im Falle des Falles Fundtiere den eigentlichen Besitzern zuzuordnen.

Tierheimleiterin Ramona Rude fand bei „Willi“ allerdings keinen Chip, wie sie bedauert. Damit der Kleine mit dem hellen Fleck auf der Nasenspitze nicht im Tierheim bleiben muss, nahmen ihn die Reichenbacher, die vor einem Jahr aus Görlitz in die Kleinstadt zogen, vorübergehend in Pflege. Er muss auch tagsüber nicht allein bleiben. „Willi“ darf vorerst und wie ihr eigener Hund mit ins Büro auf die Arbeitsstelle in Görlitz.

Dass den Mischling mit dem dackelähnlichen Aussehen allerdings niemand zu vermissen scheint, wundert Krause und seine Partnerin sehr. Ein Hund, der irgendwo fehlt – das müsse doch auffallen. Und auch die Frage steht im Raum, ob der etwa ein- bis zweijährige Rüde ausgesetzt wurde. Oder vielleicht war er tagelang von einem weit entferntem Ort unterwegs? Nicht, dass dem Besitzer etwas zugestoßen ist?

Bisher brachten die Suchaufrufe nach „Willis“ rechtmäßigem Eigentümer keinen Erfolg. Auf Facebook teilten den Aufruf mittlerweile mehr als 330 Tierfreunde. Keine einzige Rückmeldung bisher, kein einziger Hinweis. Ungewöhnlich eigentlich, wie auch Tierheimleiterin Ramona Rude bestätigt. Denn oft ist es genau andersrum. Über Facebookgruppen wie „Freunde denen Tierheim Bischdorf gefällt“ oder „Tiere Lost and Found Görlitz“ werden vor allem entlaufene und verschwundene Katzen, aber auch manchmal ausgebüxte Hunde gesucht.

Das Ordnungsamt der Stadt Reichenbach wurde mittlerweile von den Findern informiert, hat die Suche mit auf dem Schirm. Dort soll sich auch der Besitzer melden oder all jene, die Näheres wissen. Doch auch beim Ordnungsamt ging bislang nichts ein.

Derweil wird der Fundhund in Reichenbach von seiner Gastfamilie ordentlich verwöhnt, bekommt viele Streicheleinheiten, wird aufgepäppelt und zum Spaziergang zweimal täglich ausgeführt. Falls sich kein Besitzer beim Ordnungsamt oder dem Tierheim meldet, steht noch nicht fest, wie es mit dem jungen Hund weitergeht. Nach Angaben von Tierheimchefin Ramona Rude hat der Eigentümer sechs Monate Zeit, sich zu melden.

Information: Wer Angaben machen kann oder Hinweise zu dem Hund hat, meldet diese bitte beim Ordnungsamt der Stadt Reichenbach. Telefon 035828/74323