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So kamen die Lettern an die Alte Synagoge in Görlitz

Ostritzer Spezialisten brachten sie am Dienstag an. Die Firma ist im gesamten deutschsprachigen Raum gefragt. Ihre Arbeit ist auch in halb Görlitz zu sehen.

Von Ingo Kramer
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So sieht die Alte Synagoge jetzt aus. Die hebräischen Fassaden-Lettern wurden in zwölf Metern Höhe über einem Rundfenster angebracht.
So sieht die Alte Synagoge jetzt aus. Die hebräischen Fassaden-Lettern wurden in zwölf Metern Höhe über einem Rundfenster angebracht. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Noch sind sie unter einer ukrainischen Fahne verhüllt, aber an diesem Mittwoch werden sie feierlich enthüllt: Die hebräischen Fassaden-Lettern an der Alten Synagoge auf der Langenstraße in Görlitz. Künftig ziert das Zitat „Baut mir ein Haus und ich werde darin wohnen“ die Gebäudefassade – so wie schon einmal ab 1869.

Letzter Check in der Höhe: Holger Schulze, Inhaber der Firma DS-Werbung aus Ostritz überprüft noch einmal, ob alles fest ist.
Letzter Check in der Höhe: Holger Schulze, Inhaber der Firma DS-Werbung aus Ostritz überprüft noch einmal, ob alles fest ist. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Dass die lange verschwundenen Lettern an die Fassade zurückkehren, ist Hausherr Rainer Michael und der Ostritzer Firma DS-Werbung zu verdanken. Letztere hat die Neuanfertigung am Dienstag montiert – nach vierjähriger Vorbereitung.

„Das war für uns ein besonderer Auftrag, denn es war die erste hebräische Schrift, die wir je gezeichnet haben“, sagt Holger Schulze. Der 59-jährige Ur-Ostritzer gründete die Firma 1990 und leitet sie seither. Schulze hat 1979 in Görlitz Dekorationsmaler gelernt und sich von 1990 bis 1993 zum Schilder- und Lichtreklameherstellermeister weiterqualifiziert. In seiner Firma beschäftigt er zwei weitere Spezialisten: Den Silberschmiedemeister Marius Küttner und den Informatiker und Lichtreklamehersteller Matthias Frohne. Zu dritt haben sie ihre Nische gefunden: Bauhistorische Schriften, vor allem für Fassaden. Zu rund zwei Dritteln sind diese beleuchtet, der Rest – so auch an der Alten Synagoge – kommt ohne Licht aus.

Alles aus Messing und Kupfer

„Alle Schriften sind zu 100 Prozent Handarbeit“, sagt Schulze stolz. Verwendet wird Messing, oder – wie an der Alten Synagoge – Kupfer. Manches wird auch vergoldet. „Eine Lage Blattgold hält vom Abwittern her 25 Jahre“, sagt der Chef. Das heißt, je nach Wünschen seiner Auftraggeber bringt er oft zwei oder vier Lagen auf, damit es 50 oder 100 Jahre gold glänzt. „Bei Turmspitzen, an die man später nicht mehr herankommt, arbeiten wir auch achtlagig, damit es 200 Jahre hält“, erklärt er.

Das ist der fertige Schriftzug mit den hebräischen Buchstaben an der Alten Synagoge auf der Langenstraße in Görlitz.
Das ist der fertige Schriftzug mit den hebräischen Buchstaben an der Alten Synagoge auf der Langenstraße in Görlitz. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Das alles ist extrem aufwendig – von der ersten Zeichnung über die Anfertigung bis zum Anbringen an der Fassade. Ein Auftrag wie der an der Alten Synagoge kann da schnell 4.000 Euro kosten, sagt Schulze: „Aber die Turmspitze in Forchtenberg, an der wir gerade arbeiten, kostet wegen der ganzen Voruntersuchungen, die das Denkmalamt verlangt, 12.000 Euro.“

Mundpropaganda und Fachmessen

Trotz der Preise: Werbung musste Schulze nie machen. Er setzt einerseits auf Mundpropaganda, andererseits auf all die Fachmessen, bei denen er sich zwischen Leipzig, Wien, Salzburg, Basel und Utrecht präsentiert. „Für uns reicht es, wenn ich auf einer solchen Messe zwei Architekten kennenlerne, die uns im Jahr je zwei bis drei Aufträge bringen“, sagt er.

Ihre Aufträge bekommt die Firma zur Hälfte in der hiesigen Region, zur anderen Hälfte im gesamten deutschsprachigen Raum. Allein, wenn Schulze in Görlitz gedanklich den Weg vom Postplatz bis zum Nikolaiturm abschreitet, fallen ihm zig Schriftzüge ein, die seine Mitarbeiter und er gefertigt und angebracht haben: Peperoni, Vias, V&R-Bank, Pizzeria Capri, Schwibbogen, Frenzelhof, Emmerich, Börse, Lucie Schulte, Jugendherberge, Café Oriental, Hotel Paul Otto. Anderenorts sind die Aufträge teilweise noch viel größer. In Berlin-Tegel etwa haben die Männer 16 kippbare Masten auf dem Hochhausdach einer Privatklinik aufgestellt und anschließend große Lichtwerbung aufs Dach gebracht. Auch aus der Schweiz erhalten sie viele Aufträge.

Bis zur feierlichen Enthüllung am Mittwoch bleiben die Lettern noch unter Stoff verhüllt.
Bis zur feierlichen Enthüllung am Mittwoch bleiben die Lettern noch unter Stoff verhüllt. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Das jüngste Werk auf der Alten Synagoge erhält am Mittwoch viel Aufmerksamkeit: Zur feierlichen Enthüllung um 14 Uhr kommt auch Marcin Król, der neue Konsul der Republik Polen in Berlin.