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Kreis Görlitz: Gibt es geheime Wolfsjagden in den Königshainer Bergen?

Drei Wölfe sind binnen weniger Wochen in Weißenberg, Waldhufen und Kodersdorf tot aufgefunden worden. Mindestens ein Tier wurde illegal getötet.

Von Constanze Junghanß
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Diese Wölfe leben geschützt in einem Wildpark in Brandenburg. Im Gebiet des Rudels Königshainer Berge wurden innerhalb weniger Wochen tote Wölfe entdeckt.
Diese Wölfe leben geschützt in einem Wildpark in Brandenburg. Im Gebiet des Rudels Königshainer Berge wurden innerhalb weniger Wochen tote Wölfe entdeckt. ©  Archivbild: dpa/Patrick Pleul

Die Ansiedlung des Wolfs im Kreisgebiet ist umstritten. Das Thema kocht vor allem dann hoch, wenn sich Risse von Nutztieren häufen, aber auch wenn tote Wölfe entdeckt werden. Die Wut ist oft auf beiden Seiten groß, wie in Beiträgen in den sozialen Netzwerken deutlich wird.

Am meisten betroffen von Nutztierrissen sind im Kreisgebiet die Schafhalter. Zuletzt starben im Januar 2024 acht Schafe bei drei Wolfsangriffen in Reichenbach, vier Schafe wurden dabei verletzt, zwei sind verschwunden. Trotz vorhandenem Elektrozaun stellten die Rissbegutachter bei zwei dieser Vorfälle in Reichenbach fest, dass der erforderliche Mindestschutz nicht ausreichend gewesen sei. Kritiker des Wolfes fordern schon länger den Abschuss des Wolfes.

Dagegen wollen Befürworter, wie der Verein Wolfsschutz Deutschland, laut ihrer Internetseite „Wölfe auch vor einer übergriffigen Lobby aus der Agrar- und Jägerschaft schützen.“ Der Verein mit Geschäftsstelle in Duisburg spricht ebenda jetzt von „geheimen Wolfsjagden“ unter anderem im Territorium Königshainer Berge. Tatsächlich sind drei Wölfe in dem Gebiet innerhalb weniger Wochen und in diesem Jahr tot aufgefunden worden. Das bestätigt Karin Bernhard, Pressesprecherin des Landesumweltamtes, bei dem die Fachstelle Wolf angegliedert ist.

Drohne entdeckt toten Wolf auf Feld

Ob es sich bei den drei toten Tieren um Wölfe des Rudels Königshainer Berge handelt, soll jetzt eine DNA-Analyse zeigen. Fest steht, ein männlicher Altwolf wurde illegal getötet und auf einem Feld bei Weißenberg, Ortsteil Lautitz, durch eine Drohne entdeckt. Die Drohne war bei einer Kadaver-Nachsuche, die wegen der Afrikanischen Schweinepest stattfand, zum Einsatz gekommen. Das war vor zwei Wochen, am 14. Februar. Das Gebiet, in dem der Wolf entdeckt wurde, gehört zum Einzug des Königshainer Berge Rudels. Vier Tage später wurde ein weiblicher Wolf tot im gleichen Territorium bei Kodersdorf entdeckt und bereits am 22. Januar ein toter Wolfswelpe bei Waldhufen gefunden. Bei diesen beiden Wölfen geht die Fachstelle von Verkehrsunfällen aus. Von einer „geheimen Jagd“ jedenfalls ist nichts bekannt. Die Todesursachen in den drei bekannten Fällen hat die Fachstelle ermittelt.

Sachsenweit dokumentierte die Fachstelle bisher 25 tote Wölfe im aktuellen Monitoringjahr 2023/2024. Vier davon waren illegale Tötungen, wie das Landesumweltamt mitteilt. Alle passierten in der Oberlausitz: Im September 2023 traf es so zwei Wölfe in Jonsdorf, im Oktober des Vorjahres einen Wolf in Zimpel, Gemeinde Boxberg. Und nun der tote Wolf auf dem Feld unweit der S111. Die Fachstelle Wolf geht von gezielten Nachstellungen aus. „Bei den Fällen, in denen eine illegale Tötung als Todesursache festgestellt wurde, handelt es sich um Jagdwilderei in besonders schwerem Fall“, sagt Karin Bernhard.

Voraussetzungen für Wolfstötung sind gegeben

Andererseits hat die Fachstelle Wolf vor etwa vier Monaten für das Rudelterritorium Königshainer Berge die Feststellung getroffen, „dass die Voraussetzungen für eine Entnahme vorliegen“, wie Karin Bernhard sagt. Mit Entnahme ist die Tötung gemeint. Hintergrund dafür sind drei Rissvorkommen innerhalb weniger Tage Ende Oktober und Anfang November gewesen, bei denen der Wolf den Mindestschutz überwunden hatte. Wie viele Nutztiere dabei zu Tode kamen, ist der Schadenstatistik nicht zu entnehmen. Die Statistik ist nicht aktuell und zählt die Fälle bis 15. Oktober 2023 auf.

Auch wenn von der Fachstelle solche Äußerungen gemacht werden, der Abschuss einzelner Tiere oder eines ganzen Rudels ist damit nicht genehmigt. Das sei wiederum Sache des Landkreises, wie die Pressesprecherin erklärt. Der Kreis entscheide also letztendlich, ob ein Wolf abgeschossen wird oder nicht. Dem Landesumweltamt ist nicht bekannt, ob ein Abschuss angeordnet wurde. Und wenn ja, ob der erfolgreich war.

Landrat Stephan Meyer (CDU) kam angesichts steigender Zahlen von Nutztierrissen und einer gewachsenen Wolfspopulation bereits vor einer Weile zu der Einschätzung: „Ich bin der festen Überzeugung, dass der Wolf in Deutschland nicht mehr als gefährdete Art betrachtet werden kann und daher nicht länger den strengen Schutz wie bisher benötigt.“

Aus wie vielen Wölfen das Königshainer Rudel aktuell besteht, dazu gibt es keine Zahlen. „Unsere Fachstelle Wolf führt keine Daten über die Rudelstärke“, sagt Karin Bernhardt. Zwischen 2022 bis zum Vorjahr wurden für dieses Rudel neun Welpen bestätigt. Aktuell gibt es nach Angaben der Fachstelle erste Hinweise, dass vier weitere Wolfswelpen im Territorium Königshainer Berge dazugekommen sind. Sachsenweit gibt es derzeit 44 Wolfsterritorien, die von 38 Rudeln, zwei Einzeltieren und vier Paaren bewohnt werden.