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Der Görlitzer Rosenmann verschenkt Ostern Tulpen

Lothar Franke bindet 300 Sträuße aus 1.500 Tulpen. Karfreitag bringt er sie in Altenheime. Doch ihn bewegt in diesen Tagen noch etwas völlig anderes.

Von Ingo Kramer
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„Rosenmann“ Lothar Franke zeigt einen kleinen Teil der 1.500 Tulpen, die er mit einem Helfer zu Sträußen bindet.
„Rosenmann“ Lothar Franke zeigt einen kleinen Teil der 1.500 Tulpen, die er mit einem Helfer zu Sträußen bindet. © Martin Schneider

Viele Görlitzer kennen ihn als den „Rosenmann“ vom Görlitzer Wochenmarkt, aber am Karfreitag wird Lothar Franke zum Tulpenmann. „Aus 1.500 Tulpen habe ich am Dienstag und Mittwoch zusammen mit meinem Helfer Wolfgang Neumann 300 Sträuße gebunden“, berichtet der 66-Jährige. Am Karfreitag will er die Sträuße an sechs bis acht Görlitzer Altenheime ausliefern, um den Bewohnern zu Ostern eine Freude zu machen. Die ahnen noch nichts davon: Erst am Donnerstag will sich Franke in den Heimen anmelden.

Die ganze Aktion hat eigentlich gar keinen schönen Hintergrund: Franke hat große Probleme mit der Hüfte, kann deshalb aktuell nicht mehr so gut auf dem Wochenmarkt stehen. Nur ganz selten ist er derzeit dort anzutreffen. Doch eine Hüft-OP ist aktuell nicht möglich. Ohne seinen Marktstand aber drohen Franke Umsatzausfälle, dachte sich der Görlitzer Weinhändler Axel Krüger. Gemeinsam mit weiteren Helfern begann er im Dezember, Franke zu unterstützen, beispielsweise, indem sie auf dem Wochenmarkt Eier verkauften, die sonst Franke verkauft hätte. Und, indem sie die Leute baten, etwas für den Rosenmann zu spenden, damit er die schwierige Zeit übersteht. 400 Euro kamen so zusammen.

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Doch für Lothar Franke kam es überhaupt nicht infrage, das Geld anzunehmen. Stattdessen kam er auf die Idee, Senioren in Heimen zu Ostern eine Freude zu machen – ähnlich, wie er das mit Krügers Hilfe auch schon während der Corona-Lockdowns getan hatte, als die Heimbewohner zu vereinsamen drohten. Franke legte auf die 400 Euro aus eigener Tasche sogar noch 50 Euro drauf. „Mit 450 Euro konnte ich 1.500 Freilandtulpen aus Dresden einkaufen“, berichtet er. Das reiche zwar nicht für alle Menschen, die in Görlitz in Heimen leben, aber für viele. „Ostern ist ein guter Anlass, das gespendete Geld zu nutzen, um Menschen eine Freude zu machen“, sagt Lothar Franke. Er weiß, wie gut solche Geschenke bei den Menschen ankommen: „Das Awo-Heim in der Krölstraße zum Beispiel hat mir voriges Jahr Bilder von der Übergabe der Blumen geschickt“, sagt er: „Die Bewohner haben sich sehr gefreut.“

Schwierigkeiten mit dem Stehen

Um seine eigene Gesundheit ist es aber nach wie vor nicht gut bestellt, auch wegen seiner Hüfte: „Ich kann nicht stehen, deshalb ist das mit dem Markt schwierig.“ Sitzen und laufen funktioniert besser. So bindet er weiterhin Blumen und liefert sie mit seinem Auto auch an Kunden aus.

Am 1. April könnte Lothar Franke ein Jubiläum begehen: Seit nunmehr 30 Jahren ist er selbstständig. Doch kürzlich ist er 66 Jahre und einen Monat alt geworden. Das ist bei ihm das Ruhestandsalter. „Ich gehe jetzt tatsächlich in Rente“, sagt er. Doch um sich etwas zur Rente hinzuzuverdienen, mache er mit einem Kleinstgewerbe weiter. Wenn es also irgendwann klappt mit der Hüft-OP, wird man ihn auch wieder öfter auf dem Görlitzer Wochenmarkt sehen. Ganz und gar in Rente zu gehen, kann er sich noch nicht vorstellen: „Ich habe meinen Beruf immer sehr gern gemacht“, sagt Lothar Franke: „Ich würde ihn auch wieder lernen.“ In seiner Familie sei er Gärtner in vierter Generation: „Mein Urgroßvater war über 40 Jahre lang Schlossgärtner in Gersdorf.“

50.000 Rosensträucher vernichtet

Doch neben den Tulpen und seiner Gesundheit bewegt Lothar Franke in diesen Tagen noch etwas völlig anderes. Vor Kurzem hat er in der Sächsischen Zeitung gelesen, dass in den früheren Gewächshäusern an der Fritz-Heckert-Straße in Weinhübel 50.000 Rosensträucher vernichtet worden sind, weil die Gebäude künftig nicht mehr als Gewächshäuser genutzt werden sollen.

Es sind die Sträucher, deren Blüten Lothar Franke so viele Jahre lang auf dem Görlitzer Wochenmarkt verkauft hat. „Die Vernichtung der Pflanzen ärgert mich sehr“, sagt der Rosenmann: „So etwas kann einem in der Seele wehtun.“ Die Gärtnerei hätte vor dem Verkauf der Gewächshäuser die Pflanzen für einen kleinen Obolus an Kleingärtner verkaufen können. „Das Geld hätte sie spenden können, zum Beispiel an Pflegeheime“, sagt Lothar Franke: „Damit hätte sich die Gärtnerei gleich noch einen Namen gemacht in Görlitz.“ Eine andere Idee: Sie hätte die Rosen der Stadt anbieten können, um sie beispielsweise in einen Park zu pflanzen.

Lothar Franke ist bewusst, dass nicht alle Rosen dafür infrage gekommen wären: Einige der über 20 Sorten, die in Weinhübel wuchsen, waren nur für Gewächshäuser geeignet. Aber andere hätte man durchaus auch auspflanzen können, ist er überzeugt. Hinzu kommt: Manche hätten das Umpflanzen nicht überlebt. Das sei ganz normal. Doch selbst, wenn es die Hälfte der Rosen nicht geschafft hätte, dann wären es immer noch 25.000 Pflanzen, die weiterhin für Freude sorgen könnten.

Zumal es sich um gute Sorten gehandelt habe. Manche Pflanzen waren 20 oder gar 25 Jahre alt, andere weitaus jünger. Die Gärtnerei sei stets dabei gewesen, den Bestand zu verjüngen, alte Pflanzen durch neue Sorten zu ersetzen. Das sei durchaus gut so gewesen. Aber auch manche der alten Sorten seien noch gut gewesen, „Frisco“ beispielsweise. Das seien kleine Rosen, aber Massenblüher: „Die haben das Geld immer gebracht.“ Doch nun ist es zu spät. Lothar Franke macht den Senioren nun stattdessen mit Tulpen eine Freude.