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Half das Görlitzer Büro der Linken bei Schleusungen?

Auf dem Handy eines Flüchtlings wurde die Nummer des Büros gefunden. Zugelassen ist das Gerät auf den Görlitzer Landtagsabgeordneten Mirko Schultze.

Von Matthias Klaus
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Mirko Schultze, Landtagsabgeordneter für die Linkspartei, spricht bei einer Kundgebung auf dem Görlitzer Postplatz.
Mirko Schultze, Landtagsabgeordneter für die Linkspartei, spricht bei einer Kundgebung auf dem Görlitzer Postplatz. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Diese Schlagzeile hat es in sich: "Linkspartei-Büro half offenbar bei Einschleusungen." So titelte die Tageszeitung die "Welt" am 9. September. Das betreffende Büro ist das des Görlitzer Landtagsabgeordneten der Linken, Mirko Schultze.

Sieben Nordafrikaner, so schildert es das Blatt, wurden bei der illegalen Einreise aus Polen nach Görlitz beobachtet. Ein Auto mit deutschem Kennzeichen habe vier von ihnen zu Mirko Schultzes Büro gefahren.

Bei einer zweiten Tour sei es von der Bundespolizei gestoppt worden. Auf dem Handy eines der Migranten, einem Algerier, habe sich die Telefonnummer befunden, mit der die Abholung durch den deutschen Fahrer organisiert worden sei. So schreibt es die "Welt". Die Nummer ist auf Mirko Schultze zugelassen. Das bestätigt er gegenüber der SZ.

"Es ist ein Prepaid-Handy", so der Görlitzer Abgeordnete. Die Nummer ist auf diversen Flugblättern zu lesen, ganz öffentlich. "Wir bieten damit Menschen in Not Erste Hilfe an, egal ob ein Obdachloser oder ein Geflüchteter", sagt Mirko Schultze. Die Idee sei entstanden, als viele Menschen aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind. "Grünes Licht" nennt sich die Initiative, die die entsprechenden Handzettel, eben auch mit der Handynummer, verteilt.

Die Schlagzeile der "Welt" wurde unter anderem vom MDR aufgegriffen. Die Kollegen der "Welt" haben demnach ihre Informationen aus "Kreisen des Landtags". Woher genau, ist leicht herauszufinden. Der Görlitzer AfD-Landtagsabgeordnete Sebastian Wippel hat das Thema auf seiner Facebookseite publik gemacht. Er wiederum bezieht sich auf "gut informierte und vertrauenswürdige Quellen". Sebastian Wippel ist Polizeikommissar und war ab 2012 stellvertretender Dienstgruppenführer in Görlitz. Wegen seines Abgeordnetenmandates ist er derzeit nicht im aktiven Polizeidienst.

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Es könne nicht sein, "dass sich das örtliche Parteibüro der Linken unter dem Parteienprivileg zur neuen Asyl-Beratungsstelle für illegal eingereiste Migranten entwickelt" und somit unerlaubte Einwanderung noch fördere und unterstütze, lautet sein Vorwurf im Internet. Er fordert die Staatsanwaltschaft zum Handeln auf.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Das hat diese inzwischen getan. "Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen", sagt Christopher Gerhardi, Sprecher der Staatsanwaltschaft Görlitz. Ergebnisse erwartet er Mitte Oktober. Christopher Gerhardi bestätigt, das Telefone beschlagnahmt wurden. Konkrete Ermittlungen gegen Mirko Schultze gebe es nicht. "Wenn gegen einen Landtagsabgeordneten ermittelt würde, müsste dessen Immunität aufgehoben werden. Das geht nur bei einem begründeten Verdacht. Das ist derzeit nicht der Fall", so der Staatsanwalt.

Die momentan laufenden Ermittlungen richten sich gegen die Person, die die Flüchtlinge im Auto transportiert habe. Es sei noch unklar, ob die Flüchtlinge auf polnischer oder deutscher Seite zugestiegen sind.

Die Zahl illegal Eingereister an der deutsch-polnischen Grenze steigt. Das hat nun auch die Bundespolizei der SZ bestätigt, allerdings, weiterhin ohne konkrete Zahlen zu nennen. Es gebe eine "insgesamt hohe Anzahl unerlaubter Einreisen von visumspflichtigen Drittstaatsangehörigen mit weiterhin steigender Tendenz". Für August und September lägen bislang "noch keine qualitätsgesicherten statistischen Daten vor", heißt es von der Bundespolizeidirektion in Pirna. Die Schleusungen erfolgen im Dreiländereck überwiegend von Belarus, über Polen oder die Slowakei - und anschließend die Tschechische Republik - nach Deutschland, teilt die Behörde mit. Die Weißrussland-Route ist also weiterhin aktiv, auch nach dem polnischen Zaunbau.

Bundespolizei bestätigt steigende Flüchtlingszahlen

Im Juli wurden laut Statistik der Bundespolizei überwiegend syrische, irakische, afghanische und türkische unerlaubt eingereiste Staatsangehörige im Bereich der Bundespolizeidirektion Pirna festgestellt.

"Wir helfen ehrenamtlich Menschen in Not, beteiligen uns aber nicht an Schleusungen. Ein heißes Getränk im Büro, ja, ein Gespräch darüber, wie es weitergehen kann. Mehr nicht", sagt Mirko Schultze. Dabei spiele es keine Rolle, ob es um Flüchtlinge oder Obdachlose gehe.