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Unternehmer-Vertreter protestieren nicht mit

Bei den Demos von Firmen auf den Straßen des Kreises Görlitz sind Vereinigungen wie etwa die IHK nicht dabei. Sie setzen auf Gespräche.

Von Matthias Klaus
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Ein Banner beim Lkw- und Autokorso auf dem Grundstück der Osteg Zittau. Deren Firmenchef organisierte die Demo mit.
Ein Banner beim Lkw- und Autokorso auf dem Grundstück der Osteg Zittau. Deren Firmenchef organisierte die Demo mit. © Thomas Christmann

Vier Unternehmer aus dem Süden des Landkreises Görlitz haben innerhalb weniger Tage eine Demo gegen die aktuelle Wirtschaftspolitik der Bundesregierung organisiert. Der Erfolg war groß, das Medieninteresse überregional. Fast 700 Fahrzeuge waren auf den Straßen unterwegs, eine Wiederholung ist nicht ausgeschlossen. Wer fehlte: die Vereinigungen und Verbände, die sich um die Interessen der Unternehmen im Landkreis kümmern, etwa die Industrie- und Handelskammer (IHK). Haben die Unternehmervertreter kein Interesse an den akuten Sorgen der Unternehmen im Kreis?

Matthias Schwarzbach verneint das. "Ich habe in den vergangenen Wochen mit vielen Unternehmen gesprochen. Die Sorgen sind riesig - bei kleinen wie großen Unternehmen", sagt der Geschäftsstellenleiter der IHK in Zittau. Die IHK habe teils dramatische Berichte und Schilderungen erhalten. "Aus der Sorge um die Existenz ist Existenzangst geworden", so Matthias Schwarzbach. Und mit Blick auf den Autokorso: "In dieser Not ist es verständlich, dass das Unternehmertum auf sich aufmerksam machen muss." Es sei deshalb gut und richtig, Zeichen zu setzen. Aber Matthias Schwarzbach sagt auch über die IHK: "Grundsätzlich planen wir keine Demonstrationen."

IHK und Unternehmerverband auf einer Wellenlänge

Damit ist die Industrie- und Handelskammer auf einer Wellenlänge mit dem Allgemeinen Unternehmerverband Görlitz und Umgebung. "Wir unterstützen jedwede Aktivität, die die Bundes- und Länderregierungen mit Nachdruck auf die energiepolitische Krisenlage hinweisen und zu einem zeitnahen und effektiven Handeln auffordern", formuliert es der stellvertretende Vorsitzende Christian Reichardt.

Allerdings plane der Verband, ähnlich wie die IHK, keine eigenen Demonstrationsaufrufe. "Wir setzen auf die 'großen' Interessenverbände in der Wirtschaft", so Christian Reinhardt. Diese seien mit ihrer "professionellen Arbeit und ihren Verbindungen in die Politik" eher in der Lage, der Bundesregierung "die harte Realität vor Augen zu führen". Damit ist auch eine Teilnahme des Allgemeinen Unternehmerverbandes an künftigen Demonstrationen, so es sie gibt, in der Region vom Tisch.

Auf die Probleme, die "Dramatik der Lage" aufmerksam machen "in Richtung der Entscheider in Landes- und Bundesregierung", das hat auch die Industrie- und Handelskammer geplant. Videokonferenzen, Telefonate, Treffen in Dresden, dem Umland und in Berlin, zählt Matthias Schwarzbach auf.

Zwei Veranstaltungen geplant

Am 23. November plant die IHK gemeinsam mit dem Naturpark Zittauer Gebirge darüber hinaus eine Veranstaltung, einen Austausch im Trixi-Park Großschönau zum Thema Energiekrise und Tourismusbranche. Ähnliches hat der Unternehmerverband Görlitz geplant. Am 18. November sind die Oberbürgermeister und Bürgermeister des Landkreises eingeladen, ebenso Landrat Stephan Meyer. Das Thema: Wo kann man schnell grünen kostengünstigen Strom für regionale Unternehmen und Kommunen herbekommen? Die Veranstaltung bleibt allerdings den Mitgliedsunternehmen der hiesigen Unternehmerverbände und den Kommunalpolitikern vorbehalten.

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Das bedeutet am Ende: viele Gespräche, Ergebnis offen. Matthias Schwarzbach sieht das Ganze am Ende pragmatisch: "Die Kammern können keine Wunder bewirken und gegen einzelne, parteipolitisch begründete Entscheidungen ist manchmal auch mit den vernünftigsten Argumenten nichts auszurichten." Die IHK bleibe aber dran und erkläre der Politik die Situation in der Wirtschaft, setze sich dafür ein, dass versprochene Hilfe ankomme, "so schnell und unbürokratisch wie möglich".

Reichardt ist optimistisch

Christian Reichardt ist trotz der düsteren Aussichten optimistisch. Der Mittelstand im Landkreis Görlitz sei "trotz seiner Überschaubarkeit branchenmäßig breit aufgestellt". "Das lässt hoffen, dass die regionale Wirtschaft in ihrer Gesamtheit nicht kollabiert", so Christian Reichardt.

Bleibt abzuwarten, was letztendlich mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, der Politik von Land und Bund, im Unternehmertum in und außerhalb des Kreises Görlitz schafft: Gesprächsrunden oder von den Betroffenen selbst organisierte und nicht zu übersehende Demonstrationen auf den Straßen.