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Markersdorfer Rathaus ohne Standesamt

Weil Standesbeamte fehlen und eine Vereinbarung mit Ostritz und Reichenbach endete, sollen heiratswillige Markersdorfer künftig von Görlitz betreut werden.

Von Constanze Junghanß
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Michael und Annegret Wendschuh aus Oppach waren schon seit Jahrzehnten verheiratet. Auf dem Jauernicker Heiratsmarkt ließen sie sich noch einmal trauen von Adelheid Burkhardt und Christian Zedel. Zedel ist seit mehr als 20 Jahren Huxtbitter.
Michael und Annegret Wendschuh aus Oppach waren schon seit Jahrzehnten verheiratet. Auf dem Jauernicker Heiratsmarkt ließen sie sich noch einmal trauen von Adelheid Burkhardt und Christian Zedel. Zedel ist seit mehr als 20 Jahren Huxtbitter. © SZ-Archiv

Es soll einer der schönsten Tage im Leben werden: die Hochzeit. Der Standesbeamte fragt die Brautleute nach dem einvernehmlichen Ja, manche Schwiegermutter wischt sich möglicherweise ein Tränchen aus dem Augenwinkel. Die frisch Vermählten küssen sich, sind nun auch auf dem Papier und vor den Behörden Eheleute. Das bürokratische Fundament der Ehe wird auf dem Standesamt zementiert. Ohne Standesbeamte keine Vermählung.

Markersdorf geht einen Sonderweg. Die wohl letzten Hochzeiten in der Gemeinde fanden 2022 quasi am Fließband im Ortsteil Jauernick statt. Da gibt es den beliebten Heiratsmarkt – zuletzt und nach der Corona-Pause im Mai dieses Jahres. In Jauernick geschlossene Ehen halten nicht lange. Genau einen Tag - oder wie es bei der Ankündigung zum Jauernicker Heiratsmarkt hieß: „Bis der Hahn am nächsten Morgen kräht.“ Dann ist Schluss, die Ehe auf Probe beendet, der Spaß vorbei. Richtig mit Brief und Siegel und somit ganz offiziell heiraten und auf Jahre hinweg die Treue schwören, ist in Markersdorf dagegen nicht mehr möglich.

Denn es gibt keine Standesbeamten. Eigentlich müssten das im Rathaus zwei sein. Doch nur eine war noch da und die Mitarbeiterin wechselte vor geraumer Zeit ins Rathaus nach Reichenbach. „Die personelle Situation in der Gemeindeverwaltung Anfang dieses Jahres konnte eine bürgerfreundliche Sicherstellung der Erfüllung der Aufgaben des Standesamtes nicht mehr gewährleisten. Die Bemühungen, Ersatz zu finden, blieben damals erfolglos“, heißt es als Begründung dazu aus dem Markersdorfer Rathaus. Es fehlt also Personal. Und ob es jemals wieder ein Standesamt in der Gemeinde geben wird, bleibt offen.

Andere Lösung wäre möglich gewesen

„Im Moment kann dazu keine konkrete Aussage getroffen werden“, teilt die Kommune dazu mit. Dabei heirateten die Markersdorfer gern in ihrem Rathaus in den vergangenen beiden Jahren. 17 Ehen wurden 2020 und 2021 geschlossen. Künftig sollen Heiratswillige nach Görlitz. Dabei wäre noch eine andere Lösung machbar gewesen.

Ursprünglich und um sich gegenseitig bei personellen Engpässen zu unterstützen, hatten die Rathäuser Markersdorf, Reichenbach und Ostritz in den Jahren zuvor eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit von Einwohnermeldeamt und Standesamt beschlossen. Reichenbacher Standesbeamte durften so heiratswillige Markersdorfer in deren Rathaus trauen. Die Vereinbarung war zeitlich befristet und endete jetzt im August. „Eine neue Vereinbarung konnte nicht abgeschlossen werden“, teilt Reichenbachs Bürgermeisterin Carina Dittrich auf Nachfrage mit. Der Markersdorfer Gemeinderat entschied sich noch unter Leitung des Alt-Bürgermeisters Thomas Knack für Görlitz als Standesamtsbezirk und erteilte Reichenbach trotz der bis dahin geltenden Zusammenarbeit so eine Absage.

Trotzdem sind Trauungen für Markersdorf auch in Reichenbach möglich – über Umwege. Beliebt bei heiratswilligen Paaren sind da vor allem die Schlösser Krobnitz und Königshain, die zum Standesamtsbezirk Reichenbach gehören. Da sind aktuell noch 15 Hochzeiten für dieses Jahr angemeldet, 17 Trauungen fanden 2022 in den Schlössern und im Rathaus statt. Reichenbach hat zwei Standesbeamtinnen. 25 Trauungen waren das im Jahr zuvor. Wobei, wie Carina Dittrich erläutert, wegen der Corona-Einschränkungen auch einige Trauungen verschoben wurden.

Nicht nur Trauungen werden künftig in Görlitz erledigt

Wer von den Markersdorfern in einem der Schlösser die Ehe offiziell machen will, muss das beim eigenen Wohnort-Standesamt anmelden, teilt Reichenbachs Bürgermeisterin mit. Theoretisch Görlitz. „Von diesem werden die Unterlagen an uns geschickt und wir übernehmen alles Weitere“, sagt die Bürgermeisterin. Alles also kein Problem? Nicht nur die Trauungen, auch alle anderen standesamtlichen Aufgaben werden mangels Markersdorfer Standesbeamten künftig und offiziell in Görlitz erledigt. Dazu zählen Geburtenanzeigen ebenso, wie die Registrierung der Sterbefälle.

Die Begründung aus dem Rathaus: So fänden beispielsweise viele der Geburten so oder so im Klinikum Görlitz statt, „standesamtliche Aufgaben werden von Amtswegen in Görlitz beurkundet“. Deshalb weist die Geburtenstatistik für die Jahre 2021 und 2022 eine runde Null für Markersdorf aus, obwohl auch Babys geboren wurden. Nur Hausgeburten würden direkt in die Geburtenstatistik der Gemeinde einfließen, erklärt eine Rathausmitarbeiterin. Und da gab es keine in den letzten zwei Jahren. 33 Sterbefälle wurden im gleichen Zeitraum registriert.