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Irritationen vor der Bürgermeisterwahl

In Reichenbach möchten drei von ehemals vier Kandidaten als Chef ins Rathaus. Das Rathaus holte vor der Wahl Hilfe von der Rechtsaufsicht des Landkreises.

Von Constanze Junghanß
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Uwe Thomas, Carina Dittrich und Knut Lehmann stellen sich erneut als Bürgermeister in Reichenbach zur Wahl.
Uwe Thomas, Carina Dittrich und Knut Lehmann stellen sich erneut als Bürgermeister in Reichenbach zur Wahl. ©  SZ-Collage

Die Reichenbacher werden am Sonntag zum zweiten Mal an die Wahlurne gebeten, um neben dem Kreuz bei der Landratswahl auch eines hinter einem der Bürgermeisterkandidaten zu setzen. Das waren anfangs vier, nun gehen nur noch drei Kandidaten an den Start. Peter Schilling (Einzelbewerber) zog seine Kandidatur zurück. Zusammen mit Uwe Thomas von der größten Stadtratsfraktion URBI kamen beide Kandidaten mit jeweils 16 Prozent der Stimmen auf Platz 3. Uwe Thomas wird ebenso wie die aktuelle Bürgermeisterin Carina Dittrich und CDU-Kandidat Knut Lehmann erneut antreten.

Während in 24 Gemeinden des Landkreises gleich beim ersten Wahlgang die neuen Rathauschefs feststanden, ist die Kleinstadt die einzige Kommune kreisweit, bei der das Ergebnis noch nicht die erforderliche Mehrheit von mehr als 50 Prozent brachte. Carina Dittrich konnte 40,3 Prozent der Wählerstimmen hinter sich bringen – klarer Abstand zum CDU-Kandidaten Knut Lehmann, der auf 27,6 Prozent kam. Die Interpretation des Zweitplatzierten Lehmann zu diesem Ergebnis: Er wolle erneut antreten, weil 60 Prozent der Wähler seiner Meinung seien und „sich einen Wechsel an der Führungsspitze der Stadt wünschen“ würden. Die Wahlbeteiligung betrug 61,9 Prozent.

Mittlerweile ist hinter vorgehaltener Hand von einem „schmutzigen Wahlkampf“ die Rede. Im öffentlichen Internet-Netzwerk taucht neuerdings der Begriff “Schlammschlacht“ auf. Ein Kommentator spricht auf der Facebookseite „Reichenbach Oberlausitz“ - die der Ex-Bürgermeisterkandidat Peter Schilling betreibt - dieses Wort offen aus.

Der unterstützt den parteilosen CDU-Kandidaten, gibt ihm Raum für seine Wahlwerbung, die Amtsinhaberin wird da kritisiert.

Die private Seite hat rund 1.500 Abonnenten, Reichenbach mit Ortsteilen knapp 5.000 Einwohner. Zum Vergleich: Der offiziellen Facebook-Präsentation der Stadt Reichenbach folgen 384 Interessenten.

Aber nicht wegen des Schlagabtausches im Internet hat der Gemeindewahlausschuss die Rechtsaufsicht des Landkreises mit ins Boot geholt. Im Vorfeld der Bürgermeisterwahlen kam es zu Irritationen. Die Stadt bat die Rechtsaufsicht um Einschätzungen – auch wenn das nach Angaben von Hauptamtsleiterin Elisabeth Krohe nicht zwingend notwendig gewesen sei. „Da es aber die erste Bürgermeisterwahl für den Gemeindewahlausschuss in dieser Konstellation ist und uns natürlich die Brisanz der Wahl bewusst ist, wollten wir uns rechtlich absichern und von der Erfahrung der Rechtsaufsicht in diesem Bereich profitieren“, sagt die Behördenmitarbeiterin. Kreissprecherin Julia Bjar bestätigt, dass es mehrfache und vor allem telefonische Abstimmungen gab.

So stand ein Wahlvideo auf dem Prüfstand. Da wurden einige Passagen in der Schule und damit einem der Stadt zuzuordnenden Raum gedreht. Der Stadtrat sprach sich vor einer Weile gegen die Nutzung kommunaler Räume für Wahlveranstaltungen aus. Das Video wurde allerdings bereits vor dem Ratsbeschluss aufgenommen. Ende vom Lied: Die Passagen wurden gestrichen. Nach Angaben von Elisabeth Krohe hatte es bezüglich des Videos „zwei Hinweise auf Prüfung gegeben.“ Jetzt tauchten Wahlflyer im Rathaus auf. Die wurden wieder entfernt – das Rathaus ist zur Neutralität verpflichtet.

Mehrfache Prüfungsbitten gab es auch zur Anzahl und zu den Standorten von Wahlplakaten. Da hingen offenbar zu viele – und teils an falschen Orten. Ordnungsamt und Hauptamt hatten zusätzliche Arbeit: Die Plakate mussten gezählt und die Standorte überprüft werden. Um welche der Kandidaten es jeweils ging und auch zur Anzahl der Plakate äußert sich das Rathaus nicht. Nur so viel: „Wir haben, soweit erforderlich, die Verstöße gegenüber den Betroffenen angezeigt und zur Einhaltung der Regelungen gemahnt. Zu viel aufgehängte Plakate mussten abgehängt werden, unzulässige Videopassagen mussten entfernt werden“, teilt Elisabeth Krohe mit.

Das Kommunalwahlgesetz regelt, dass während der Wahlzeit in und an dem Gebäude, in dem sich der Wahlraum befindet, sowie unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude jede Beeinflussung der Wähler durch Wort, Ton, Schrift oder Bild sowie jede Unterschriftensammlung verboten sind, erklärt Kreissprecherin Bjar. „Wahlplakate sind danach im Umfeld des Wahllokals unzulässig“, sagt die Landkreis-Mitarbeiterin. Grund dafür: Zu vermeiden sei, dass Wähler im unmittelbaren Zusammenhang mit der Wahl beeinflusst werden. „Verletzungen sind Wahlfehler, die dann zu einer Ungültigkeit der Wahl führen können, wenn sie konkret das Ergebnis beeinflussen konnten“, sagt Julia Bjar. Auch wenn das nur in den seltensten Fällen so sei: Die Rückversicherung beim Landkreis war dem Rathaus unter anderem auch wichtig, „um einer möglichen Wahlanfechtung nach der Wahl vorzubeugen“, wie die Reichenbacher Hauptamtsleiterin sagt.