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Kreis Görlitz: Bahnstreik schreckt Pendler nicht

Am Freitagvormittag fahren wegen des Streiks auch rund um Görlitz keine Bahnen. Manche Pendler arbeiten an solchen Tagen im Homeoffice. Doch es gibt auch andere Lösungen.

Von Ingo Kramer
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Am Donnerstag ist Angela Krausse, Personalchefin in der Görlitzer Landskron-Brauerei, mit der Bahn zur Arbeit und wieder zurück nach Bautzen gefahren. Am Freitag hat sie diese Möglichkeit wegen des Bahnstreiks nicht.
Am Donnerstag ist Angela Krausse, Personalchefin in der Görlitzer Landskron-Brauerei, mit der Bahn zur Arbeit und wieder zurück nach Bautzen gefahren. Am Freitag hat sie diese Möglichkeit wegen des Bahnstreiks nicht. © Martin Schneider

Bahnstreik am Freitagvormittag? Für Angela Krausse ist das ärgerlich. Sie pendelt schließlich jeden Tag von Bautzen nach Görlitz, wo sie als Personalchefin in der Landskron-Brauerei beschäftigt ist. „Homeoffice ist in meinem Job keine Option“, sagt sie. Selbst während der gesamten Corona-Zeit ist sie Tag für Tag gefahren. Die 59-Jährige hat damit Erfahrung: „Ich pendle schon seit 2004 nach Görlitz.“

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Wenn am Freitag auch in der Oberlausitz bis 11 Uhr wegen des Streiks keine Bahn fährt, sieht Angela Krausse für sich nur eine Alternative: den Umstieg auf das Auto. Allerdings nicht auf das eigene, denn sie fährt nur sehr ungern weitere Strecken. Doch sie hat Glück: Stefan Hähnel, ein Kollege bei Landskron, ist auch Pendler. Er kommt aus Demitz-Thumitz und nimmt sie mit nach Görlitz. So läuft das bei Bahnstreiks eigentlich immer. Entsprechend froh ist Angela Krausse, dass ihr Kollege sie in solchen Situationen im Auto mitnimmt. Ganz früher – als Hähnel noch nicht bei Landskron war – ging das noch nicht: „Da musste ich bei Streiks schon mal einen Tag Urlaub nehmen“, erinnert sich Angela Krausse. Das sei aber lange her.

Pendler und Reisende müssen sich an diesem Freitag erneut auf weitreichende Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr der Deutschen Bahn und anderer Verkehrsunternehmen einstellen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat im laufenden Tarifstreit der Bahnbranche zu mehrstündigen Warnstreiks aufgerufen. Zwischen 3 und 11 Uhr sollen die Beschäftigten in sämtlichen Bahnbetrieben, in denen verhandelt wird, die Arbeit niederlegen. Das teilte die Gewerkschaft am Mittwoch mit. Von dem Streik betroffen sind auch die Verbindungen von Zittau und Görlitz in Richtung Dresden und Cottbus sowie in die jeweilige Gegenrichtung.

Keine Infos von Mitarbeitern

Manche Arbeitgeber in Görlitz beschreiben den Streik nicht als Problem. „Informationen, welche Verkehrsmittel unsere Mitarbeiter für den Weg zur Arbeit nutzen, liegen uns nicht vor“, sagt Julia Bjar, die für die Öffentlichkeitsarbeit im Landratsamt Görlitz zuständig ist. Von der mobilen Arbeit würden die Mitarbeiter des Landratsamtes auch unabhängig von Streiks profitieren, erklärt sie.

Ähnlich knapp fällt die Antwort der Stadtverwaltung Görlitz aus. Jedes Amt regle das für sich. Der Dienstbetrieb sei abgesichert, sagt Sprecherin Sylvia Otto: „Homeoffice ist natürlich eine Möglichkeit.“ Es gebe keine Mitarbeiter, die sich gemeldet hätten, weil sie im Falle eines Bahnstreiks Probleme haben, zur Arbeit zu kommen.

Auch Heike Schleussner stört der Bahnstreik diesmal nicht. „Für Freitag war ohnehin Homeoffice geplant“, berichtet die 32-Jährige, die als Projektleiterin bei der kreiseigenen Wirtschaftsfördergesellschaft Eno in Görlitz arbeitet, aber in Dresden wohnt. „Die Eno ist als Arbeitgeber echt flexibel“, freut sich Heike Schleussner.

Terminabsagen nötig

Aber, klar, nicht immer sei Homeoffice möglich. „Beim vorigen Streik war das schon eine Herausforderung. Da musste ich dann auch Termine absagen, die ich eigentlich in Görlitz hatte“, berichtet sie. Aber wirklich dramatisch sei auch das nicht: Termine lassen sich zur Not verschieben. Ein Umstieg aufs Auto kommt für Heike Schleussner jedenfalls nicht infrage: „Die Autobahn ist sehr voll, im Zug hingegen kann ich super arbeiten.“ Mit der Bahn pendeln zu können, sei für sie die Voraussetzung, den Job zu machen.

Das ist bei Anett Weber anders. Die Assistentin beim Verlag in der DDV Neiße GmbH pendelt zur Arbeit von Demitz-Thumitz nach Görlitz – normalerweise per Bahn. „Aber der Freitag ist mein Homeoffice-Tag, da stört mich der Streik nicht“, sagt sie. Beim vorherigen Streik Ende März hingegen sei sie auf das Auto umgestiegen.

Diese Möglichkeit hat ihr Kollege Stefan Schumann nicht: Der 37-jährige Innendienst-Verantwortliche hat keinen Führerschein. Doch auch er pendelt zur Arbeit: von Bautzen nach Görlitz. Homeoffice ist für ihn am Freitag nicht das Mittel der Wahl. „Ich nehme den Bus von Bautzen nach Weißenberg und von da einen weiteren Bus nach Görlitz“, berichtet er. Mit der Bahn braucht er normalerweise 30 Minuten. Die Busse hingegen halten auf jedem Dorf. „Dadurch verlängert sich meine Fahrzeit um 45 bis 50 Minuten“, sagt Stefan Schumann. Schön sei das nicht. Doch er kann dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen: „Da sehe ich gleich mal, was es auf den Dörfern so Neues gibt, wo ich ansonsten nicht hinkomme.“

Auf dem Rückweg nach Bautzen wird Schumann am Freitag wieder wie gewohnt mit der Bahn fahren können: Der Streik soll ja diesmal nur bis 11 Uhr dauern. Angela Krausse hingegen kann sich an solchen Tagen auch auf dem Rückweg auf ihren Kollegen von Landskron verlassen.