Görlitz
Merken

Ein Görlitzer Verleger sorgt auf der Leipziger Buchmesse für leuchtende Augen

Gunter Oettel präsentiert seit über 20 Jahren seine Neuerscheinungen in Leipzig. Dazu gehören diesmal ein Buch über das Biblische Haus und eine Romanbiografie.

Von Ines Eifler
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Der Görlitzer Verleger Gunter Oettel mit drei Neuerscheinungen.
Der Görlitzer Verleger Gunter Oettel mit drei Neuerscheinungen. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Eines der neuen Bücher ist so druckfrisch, dass der Görlitzer Verleger Gunter Oettel es bei der Leipziger Buchmesse selbst erstmals in den Händen hält: "Das Biblische Haus in Görlitz" von Hans-Wilhelm Pietz, dem früheren Regionalbischof und Pfarrer der Evangelischen Innenstadtgemeinde Görlitz.

Reich bebildert, erzählt es davon, was die berühmten Reliefs darstellen und welche theologischen Hintergründe sie haben. "Ich bin sehr froh, dass es noch rechtzeitig fertig wurde", sagt Oettel, "so können wir es mit an unserem Stand präsentieren."

Stand mit zwei Lausitzer Verlagen

Den teilt er sich wie auch schon in den vergangenen Jahren mit dem Kamenzer Museum der Westlausitz. "Wir ergänzen uns gut und können so immer wieder auch Menschen anziehen, die sich ursprünglich für das Programm des anderen Verlages interessiert haben", sagt Oettel. Bietet das Museum der Westlausitz viel zu Natur, Kunst, Archäologie und Landschaft der westlichen Lausitz, geht es im Görlitzer Verlag mehr um deren östlichen Teil.

Der Görlitzer Verleger Gunter Oettel kurz vor der Eröffnung der Leipziger Buchmesse an seinem Stand, den er sich mit dem Kamenzer Museum der Westlausitz teilt.
Der Görlitzer Verleger Gunter Oettel kurz vor der Eröffnung der Leipziger Buchmesse an seinem Stand, den er sich mit dem Kamenzer Museum der Westlausitz teilt. © privat

Gunter Oettel ist Verleger aus Leidenschaft, der sich in den vergangenen fast 30 Jahren einen Namen unter Herausgebern hochwertiger Bücher gemacht hat und weiterarbeitet, obwohl er seit Kurzem im Rentenalter ist. Zahlreiche wertvolle Bände zu regionalgeschichtlichen Themen, zu Kunstgeschichte, Architektur und Denkmalpflege sind bei ihm erschienen.

Mehrere Museen, darunter die Städtischen Sammlungen, das Schlesische Museum und die Städtischen Museen Zittau, aber auch die Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden lassen immer wieder Begleitbände zu ihren Ausstellungen von Oettel herstellen. Aus über 150 erhältlichen Publikationen kann man im Onlineshop seines Verlages wählen, die er als "Ein-Mann-Betrieb" produziert hat und vertreibt.

Görlitzer Autorin schreibt Roman über ihren Urgroßvater

Eine Neuerscheinung, die er auf der Leipziger Messe außer dem Buch von Pfarrer Pietz präsentiert, ist der Roman "Johann Zautes Lebensfahrt" von Sabine Bauer-Helpert, die seit einigen Jahren in Görlitz lebt und 2019 bereits ihre "Görlitzer Spaziergänge" bei Oettel veröffentlichte.

Jetzt hat sie über das Leben ihres Urgroßvaters geschrieben, der als evangelischer Sorbe 1839 bei Bautzen geboren wurde, in mehreren Kriegen als Soldat kämpfte und als Veteran Bahnwärter wurde. Obwohl er ein einfacher Mann war, hinterließ er zahlreiche persönliche Aufzeichnungen, die Sabine Bauer-Helpert nun zu einer fast 800-seitigen Familiensaga mit vielen Einblicken in das einfache Leben im 19. Jahrhundert verarbeitet hat.

Ebenso ist ein kunstwissenschaftliches Buch über Altarbilder in Brandenburg mit dem Thema "Verkündigung" bei Oettel neu erschienen, eines zum Lausitzer Braunkohlenbergbau und eines zum "Großen Zittauer Fastentuch". In leichter Sprache geschrieben und mit vielen Bildern illustriert, ist es sowohl für Kinder als auch für Erwachsene gedacht, die damit leicht einen Zugang zu den Zittauer Fastentüchern bekommen.

Archäologe wird Verleger

In Zittau liegt auch der Beginn von Gunter Oettels Verlegertätigkeit. Geboren 1957 im Erzgebirge, studierte er ursprünglich Alte Geschichte in Dresden und promovierte als Archäologe. Einige Jahre war er als Freiberufler in Zittau und Oybin mit baubegleitenden archäologischen Untersuchungen befasst.

Als diese Aufgabe vom Sächsischen Landesamt für Archäologie übernommen wurde, machte sich Oettel mit der Herausgabe der "Zittauer Geschichtsblätter" selbstständig. Die hatte er zuvor für den Zittauer Geschichts- und Museumsvereins bereits ehrenamtlich hergestellt. "Aber warum sollte ich es nicht professionell machen?"

Seit 1995 gibt es den Verlag von Gunter Oettel inzwischen, seit dem Jahr 2000 in der Görlitzer Lunitz 5, einem mittelalterlichen Haus mit großem romantischen Garten, das er und seine Frau Cornelia Wenzel saniert haben.

Jedes Buch macht Wissen reicher

Zwischen Verlagsgründung und heute liegen gute und weniger gute Jahre, in denen der Verleger sein Geschäft immer weiter perfektioniert und enorm viel Wissen über die Region erlangt hat. "Man lernt wirklich mit jedem Buch dazu", sagt er. So könne er Autoren oft auch inhaltlich beraten, wie es sich nach Oettels Auffassung für einen guten Verleger gehört. "Deshalb würde ich auch nie ein Buch zu einem Thema verlegen, zu dem ich keinen Bezug habe."

  • Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.

Die Leipziger Buchmesse ist für ihn und seine Frau in jedem Jahr ein besonderes Ereignis. Seit Anfang der 2000er fahren sie jedes Jahr hin und können sich bei der Standbetreuung abwechseln. Während Oettel gern bei Fachkollegen schaut, um sich von Ideen zur Buchgestaltung inspirieren zu lassen, besucht seine Frau gern Autorenlesungen.

Hoffnung auf wahre Bücherfans

"Wir hoffen natürlich auf viele Besucher, die sich für die kleine Nische unseres Verlages interessieren", sagt Oettel. Schön sei es immer, wenn sich Prominenz am Stand sehen lasse, was meist von öffentlicher Aufmerksamkeit begleitet sei. In jüngeren Jahren sei Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig mal dagewesen.

Die glücklichsten Erlebnisse aber seien solche wie der Besuch der jungen Frau, die sich auf den ersten Blick in Oettels Ausgabe von Goethes "Reinecke Fuchs" mit 111 Federzeichnungen des Zittauer Künstlers Oswald Jarisch verliebte. "Bei jeder Seite, die sie aufschlug, leuchteten ihre Augen von Neuem auf", erzählt Oettel.

Als er sie fragte, ob sie das Buch haben möchte, sagte sie: "Das kann ich mir nicht leisten." Das habe er auch nicht gemeint. Als er es ihr stattdessen schenkte, habe sie übers ganze Gesicht gestrahlt. "Für nur einen solchen Moment lohnt sich der ganze Messebesuch", sagt Oettel. Bis zum Sonntag ist noch alles möglich.