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Ein neues Leben für alte Skateboards

Cool, stylisch und nachhaltig: Der Großenhainer Unternehmer Torsten Zieger möchte nochmal richtig durchstarten. Und setzt dabei auf Upcycling.

Von Catharina Karlshaus
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Der erfolgreiche Großenhainer Unternehmer Torsten Zieger will noch einmal neu durchstarten: Er hat sich auf die Wiederverwendung von alten Skateboards spezialisiert.
Der erfolgreiche Großenhainer Unternehmer Torsten Zieger will noch einmal neu durchstarten: Er hat sich auf die Wiederverwendung von alten Skateboards spezialisiert. © Kristin Richter

Großenhain. Er will es noch einmal wissen. Noch einmal etwas wagen und ganz bewusst andere Wege gehen. Während die 50 Kerzen auf der Geburtstagstorte schon vor ein paar Monaten ausgeblasen worden, sind die Weichen nun erst richtig gestellt. Raus aus der beruflichen Komfortzone, rein in ein Abenteuer, das Torsten Zieger ein Strahlen ins Gesicht zaubert.

Immerhin: Vor 15 Jahren hatte sich der gelernte Werkzeugmacher und spätere Steuerfachangestellte schon einmal selbstständig gemacht. Lediglich mit einer Handvoll Leute gründete er in Radeberg die Firma speziMED. Entstanden teilweise vor dem Hintergrund der Diagnose bei Mitstreitern und der enthusiastischen Vision einen mehr als durchschnittlichen Rundum-Service bei Diabetes anzubieten. Mit Erfolg! Inzwischen arbeitet Torsten Zieger nicht nur mit einem Team von mehr als 70 Angestellten, sondern konnte das mittelständische Unternehmen auf dem Gesundheitsmarkt mit über 30.000 Kunden deutschlandweit etablieren.

Eine Erfolgsgeschichte, aus welcher der Großenhainer dennoch Mitte des Jahres aussteigen möchte. Drei Schritte zurück, will er nach eigenem Bekunden gehen, um zu tun, worauf er jetzt so richtig Lust hätte. „Wissen Sie, ich habe in den letzten Jahren sehr viel gearbeitet. Da blieb vieles, vor allem die Familie, leider auf der Strecke. In der zweiten Lebenshälfte will ich die Zeit gern bewusster gestalten und eine Idee verwirklichen, die ebenfalls meinem reiferen Bewusstsein entspricht“, bekennt Torsten Zieger und lacht.

Die Idee zum neuen Projekt sei ihm während der Corona-Pandemie gekommen. Standen seine Söhne bereits im Vorschulalter auf Skateboards und zählten sie seinerzeit zu den Gründungsmitgliedern des deutschlandweit bekannten Großenhainer Rollladen e. V., wären die Bretter inmitten von Lockdown sowie Homeschooling wichtiger denn je für die talentierten Teenager gewesen. Und für das elterliche Portemonnaie. „Ein gutes Brett ohne Rollen kostet im Schnitt 60 Euro. Ein Skater, der täglich drauf steht, verschleißt im Schnitt alle vier bis sechs Wochen eins“, erklärt Torsten Zieger.

Sie sind ein echter Hingucker: Lampen oder Garderoben aus alten Skateboards in unterschiedlichen Größen und Farben.
Sie sind ein echter Hingucker: Lampen oder Garderoben aus alten Skateboards in unterschiedlichen Größen und Farben. © Kristin Richter

Abgenutzte Bretter, von denen die Patchworkfamilie plötzlich ganz viele im Keller stehen hatte. Nachdem Sohn Alexander satte vier sogenannte Decks - es besteht in der klassischen Bauweise aus sieben Lagen kanadischem Ahorn, welche mit speziellen Klebstoffen unter Druck in ihre Form gepresst werden - abgefahren hätte, sei der Moment für ein Gespräch zwischen Vater und sportelndem Sprössling gekommen. Gemeinsam habe man sich die Frage gestellt, wie die Skateboards nachhaltig und sinnvoll weiter verwertet werden könnten. „Uns sind sofort ganz viele Ideen durch den Kopf geschossen und dann dachte ich mir, ja, das könnte nochmal ein tolles Vorhaben sein“, erinnert sich Torsten Zieger.

Ein paar Monate später hat die Vision Füße bekommen. Und einen Ort, in der sie mit Schleifmaschine, Bohrer, Feile, Drechselbank und allerlei anderen Werkzeugen umgesetzt werden kann. In einer kleinen Werkstatt auf der Berliner Straße in Großenhain sind bereits jene Prototypen entstanden, mit denen der Großenhainer bald großes wagen möchte. Denn Zieger wäre nicht Zieger, würde er es nicht professionell angehen: Marktanalysen, Online-Umfragen, Businessplan und vor allem dicht dran an jenen, die sich in der Szene richtig auskennen. Jan Dingfelder etwa, Inhaber des Kultladens Selectorsz, habe ebenso kreativ-fachmännische Starthilfe gegeben wie jene leidenschaftlichen Skater, die ihre geliebten Boards, ihm inzwischen gern überlassen. Ein Pfandsystem - gibst du mir dein verschlissenes Board, gebe ich dir drei Euro - erleichtere die Entscheidung vielleicht zuweilen.

Die Prototypen, welche schon in ein paar Monaten in einer geräumigen Halle gefertigt werden sollen, können sich sehen lassen: Lampen, Uhren, Garderoben, ein Tisch, Schmuck oder Schlüsselanhänger. Coole Designs und Formen, die in Kinder- und Jugendzimmern genauso Platz finden können wie in durchgestylten Büros und gemütlichen eigenen vier Wänden. Aufgrund der verschiedenen hochwertigen Holzschichten sei der Kreativität keine Grenze gesetzt. Und jedes Stück ein Unikat. „Einige der dünnen Furnierschichten der Decks werden in der Produktion vor dem Pressen eingefärbt. Die Farben und Kombinationen werden dabei ständig gewechselt. Auf diese Weise entsteht eine große Zahl unterschiedlich bunter Hölzer, die wir gemeinsam mit jungen Grafikdesignern weiter verarbeiten können“, erklärt Torsten Zieger.

Auch zu Werbezwecken für Firmen geeignet: Schlüsselanhänger mit Werbung drauf (links). Wer es lieber schick mag, kann sich für einen handgefertigten Ring entscheiden.
Auch zu Werbezwecken für Firmen geeignet: Schlüsselanhänger mit Werbung drauf (links). Wer es lieber schick mag, kann sich für einen handgefertigten Ring entscheiden. © Kristin Richter

Dass er mit seiner Firma „Skate Back“ nicht der erste Lebensretter alter Skateboards in Deutschland ist, sei ihm selbstverständlich bewusst. Bundesweit gebe es einige Anbieter, die im Internet mit Upcycling von ausgedienten Brettern bereits von sich Reden machten. Aber genau dort wolle er mit seinem kreativen Baby den entscheidenden Unterschied machen.

„Wir werden unsere Produkte vornehmlich im Einzelhandel vermarkten. Hotels und Firmen sollen damit ausgestattet werden, indem sie etwa auch ihre Werbung darauf platzieren können“, verrät der Röderstädter. Darüber hinaus sei selbstverständlich ein Internet-Shop im Aufbau, in dem auch Workshops zum kreativen Gestalten mit alten Skateboards angeboten würden.

Das Wichtigste jedoch: Nur „Skate Back“ weise jene Referenz auf, mit der ausschließlich Großenhain dienen könne. Eine etablierte Skaterszene nämlich, die mit Thomas Schulze schon mal den besten sächsischen Fahrer und erfolgreichen Teilnehmer bei Deutschen Meisterschaften an den Start gehen ließ. Abgefahrene Bretter aus denen es sich für Torsten Zieger lohnen wird, etwas zu machen. Cool, stylisch und nachhaltig.