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Großenhain: Blumenladen hofft nach Brand auf Muttertag

18 Wochen war das Geschäft von Silke Jentzsch geschlossen. Nun verkauft sie wieder – doch eingeschränkt. Derweil sind Bauleute mit dem Abriss beschäftigt.

Von Kathrin Krüger
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Silke Jentzsch in ihrem Großenhainer Blumenladen. Mit dem Brand des angrenzenden Wohnhauses im Juli 2022 veränderte sich ihr berufliches und privates Leben schlagartig.
Silke Jentzsch in ihrem Großenhainer Blumenladen. Mit dem Brand des angrenzenden Wohnhauses im Juli 2022 veränderte sich ihr berufliches und privates Leben schlagartig. © Kristin Richter

Großenhain. Die Zimmerpflanzen stehen hübsch präsentiert, und auch Geranien, Fuchsien und Pelargonien sind im Angebot. Auf dem Tresen – ein Schild zu den Blumensträußen. "Wir stehen kühl" ist darauf zu lesen. Silke Jentzsch hat sich an den eingeschränkten Verkaufsraum gewöhnt und alles trotzdem apart drapiert. Seit dem furchtbaren Brand im Juli des Vorjahres steht ihr nur noch die Hälfte der Verkaufsfläche am Friedhof zur Verfügung. Die Außenbepflanzung ist besonders stark eingeschränkt. Aber die 55-Jährige lässt sich nicht unterkriegen.

Seit Ende Oktober kann sie ihren beliebten Blumenladen vis-à-vis zum Schützenhaus wieder betreiben. "18 Wochen hatte ich zu – da ist die Reaktion der Kunden noch immer schwierig", beschreibt die Floristin ihre Situation. Der Laden hatte sich gerade erst nach der Corona-Zwangsschließung "mit der Nase nach oben gedreht", wie Silke Jentzsch es ausdrückt. Dann kamen am 21. Juli die Flammen im Dachstuhl, in einer der vier Wohnungen des angrenzenden Hauses. 1,2 Millionen Euro ist die Schadensbilanz. Mittlerweile läuft die Brandberäumung. Das Haus muss weitgehend rückgebaut werden.

Durch die lange Schließung hat die Großenhainerin ihr wichtigstes Kerngeschäft verloren: die Pflanzen für den nahen Friedhof. Die haben viele Kunden früher bei ihr erworben, jetzt kaufen sie diese direkt auf dem Friedhof. "Kränze werden aber immer noch bestellt und auch Grabpflege", unterstreicht Jentzsch. Sie lebt von diesen Bestellungen.

"Ich lebe und arbeite im Laden"

Doch es fällt ihr nicht ganz leicht, die Nerven und den Optimismus zu behalten.
"Ich knabbere mich durch", sagt die Großenhainerin. Das 2008 von ihr gegründete Geschäft – früher betrieben es die Eltern als Gärtnerei Busse seit 1982 – läuft jetzt doch anders. Immer sieht sie das kaputte Dach neben sich. Das der schon beauftragte Dachdecker im Winter nicht schließen konnte, weil die Versicherung ein Vierteljahr Zeit brauchte, bis die Gelder bewilligt wurden. Genug Rücklagen hatte Silke Jentzsch nicht, um die Arbeiten vorzufinanzieren. Das Haus war auch durch den Tornado 2010 schon beschädigt worden.

Rückwärtig im Geschäft stehen noch diverse Habseligkeiten, die aus den Flammen gerettet werden konnten: Bücher, Hefter, Bilder, Vasen. Silke Jentzsch: "Ich lebe und arbeite im Laden". Sie muss sich erst noch an die Tatsache gewöhnen, dass nur noch die Grundmauern vom Wohnhaus der Familie stehen bleiben werden. Die beauftragte Firma reißt alles ab bis auf die Mauern im Erdgeschoss. "Die Holzbalkendecke ist vom Löschen nass und muss neu aufgebaut werden", sagt der Pirnaer Architekt Manfred Schlomann, den die Versicherung beauftragt hat. Eine Stahlbetonplatte kommt darauf. Auch das Nachbarhaus hatte Wasserschäden. Hier wird ein Schutzputz auf den Giebel aufgebracht.

Durchhalten will gelernt sein

Manfred Schlomann hat sich im Stadtarchiv die alten Bauakten des Hauses besorgt. Das 1768 erbaute Wohnhaus war früher der Sächsische Hof. Eine Gastwirtschaft mit Stallungen und Schuppen für Pferdekutschen, die bis an die Stadtmauer gereicht haben sollen. "Blutiger Knochen" wurde das Weinlokal genannt. Es gab einen Tanzsaal und eine Kegelbahn. Erst in den 1930er-Jahren hat man gleich daneben die Flutrinne zum Hochwasserschutz angelegt.

Architekt Manfred Schlomann auf der Treppe zum ehemaligen ersten Geschoss des Wohnhauses.
Architekt Manfred Schlomann auf der Treppe zum ehemaligen ersten Geschoss des Wohnhauses. © Kristin Richter
Im Hof stehen die Container für den Abriss der brandgeschädigten Bausubstanz.
Im Hof stehen die Container für den Abriss der brandgeschädigten Bausubstanz. © Kristin Richter
Die vom Löschwasser aufgeweichten Deckenbalken werden entsorgt.
Die vom Löschwasser aufgeweichten Deckenbalken werden entsorgt. © Kristin Richter
So brannte es im Juli 2022 an der Straße zum Friedhof.
So brannte es im Juli 2022 an der Straße zum Friedhof. © Kathrin Krüger

Nun hofft Silke Jentzsch auf ein gutes Geschäft zum Muttertag am 14. Mai. "Ich hab Sonnabend und Sonntag von 9 bis 12 Uhr geöffnet", sagt die Floristin. Auch Fleurop-Bestellungen nimmt sie entgegen. Generell ist sonnabends nur noch bis 11 Uhr offen und in der Woche mittags eine Stunde zu. Diese Zeit nimmt sich Silke Jentzsch, um auszuruhen. Durchhalten will eben gelernt sein. Der Neubau des Wohnhauses wird ein Jahr dauern, sagt Architekt Schlomann. Erst dann kann Silke Jentzsch aus ihrem Provisorium wieder ins neue Wohnhaus ziehen.