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Das Radeburger Museum hat einen senkrechten Flügel

Nicht nur für Zille-Originale ist das Heimatmuseum von Radeburg bekannt. Neben der Dauerschau plant das Haus in diesem Jahr wieder vier Sonderausstellungen.

Von Kathrin Krüger
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Der Leiter des Heimatmuseums Radeburg, Robert Rösler, reinigt den historischen Flügelschrank im Biedermeier-Stil von 1830, den die Radeburger Firma Lange gefertigt hat.
Der Leiter des Heimatmuseums Radeburg, Robert Rösler, reinigt den historischen Flügelschrank im Biedermeier-Stil von 1830, den die Radeburger Firma Lange gefertigt hat. © Norbert Millauer

Radeburg. Der Biedermeier-Schrankflügel, ein platzsparendes Musikinstrument, ist noch nicht im Internet. Dabei gilt der 1820 in Radeburg von der Firma Lange gebaute Flügel, nach oben gekippt und spielbar, als wirkliche Seltenheit. Schaut man in die Internet-Datenbank Museum digital, sind allerdings erstmal andere Dauerausstellungsstücke aufwendig fotografiert und hier öffentlich zugänglich gemacht worden: So eine wertvolle Doppelblattfahne, gestiftet 1875 von König Albert von Sachsen, gefertigt in der Königlichen Hofstickerei J. A. Hietel in Leipzig. Sie war stark beschädigt und konnte mit Fördermitteln der Landesstelle für Museumswesen für einen vierstelligen Betrag aufwendig restauriert werden.

"Ein direkter Besuch im Heimatmuseum Radeburg bleibt trotzdem eine spannende Sache", wirbt Leiter Robert Rösler, der als Historiker nun in seinem fünften Jahr in der Zillestadt ist. Denn während man sich die Fahne mit Applikationen und Stickereien bisher nur im Internet ansehen kann, weil sie verpackt werden musste, steht der extravagante Flügel direkt im Eingangsraum des Museums. Das hat im Vorjahr mit mehr als 2.000 Besuchern einen Rekord geknackt. Das kleine Team um Robert Rösler ist sehr engagiert, um diese Resonanz auch in diesem Jahr zu erreichen.

Die aufwendig restaurierte Fahne der Radeburger Schützengesellschaft, von König Albert 1875 gestiftet.
Die aufwendig restaurierte Fahne der Radeburger Schützengesellschaft, von König Albert 1875 gestiftet. © Museum digital

Nicht nur Zille-Originale und viele Informationen zu dem in Radeburg geborenen Maler ziehen Einheimische wie Besucher der Stadt ins Heimatmuseum. Auf circa 200 Quadratmeter Ausstellungsfläche, verteilt auf vier Räume, präsentiert das Haus an der Heinrich-Zille-Straße wirklich schöne Objekte. Auch Schusswaffen der Radeburger Schützengesellschaft in einer übergroßen Wandvitrine.

Radeburger Liedgut aus der Audiostation

Parallel zur Dauerausstellung zur Stadtgeschichte sind laut Rösler wieder vier Sonderausstellungen geplant. Die erste läuft bereits und noch bis 11. April: die besten Arbeiten des Karikaturenwettbewerbs "Deutschland komisch Vaterland". Alle Besucher können den Publikumspreis mitbestimmen.

Zur Kneipennacht am Vorabend des 1. Mai wird eine Schau zu Turnen und Sport in Radeburg eröffnet. Der Kultur- und Heimatverein kann damit nach 2020 wieder eine Vereinsausstellung anbieten. "Geballte Lokalkompetenz" floss schon in das achte Heft des Heimatvereins ein, das auch den Inhalt der Sonderausstellung bestimmen wird. "Ich bin froh, dass der Verein das selbst verantwortet und weitermacht", lobt Robert Rösler. Bis 11. Juni wird die Sportausstellung zu sehen sein. Für 2025 widmet sich der Verein dem 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs.

Eine weitere Kunstausstellung kündigt das Museum dann bis Ende August an. Die wird der durch ein Mail-Art-Projekt bekannten Radeburger Künstlerin Petra Schade gewidmet sein. Ab September bis über den Jahreswechsel zeigt Zille-Karikaturenpreisträger Philipp Sturm aus Leipzig eine Personalausstellung.

Außerdem hat das Museum einen Antrag für Multimedia gestellt. "Eine Hörstation für die stadtgeschichtliche Dauerausstellung soll entstehen", erklärt Robert Rösler. Den Besuchern können damit zusätzliche Inhalte während des Museumsbesuches zur Verfügung gestellt werden. So sollen geeignete Inhalte über eine in einer Sitzbank installierten Audiostation präsentiert werden, die im Saal der Dauerausstellung aufgestellt werden soll. Als Inhalte sind neben Sprachaufnahmen zur „Sage vom Heidekirchhof Radeburgs“ auch ein Lied der Narrenpolizei Radeburgs und Texte des Dichters Michael Rom geplant. Außerdem soll zum Thema Heinrich Zille das von Claire Waldoff gesungene Lied „Vater Zille“ zum Einsatz kommen.

Schon 1855 gab es in der Kleinstadt Radeburg einen Frauenverein! Die ersten deutschen Frauenvereine entstanden ab 1810 nach dem Vorbild der französischen Wöchnerinnengesellschaften.
Schon 1855 gab es in der Kleinstadt Radeburg einen Frauenverein! Die ersten deutschen Frauenvereine entstanden ab 1810 nach dem Vorbild der französischen Wöchnerinnengesellschaften. © Kathrin Krüger

Pläne für Fremdsprachen und QR-Codes

Ein weiterer Teil dieses Projektes ist laut Museumsleiter die Aufwertung des Mehrzweckraums. Der darin verbaute Multifunktionsschrank soll thematisch passend mit Zille-Motiven grafisch gestaltet werden. Um so den gesamten, auch museumspädagogisch genutzten Raum optisch aufzuwerten. Die bisher knapp 50 Objekte im Internetportal Museum digital werden fortlaufend ergänzt. Immerhin hat das Radeburger Heimatmuseum 7.500 Ausstellungsstücke im Bestand, davon aber zahlreiche im Depot.

Seit dem Vorjahr wurde begonnen, die Sammlungssystematik zu überarbeiten und eine neue Inventarisierung einzuführen. Das ist alles sehr aufwendig, aber nötig. Die Landesstelle für Museumswesen bot dafür eine effektive Beratung an.

Ebenfalls ist geplant, die bisher in der Dauerausstellung nur per Handout zur Verfügung stehenden Objektbeschreibungen auch digital anzubieten. Dafür will man die Datenbank von Museum digital nutzen, die eine QR-Code-Funktion enthält. Robert Rösler: "Die Umsetzung ist aber von der Realisierung eines WLAN-Gastzugangs für Besucher des Heimatmuseums abhängig, der aktuell noch nicht existiert." Perspektivisch ließen sich darüber auch fremdsprachige Angebote des Museums anbieten. Neben der Hörstation sollen weitere Wechselrahmen für die Sonderschauen angeschafft und der bisherige Bestand erweitert sowie defekte Rahmen ersetzt werden.