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Schmucke Brücke, die verbindet

In Kalkreuth ist ein kleines Wunder geschehen: Einwohner haben eine abrissreife Röderquerung selbst wieder aufgebaut. Und manches mehr erreicht.

Von Kathrin Krüger
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Originell: Die Bieberacher Schäfer Barbara und Dieter Schneider gehen mit ihren Tieren als Erste über die erneuerte Schafbrücke.
Originell: Die Bieberacher Schäfer Barbara und Dieter Schneider gehen mit ihren Tieren als Erste über die erneuerte Schafbrücke. © Kristin Richter

Kalkreuth. "Liebe Freunde der Schafbrücke", beginnt Bürgermeister Falk Hentschel an diesem sonnigen Einheitsfeiertag seine Rede vor großem Publikum. Viele Menschen aus Kalkreuth, Bieberach und anderen Orten sind gekommen, um ein kleines Wunder zu feiern. Die Schafbrücke über die Röder nahe der Grundschule erstrahlt neu, obwohl sie noch vor einem reichlichen Jahr abgerissen werden sollte. Nun laufen die Schneiders von der Bieberacher Schäferei als Erste mit zwei Schafen drüber und weihen das Bauwerk von Bürgerhand damit auf originelle Weise ein. 

Die Jagdhornbläser blasen, die Kinder tanzen, Fisch- und Fleischwagen machen guten Umsatz, ein Profifilmer ist da. Und aus Cunnersdorf kommen vier Jugendliche in Zinkbadewannen, um die neue "Brücke, die verbindet" auf ihre Weise zu begrüßen. Es ist ein großes Volksfest mit Segnung durch Pfarrer Maurer und Auszeichnung der Brückenbauer. Auch alte Bohlenstücke werden symbolisch an die Spender übergeben. 83 Holzteile stehen für je 150 Euro, die viele Stifter für die neue Brücke zur Verfügung stellten. Insgesamt 223 Spendernamen aus zwölf Orten sind auf einer Tafel an der neuen Schutzhütte zu lesen.

Die neue Schafbrücke. An dieser Badestelle mit Fahne kann man wieder in der Röder baden. 
Die neue Schafbrücke. An dieser Badestelle mit Fahne kann man wieder in der Röder baden.  © Kristin Richter
Auch diese neue Schutzhütte konnte von den Mitteln aus dem Dresdner Heidebogen aufgebaut werden.
Auch diese neue Schutzhütte konnte von den Mitteln aus dem Dresdner Heidebogen aufgebaut werden. © Kristin Richter
83 solcher Originalbohlen wurden für je 150 Euro verkauft - und halfen bei der Gesamtfinanzierung. 
83 solcher Originalbohlen wurden für je 150 Euro verkauft - und halfen bei der Gesamtfinanzierung.  © Kristin Richter
Dieses Foto am Brückenzugang zeigt den Zustand des Überweges vor der Restaurierung. 
Dieses Foto am Brückenzugang zeigt den Zustand des Überweges vor der Restaurierung.  © Kristin Richter
Harald Behrisch setzte sich als Ortsvorsteher an die Spitze der Projektgruppe Schafbrücke. 
Harald Behrisch setzte sich als Ortsvorsteher an die Spitze der Projektgruppe Schafbrücke.  © Kristin Richter
Als "Röderdampfer" wurden Florian, Cora, Lena und Colin vom Cunnersdorfer Jugendclub angekündigt. 
Als "Röderdampfer" wurden Florian, Cora, Lena und Colin vom Cunnersdorfer Jugendclub angekündigt.  © Kristin Richter
Klaus Micklich wurde als Brückenbaumeister geehrt. Er leitete den Wiederaufbau. 
Klaus Micklich wurde als Brückenbaumeister geehrt. Er leitete den Wiederaufbau.  © Kristin Richter
Schnitten feierlich das Band durch: Klaus Micklich, Harald Behrich und Bürgermeister Falk Hentschel (v.l.)
Schnitten feierlich das Band durch: Klaus Micklich, Harald Behrich und Bürgermeister Falk Hentschel (v.l.) © Kristin Richter

Wie es hier vor kurzem noch aussah, zeigt ein Foto, das am Brückenkopf befestigt ist. Die über 100-jährige Röderquerung war so marode, dass sie gesperrt werden musste. Karl-Heinz Rutsch von der Projektgruppe Schafbrücke des Heimatvereins erinnert daran, dass der Übergang schon 1995 mit der Auflösung des Versuchsgutes Kalkreuth abgerissen werden sollte. Schmied Harald Sroka aus Reinersdorf bewahrte sie damals davor, indem er sie zur Fußgängerbrücke umbaute. Wäre die seltene genietete Brücke weggekommen, hätte man sie  irgendwann vergessen.  

Dann kam vor einiger Zeit die Chance für die Gemeinde Ebersbach, das Bauwerk zu übernehmen. Doch unter Bürgermeisterin Fehrmann wurde ein Ratsbeschluss herbeigeführt, der das ablehnte, so Rutsch. Erst über 200 Unterschriften machten deutlich, dass die Bürger die Brücke behalten wollen. Schüler nutzen sie als Schulweg, Sonntagsspaziergänger gehen hier drüber, auch Radfahrer kennen die Schafbrücke. Viele erinnern sich, hier schwimmen gelernt zu haben. "In Dreiecksbadehose sind wir früher hier in die Röder", sagt ein Mann. "Auf der Brücke wurde geknutscht", ergänzt eine Frau. 

"Vor zwei Jahren hab ich mir gedacht: Hier kannst du nie wieder rübergehen", blickt der Kalkreuther Ortsvorsteher Harald Behrisch zurück. Aber dabei wollte es der Macher nicht bewenden lassen. Die Gemeinde wurde unterm neuen Bürgermeister Hentschel doch zur Übernahme der Schafbrücke von der Talsperrenverwaltung gedrängt. Die Spendenaktion fürs Lauterbacher Schlosstürmchen nahm sich die neu gegründete Kalkreuther Projektgruppe zum Vorbild - und startete die Bohlen-Aktion. Antje Bierbaum betreute das Spendenkonto mit zuletzt Tausenden Euro. 

Außerdem fanden sich Brückenbauer, die das Heft des Handelns selbst in die Hand nahmen: allen voran Klaus Micklisch. Es gehen viele Hände nach oben, als gefragt wird, wer sich alles beteiligte. "Ich danke allen Frauen, die ihre Männer hier arbeiten ließen", meint Harald Behrisch zur Einweihung in seiner unnachahmlichen Art. In kurzer Zeit wurde Beachtliches geleistet. Das "Kulturdenkmal" wurde nicht nur neu aufgebaut, sondern erhielt auch ein schmuckes Geländer und neue Brückenköpfe. Mit Geld vom Dresdner Heidebogen konnten zwei Schutzhütten aufgestellt werden. Es gibt einen Fahrradständer, eine Durchfahrsperre, einen Papierkorb, zahlreiche Sitzgelegenheiten. An einer Badestelle kann man wieder in den Fluss steigen. Auch Sträucher und Bäume wurden gepflanzt.  

So wird der Tag der Deutschen Einheit in Kalkreuth zu einem Einheitssymbol im Kleinen. Die Brücke verbindet nicht nur weiterhin die Orte Kalkreuth und Bieberach durch die schöne Röderaue. Sie hat auch die Kalkreuther an sich enger zusammengebracht, die bis heute in Bauerndorf, Gutsbezirk und Eigenheimsiedlung räumlich getrennt sind, so Karl-Heinz Rutsch. Er plädiert deshalb dafür, die Projektgruppe nicht aufzulösen, sondern für weitere gemeinsame Verbesserungen zu nutzen: eine neue Buswartehalle, das fehlende Dorfgemeinschaftshaus, das anstehende Ortsjubiläum oder die Umweltprobleme mit dem Steinbruch Wetterberg. 

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