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Händler klagt auf Öffnung der Geschäfte

Der Großenhainer Ronny Rühle scheitert zwar mit seinem Eilantrag gegen Selbsttests von Beschäftigten vor Gericht. Trotzdem legt er nun noch einmal nach.

Von Catharina Karlshaus
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Bereits Mitte März reichte Modehändler Ronny Rühle den Eilantrag beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen ein. Das hat jetzt im Sinne der Schnelltests für Arbeitnehmer entschieden.
Bereits Mitte März reichte Modehändler Ronny Rühle den Eilantrag beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen ein. Das hat jetzt im Sinne der Schnelltests für Arbeitnehmer entschieden. © Foto: privat

Landkreis. Gut vier Wochen hat es gedauert. Nachdem Modehändler Ronny Rühle aus Großenhain im März einen Eilantrag beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen (OVG) gestellt hatte, wurde erst jetzt darüber entschieden. Der Inhaber mehrerer Geschäfte in Riesa, Meißen und der Röderstadt wollte die Pflicht zum Test auf eine mögliche Coronainfektion seiner Angestellten und die damit verbundenen Kosten für den Arbeitgeber aussetzen lassen.

Laut seiner damaligen Argumentation sei Sachsen das einzige Bundesland, in welchem Arbeitgeber verpflichtet würden, allen Beschäftigten wöchentlich einen Test auf das Coronavirus kostenfrei zur Verfügung zu stellen, wenn sie in direktem Kontakt zum Kunden stünden. Die Regelungen führten nach Meinung von Ronny Rühle zu Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit einer Vielzahl von Menschen, die keinerlei Krankheitssymptome aufwiesen. Zudem belasteten die Kosten für die Tests ausgerechnet jene Unternehmen, welche seit Monaten die Hauptlast der laut Corona-Schutzverordnung angeordneten Schließungen tragen.

Seit Anfang dieser Woche ist nun klar, das Gericht ist anderer Auffassung. In der schriftlichen Begründung wird in über 60 Einzelpunkten ausführlich dargelegt, was dabei zur Ablehnung des Antrags geführt hat. Die momentane Infektionslage, bei der selbst vorgenommene Coronatests als geeignetes Mittel zur Pandemiebekämpfung angesehen werden, zählen unter vielen anderen Ausführungen zu den Argumenten der Gegenseite. Die Angebotspflicht schaffe zudem für Arbeitnehmer jeglicher Branchen den Anreiz, sich diesem Test zu unterziehen und dabei zu verhüten, dass Personen, mit denen sie während ihrer Tätigkeit zusammenkämen, möglicherweise infiziert würden.

Kanzlei ist in allen Bundesländern tätig

Ronny Rühle, der medial längst kein Unbekannter mehr ist und seit Monaten keine Gelegenheit auslässt, um die Coronabeschränkungen und die daraus resultierenden Beschränkungen für Einzelhändler und Gastronomen zu kritisieren, nimmt das Ergebnis gelassen. Schließlich müsse man auch mit Rückschlägen leben und diese akzeptieren. Allerdings: Geschlagen will sich der 52-Jährige nicht geben. Die nächste Klage habe die von ihm beauftragte Kanzlei mit Sitz in Berlin - aktuelle Themenschwerpunkte der Juristen sind nach eigenem Bekunden Corona, der Diesel-Skandal und die Insolvenz des Finanzdienstleisters Wirecard - am Dienstag beim Verwaltungsgericht Dresden eingereicht.

Mit der Klage soll festgestellt werden, dass Ronny Rühle einen Anspruch auf eine Ausnahmeregelung zur Öffnung seiner vier Läden hat. Für alle Filialen sei bereits nach dem ersten Lockdown im April 2020 ein umfangreiches Hygienekonzept erarbeitet worden. So seien die Geschäfte entsprechend beschildert, Plexiglasscheiben an den Kassen montiert, Masken und Desinfektionsmittel gekauft und die Mitarbeiter geschult worden. Darüber hinaus wäre massiv in die Digitalisierung investiert worden, um im Falle weiterer Einschränkungen wenigstens einigermaßen handlungsfähig zu sein. Auch das habe Geld gekostet - ohne einen entsprechenden Ertrag erwirtschaften zu können.

Im Januar unterstützte Ronny Rühle mit seinem Großenhainer Team die bundesweite Aktion "Wir machen auf -merksam". Extra angereist dazu war ein Team des Welt-Fernsehens.
Im Januar unterstützte Ronny Rühle mit seinem Großenhainer Team die bundesweite Aktion "Wir machen auf -merksam". Extra angereist dazu war ein Team des Welt-Fernsehens. © Archivfoto: Kristin Richter

Nach einer kurzen Erholungsphase wäre seit November völlig Ebbe in der Kasse. Der Umsatz sei drastisch zurückgegangen, auf staatliche Hilfe warte er bis heute. "Ich habe tatsächlich bis jetzt keinen einzigen Cent finanzielle Unterstützung bekommen! Das Geld, was ich durch die Auszahlung von zwei aufgelösten Lebensversicherungen, die als meine Altersvorsorge gedacht waren, erhalten habe, ist inzwischen weitestgehend aufgebraucht", bekennt Ronny Rühle am Mittwoch im SZ-Gespräch. Die momentane Lage, nicht wesentlich verbessert durch das im Freistaat nach seinem Dafürhalten viel zu spät eingeführten "Click & Meet", sei existenziell absolut bedrohlich. Die Perspektive fehle und die wirtschaftliche Unterstützung, welche durch die mehrfache Änderung der Beantragungsrichtlinien ohnehin zusätzlich erschwert gewesen sei, keineswegs so, wie politisch gern dargestellt werde.

Der Fachanwalt für Bank-und Kapitalrecht bringt es schließlich so auf den Punkt: Ronny Rühle habe als Einzelhändler bereits einen großen Teil dazu beigetragen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Er gerate dadurch in tiefe persönliche Schwierigkeiten und habe den Großteil seiner Altersvorsorge eingebüßt. Gleichsam dürften aber Lebensmitteleinzelhändler und viele andere Betriebe ungestört arbeiten, während andere Firmen wie die Geschäfte von Ronny Rühle tatenlos die Füße stillhalten müssten. Der wirtschaftliche Schaden sei immens und eben so nicht mehr tatenlos hinnehmbar.

Welche Chancen diese zweite Klage nun haben wird, will Ronny Rühle noch nicht bewerten. Fakt sei, sie wäre einerseits ein Synonym für die desaströse Situation des Einzelhandels und andererseits eine vorsorgliche Anzeige auf Schadensersatz. Bundesweit habe die Berliner Kanzlei jetzt entsprechende Klagen eingereicht. Um wachzurütteln und Einzelhändlern wie Ronny Rühle den Rücken zu stärken.

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