SZ + Update Großenhain
Merken

Wie Supermärkte in Großenhain von den Protesten betroffen sind

Seit einer Woche machen u.a. Landwirte auf ihre Probleme aufmerksam. Während viele von ihnen am Montag in Berlin demonstrierten, geht der Alltag in Großenhain weiter.

Von Catharina Karlshaus & Kathrin Krüger
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
In Thiendorf blockierten die Bauern in der Vorwoche auch das Netto-Auslieferungslager. Die Handelsunternehmen hatten sich auf die Mahnproteste eingestellt.
In Thiendorf blockierten die Bauern in der Vorwoche auch das Netto-Auslieferungslager. Die Handelsunternehmen hatten sich auf die Mahnproteste eingestellt. © Kristin Richter

Großenhain. Marko Hoffmann ist gerade selbst auf der Strecke. Der Inhaber des traditionsreichen Großenhainer Einkaufsladens Kirst & Co liefert frisches Obst aus. Durchaus mit einem beruhigten Gefühl, schließlich seien die Regale des Ladens auf dem Kirchplatz auch an diesem Montag alle gut gefüllt. Obgleich sich der Großdemonstration vor dem Brandenburger Tor in Berlin auch zahlreiche Bauern und Spediteure aus Sachsen angeschlossen haben, sei es am Morgen zu keinen Schwierigkeiten bei der Belieferung gekommen.

Allerdings: "Selbst wenn es so gewesen wäre, hätte ich volles Verständnis dafür und unsere Kundschaft sicherlich auch. Die Probleme, auf welche unsere Bauern aufmerksam machen, betreffen mit stetig steigenden Kosten und Preisen schließlich uns alle", sagt Marko Hoffmann. Er selbst stamme vom Land und wisse nur allzu gut, mit welchen Sorgen die Betriebe gegenwärtig zu kämpfen hätten. Der Mittelstand und all die Initiativen der kleineren Unternehmen würden überdies systematisch kaputtgemacht.

Dass sich die steigenden Energiepreise - die Gefriertruhen und Kühlschränke im Geschäft liefen verständlicherweise Tag und Nacht - auf kleine Unternehmen auswirkten, hatte Marko Hoffmann selbst zu spüren bekommen. "Genau aus diesen Gründen musste ich meinen Laden in Laußnitz aufgeben", bekennt der Händler. In die Nöte all derer, die jetzt protestierend auf die Straße rollten oder gingen, könne er sich gut hineinversetzen und drücke nicht zuletzt deshalb - wenn überhaupt nötig - ein Auge zu.

Auch die Tierärzte Brauer in Kalkreuth, Partner der Landwirtschaft, zeigen ihren Protest.
Auch die Tierärzte Brauer in Kalkreuth, Partner der Landwirtschaft, zeigen ihren Protest. © Kathrin Krüger

Keine Beeinträchtigungen bei Aldi, Edeka und Rewe

Nicht nötig gewesen wäre das bis jetzt in den Edeka-Filialen von John Scheller. Laut dem Betreiber von Märkten in Dresden, Radeberg und Großenhain habe man sich besonders am vergangenen Montag auf etwaige Lieferverschiebungen eingestellt und die frischen Produkte wie Fleisch, Wurst, Obst und Gemüse extra früh geordert. Alles andere wäre dann teilweise ein wenig später an Ort und Stelle gewesen, habe aber die Abläufe nicht beeinträchtigt. Leere Regale wie in der Corona-Pandemie habe es nicht gegeben. "Zu spüren war an diesem bewussten Tag jedoch ein geringerer Umsatz, da deutlich weniger Menschen unterwegs gewesen sind", konstatiert John Scheller.

Obgleich viele Fahrzeuge in die Bundeshauptstadt aufgebrochen wären, habe nun diese Woche mit einer normalen Belieferung begonnen. Was wiederum auch für das gute Miteinander und die professionelle Zusammenarbeit aller sprechen würde. "Wir tragen die Proteste mit und unterstützen die Bauern dabei auch. Diese Branche ist absolut wichtig für unser Land, da sollte es uns auch gelingen, solche Protestaktionen gut mitzubegleiten beziehungsweise uns entsprechend zu organisieren", befindet John Scheller.

Bei Lidl gab es keine Ausfälle durch die Blockaden. "Das Logistikzentrum in Radeburg war in den vergangenen Tagen nicht von Protesten betroffen. Die Warenversorgung der Lidl-Filialen ist grundsätzlich sichergestellt", teilte ein Sprecher auf Nachfrage mit. "Auf mögliche Auswirkungen der Aktionen hatten wir uns vorbereitet, um die Warenverfügbarkeit für unsere Kunden in allen rund 2.200 Filialen sicherzustellen", sagt auch Axel vom Schemm, Sprecher von Aldi. Dazu stand man und stehe weiter in engem Kontakt zu den Lieferanten. Außerdem hat Aldi seine internen Bestell- und Logistikprozesse angepasst. "Auch in Großenhain hatten wir daher keine Probleme bei der Warenverfügbarkeit", so Schemm.

Ähnlich sah es bei Petz Rewe in Radeburg aus. "Wir waren darauf eingestellt. Am ersten Tag gab es wegen der Verkehrsbeeinträchtigungen aber spürbar weniger Kunden", sagt Verkaufsleiter Peter Steinhorst. Bis 5 Uhr morgens war die Belieferung für Petz Rewe schon durch. Ebenfalls auf die Aktionen eingestellt gewesen sei Kaufland in der Röderstadt. "Wir tun alles dafür, um die Warenversorgung für unsere Kunden sicherzustellen. Lediglich bei einzelnen Artikeln kann es derzeit zu Lieferverzögerungen kommen", räumt Unternehmenssprecherin Annegret Adam ein.

Am Montag, Donnerstag und Freitag erlebte die Spedition Dachser in Radeburg durch Blockaden der Betriebsgelände-Zufahrten oder der Autobahnauffahrten ab den frühen Morgenstunden bis zum frühen Nachmittag massive Beeinträchtigungen bei der Auslieferung von Lebensmitteln, teilt eine Sprecherin mit. Es ging um den Lebensmittel-Einzelhandel sowie von Industriegütern an die verarbeitende Industrie und den Handel. Im Lebensmittelbereich seien bis zu 200 Lkw in der Niederlassung Radeburg betroffen gewesen. "Am Dienstag, Freitag und Samstag hatten wir alle Hände voll zu tun, um den Rückstau von Lebensmitteln aufzuarbeiten", so Dachser-Sprecherin Theresia Gläser.

"Der Fischer ist sauer, nicht nur der Bauer"

Wie viele Teilnehmer der gut 8.500 Demonstranten in Berlin aus dem Großenhainer Land stammen, lässt sich nicht beziffern. Auch nicht wie viele Lkw-Fahrer - sie kritisieren deutlich die zum vergangenen Dezember erhöhte Lkw-Maut, die seitdem auch einen Aufschlag für den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids (CO₂) enthält, - sich auf den Weg gemacht haben.

Auf jeden Fall habe der Landesverband des Sächsischen Verkehrsgewerbes e. V. seinen Mitgliedern empfohlen, an der Großdemonstration teilzunehmen. "Wie viele Unternehmen tatsächlich dem Ruf gefolgt sind, kann ich nicht sagen", erklärt Verbandspräsident Wieland Richter auf Anfrage von Sächsische.de. Wie der Inhaber der gleichnamigen Großenhainer Spedition erklärt, müssten auch bestehende Aufträge abgearbeitet werden, um nicht noch weitere finanzielle Probleme zu bekommen.

In Berlin dabei ist beispielsweise die Teichwirtschaft Schönfeld. "Der Fischer ist sauer, nicht nur der Bauer" steht deutlich auf den Fahrzeugen von Inhaber Tilo Groß zu lesen.