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Missionshof Lieske: Was diese Werkstatt für Behinderte so besonders macht

Neben Brauerei, Zimmerei und anderen Bereichen gehört auch eine große Landwirtschaftsabteilung zum Missionshof. Hier wird besonderes Rindfleisch produziert und einiges mehr.

Von Ina Förster
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Stephan, Randy, Stefan und Jens (v.l.) sind vier von zwölf Mitarbeitenden im Arbeitsbereich Feldbau und Tierhaltung der Behindertenwerkstatt des Missionshofes Lieske.
Stephan, Randy, Stefan und Jens (v.l.) sind vier von zwölf Mitarbeitenden im Arbeitsbereich Feldbau und Tierhaltung der Behindertenwerkstatt des Missionshofes Lieske. © René Plaul

Oßling/Lieske. Richtig rangeln können sie - die Jungbullen auf der Galloway-Weide in Lieske. Schließlich sind sie zwischen einem und zwei Jahren alt. "Typische Teenager eben", lacht Landwirt Matthias Markwort. Er und Clemens Wullenk leiten den Arbeitsbereich Feldbau und Tierhaltung auf dem Missionshof Lieske bei Oßling und darüber hinaus täglich Menschen mit Behinderung bei der Arbeit an; so wie ihre Kolleginnen und Kollegen in den anderen Abteilungen.

Der Missionshof des Diakonischen Werkes Kamenz verfügt über eine Werkstatt für aktuell knapp 80 Behinderten mit gut laufenden Arbeitsbereichen. Neben Sägewerk und Zimmerei, Arbeitstherapie und Montage, Forstwirtschaft, Landschafts- und Gartenbau, der beliebten Brauerei sowie der Teichwirtschaft arbeitet vor allem die Fleischerei auf Hochtouren.

Richtig kampeln können vor allem die jungen Galloway-Bullen. Die Galloways leben das ganze Jahr draußen auf der Weide des Missionshofes Lieske.
Richtig kampeln können vor allem die jungen Galloway-Bullen. Die Galloways leben das ganze Jahr draußen auf der Weide des Missionshofes Lieske. © René Plaul

Heute sind Jens, Randy, Stefan und Stephan mit auf der Weide. Die Mitarbeitenden der Behinderten-Werkstatt sind gern an der frischen Luft und in ihren Gummistiefeln. Etwas bewegen, mit den Händen arbeiten, Tiere füttern, ausmisten - das macht ihnen Spaß. "Kommt Ihr Galloways! Kommt Ihr Bullen", trommelt Randy gegen einen Plastikeimer.

Die Freilandrinder traben bei 32 Grad im Schatten an. Ihr Gelände auf dem Missionshof ist viele Hektar groß. Sie stammen ursprünglich aus dem Südwesten Schottlands und sind heute auf der ganzen Welt verbreitet. Sie sind das ganze Jahr über draußen, genügsam und widerstandsfähig. Nur wenn es um die Futterverteilung geht, geht manchmal das Gerangel los. "Da sollte man dann besser Abstand halten", weiß Stephan.

Fleisch wird im Hofladen und an Gastronomen verkauft

"Die Herde braucht Platz und Auslauf", erklärt Clemens Wullenk. Nur so können die Tiere glücklich sein. Die Mutterherde mit ihrem Nachwuchs und einem Zuchtbullen steht ein Stück entfernt auf einem anderen Areal. In diesem Jahr gab es schon sieben Geburten. Der Zuchtbulle namens Luzifer war fleißig, sollte aber nicht unbedingt mit den pubertierenden Jungbullen zusammentreffen. "Da würde die Luft brennen", lacht Matthias Markwort.

Im Stall nebenan stehen weitere 70 Bullen anderer Rassen in Boxenhaltung. Hier gibt es andere Ansätze in der Aufzucht. Das Fleisch wird schneller produziert, aber auch unter besten Bedingungen. Aber es werde eben in der Fleischerei gebraucht.

Die Landwirte Clemens Wullenk (l.) und Matthias Markwort leiten den Arbeitsbereich Feldbau und Tierhaltung auf dem Liesker Missionshof an. Hier stehen sie im Rinderstall mit Boxenhaltung.
Die Landwirte Clemens Wullenk (l.) und Matthias Markwort leiten den Arbeitsbereich Feldbau und Tierhaltung auf dem Liesker Missionshof an. Hier stehen sie im Rinderstall mit Boxenhaltung. © René Plaul

Diese produziert nicht nur für den eigenen Hofladen, der an zwei Tagen in der Woche geöffnet und viele Kunden hat. Sondern auch für Gastronomen der Umgebung, die auf regionales Fleisch setzen. "Wir haben hier einen guten Absatzmarkt", freut sich der neue Werkstattleiter Hubertus Delenk. Die kurzen Wege seien natürlich von riesigem Vorteil.

"Zurzeit produzieren wir ausschließlich Rindfleisch, denn den Schweinstall mussten wir vor gut einem Jahr wegen der grassierenden Afrikanischen Schweinepest schließen, die alle Produzenten im Landkreis Bautzen betrifft", sagt er. Dabei brauche man das Schweinefleisch ebenso dringend für die Herstellung der Wurstwaren. "Aktuell müssen wir es zukaufen, das ärgert uns schon", so Delenk.

Missionshof Lieske will neuen Schweinestall bauen

Deshalb wird das Ende dieser Pandemie ersehnt. Vor allem Kleinbetriebe litten unter der Sperrzone. "Für uns war der einzig gangbare Weg, den Stall komplett zu schließen", so der Werkstattleiter. Aber man habe neue Pläne für die Zukunft. "Mittelfristig ist sogar der Bau eines neuen Schweinestalles geplant", verrät Hubertus Delenk schon einmal. Die ersten Schritte in diese Richtung sind zumindest getan. Das ganze Projekt wird aber sicherlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Viehproduktion soll modernsten Vorgaben entsprechen, der Energieverbrauch ebenfalls. Bis dahin wird die Rinderhaltung vorangetrieben.

"Wir haben auch Wild aus den hofeigenen Wäldern zu bieten", freut sich Hubertus Delenk. Auch dieses kommt saisonal in den Hofladen, der nur freitags und sonnabends öffnet. Und vor dem sich regelmäßig Schlangen bilden. Vor allem das Fleisch der Galloways sei heiß begehrt. Weitere Renner sind im Winter dann die Lausitzer Karpfen. "Wir haben in diesem Jahr wieder eine Tonne Besatz in unseren drei hofeigenen Teichen", sagt Hubertus Delenk. Darauf warten die Kunden schon.

Und wer genau hinschaut, entdeckt auf dem Hof obendrein ein paar Exoten: Kängurus - 2023 sogar mit Nachwuchs -, Barbadosschafe und Lamas bevölkern das Areal. "Letztere haben wir aber gerade an den Tierpark Bernsdorf ausgeliehen", so Delenk. Nur die Affen mussten ausziehen. Die wurden ein bisschen zu aufmüpfig und gingen öfters stiften. Doch das ist wieder eine andere Geschichte...