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"Rositas Küche" in Reichenbach hat ausgekocht

Rosita Müller betrieb im Haselbachtal ein Catering und eine Gluaschkanone. Jetzt ist damit Schluss - und sie freut sich auf den Besuch ihres vorherigen Arbeitsortes.

Von Ina Förster
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Ende September 2023 schloss Rosita Müller ihren Cateringservice "Rositas Küche" im Gasthof Reichenbach im Haselbachtal. Lebensgefährte Wolfram Günther übernimmt nun das Zepter in der heimischen Küche.
Ende September 2023 schloss Rosita Müller ihren Cateringservice "Rositas Küche" im Gasthof Reichenbach im Haselbachtal. Lebensgefährte Wolfram Günther übernimmt nun das Zepter in der heimischen Küche. © Anne Hasselbach

Reichenbach, Haselbachtal. Der Reichenbacher Gasthof war das Revier von Rosita Müller. Besser gesagt, die Küche im Haus war ihr Refugium. Darin kochte und buk die heute 65-Jährige in den vergangenen acht Jahren für Tausende Menschen. Die Gaststätte samt Saal in dem Haselbachtaler Ortsteil selbst war seit Jahren nicht mehr für den Publikumsverkehr geöffnet. Zahlreiche Wirte gaben sich hier die Klinke in die Hand. Ganz leer standen die Räume dank Rosita Müller aber nie.

"Ich habe 2015 bei der Gemeinde die Küche für meinen Catering-Service angemietet. Und bei Bedarf konnte ich die Gaststätte dazu pachten", erzählt sie. Manchmal wollten Familien gleich vor Ort feiern. Das ließ sich gut verbinden.

"Rositas Küche" versorgte viele Feste und Feiern

Buffets, Suppen, Schnitzel, Braten, Aufläufe, Salate, aber auch Fingerfood und Spezialitäten konnte man in "Rositas Küche" ordern. Manchmal kochte sie für 20, aber am liebsten für 200 Leute. Familienfeiern, Firmenjubiläen, Schützenfeste, Weihnachtsmärkte, Polterabende - da war sie in ihrem Element.

"Ich habe als junge Frau in dem Metier gelernt", erzählt sie. In der Großküche des Flughafens Dresden-Klotzsche. Dabei sei Köchin gar nicht ihr Traumberuf gewesen.

Nun hat sie seit Ende September 2023 ihre Kochlöffel beiseite gelegt. Die gebürtige Reichenauerin ging in den Ruhestand. Und schloss ihr Catering "Rositas Küche" im Gasthof Reichenbach, dessen Kundschaft aus dem weiteren Umkreis kam. Rosita Müller lieferte ihr Essen ins gesamte Umland - bis Dresden.

Mit Anfang 40 schulte Rosita Müller noch einmal um

Zu DDR-Zeiten kochte sie in Betriebskantinen - zum Beispiel in der Jutespinnerei Reichenbach gleich um die Ecke. Aber eigentlich wollte sie immer schon etwas mit Technik machen. Diesen Wunsch erfüllte sich die Haselbachtalerin nach der politischen Wende im Land. Sie schulte komplett um. Da war sie Anfang 40.

"Ich habe mich noch einmal auf die Schulbank in Dresden gesetzt", erzählt Rosita Müller. Am Ende der Ausbildung war sie Kommunikationselektronikerin. "Ich war damals die einzige Frau in meiner Klasse", erinnert sie sich. Es folgten Jobs bei Infineon bis 2001. Und mit dem neuen Beruf kam dann auch irgendwann das Angebot ihres Lebens reingeflattert: Eine Stelle bei der Firma Airbus in Frankreich.

"Ich habe zehn Jahre in Toulouse in Südfrankreich gelebt und gearbeitet. Das war eine wunderbare Erfahrung, ein Sehnsuchtsort, den ich nicht vergessen habe", schwärmt sie. Das Klima, die aufgeschlossenen Menschen in der 1,5-Millionen-Metropole faszinierten sie. In Toulouse leben allein 97.000 Studenten aus aller Welt. "Und das Essen war so herrlich", schwärmt Rosita Müller.

In Deutschland vermisst sie die französische Lebensart

Als sie 2011 zurück nach Reichenau kam, fehlte ihr das besonders - die leichte Lebensart. Und die leckeren Speisen. "Ich habe mich immer wieder gefragt: Was soll ich hier denn noch essen? Mir sagte nichts mehr zu", schmunzelt sie heute.

Denn die Heimat holte sie ein. Das Leben im geruhsamen Haselbachtal war weiter gelaufen. "Meine Eltern brauchten Unterstützung, konnten in ihrem hohen Alter nicht mehr allein bleiben", sagt sie. Ein Angebot von Airbus für einen Job in Hamburg schlug sie also aus. Die Entscheidung für Deutschland fiel der damals 54-Jährigen nicht leicht. Doch hier wartete auch die Familie auf sie, zwei Söhne und Enkelkinder.

Neustart in der Heimat mit einer Gulaschkanone

Beruflich hieß es also, sich neu zu orientieren. Rosita Müller besann sich auf ihre alten Tugenden. "Der Beruf als Köchin war zwar früher nicht mein Traumjob, aber als Neuanfang in der Heimat brachte er mich auf eine Idee", sagt die 65-Jährige. Warum nicht andere wieder bekochen? Diesmal aber als eigene Chefin?

"Mit meinem Ex-Schwager haben wir uns eine Gulaschkanone besorgt und losgelegt", so die Reichenauerin. Mehrere Standorte wurden ausgetestet, bis sich das Geschäft etablierte. Erbsensuppe, Linseneintopf, Nudeln mit Gulasch - das alles konnte Rosita Müller aus dem Effeff zubereiten. 2012 meldete sie das Gewerbe an. Und bis vor fast einem Jahr war sie mit ihrer Gulaschkanone zweimal in der Woche in Kamenz im Gewerbegebiet "Am Ochsenberg" zu finden. Und zwei Tage in Dresden vor einer Bildungseinrichtung.

Vorhaben für den Ruhestand: Nach Toulouse reisen

Ganz nebenbei kam nach und nach das Catering dazu. Dieses zweite Standbein brachte noch mehr Arbeit. Viel Arbeit. "Meine Tage begannen 6.30 Uhr mit Vorbereitungen für die Gulaschkanone. Wenn die mit drei Gerichten á 30 Litern vom Hof rollte, startete die nächste Schicht", erzählt sie. Spaß machte das, doch es zehrte an den Kräften.

Trotzdem blieb die Solo-Selbstständige immer erfindungsreich, probierte vieles aus. Neben Buffet-Angeboten versuchte sie sich unter anderem an Flammlachs. Dieser wurde auf drei gusseisernen Platten über offenem Feuer zubereitet. "Das kam prima an, da hatte ich viele Bestellungen und Fans", sagt sie. Sie danke allen Kunden für die Treue in den vergangenen Jahren.

Doch nun ist Feierabend in "Rositas Küche". "Ab jetzt kocht mein Mann für mich", lacht die 65-Jährige. Wolfram Günther kann besonders gut chinesische Gerichte - aus dem Rezeptbuch. "Ich freue mich auf diesen Luxus", sagt Rosita Müller. Und auch darauf, mit Wolfram wieder einmal nach Toulouse zu reisen.