SZ + Kamenz
Merken

Zentrum für Astrophysik will in die Oberlausitz

Die Bedingungen in Ralbitz-Rosenthal seien optimal für das unterirdische Forschungszentrum. Das liegt nicht nur an den dort vorhandenen Gesteinsschichten.

Von Heike Garten
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Geologe Bernd Müller (Mitte) hat die Bohrungen projektiert und überwachte die Arbeiten vor Ort. Er erläuterte am Mittwoch den Anwesenden, die die Bohrungen ausgeführt wurden. Ganz links ist Prof. Stegmann, der für das Projekt verantwortlich ist.
Geologe Bernd Müller (Mitte) hat die Bohrungen projektiert und überwachte die Arbeiten vor Ort. Er erläuterte am Mittwoch den Anwesenden, die die Bohrungen ausgeführt wurden. Ganz links ist Prof. Stegmann, der für das Projekt verantwortlich ist. © Anne Hasselbach

Ralbitz-Rosenthal. Absolute Ruhe, das ist das Besondere an einem großen Feld am Ortsrand von Cunnewitz, einem Ortsteil von Ralbitz-Rosenthal. Und das Zweite ist der Granit, der sich unter dem Feld befindet. Nicht einfach nur Granit, sondern ein zusammenhängender, großer Granitblock, wie man ihn sonst in Europa nur ganz selten findet.

Bedingungen, die das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DAZ) für seinen Standort sucht. Im Grunde handelt es sich dabei um ein unterirdisches Labor, das Gravitationswellen aus dem Weltraum misst. Die Wissenschaftler sprechen von einem europäischen Gravitationswellen-Observatorium, das es bisher in Deutschland so noch nicht gibt.

20 Kilometer dicker unterirdischer Granitblock

Nach mehr als drei Monaten Probebohrungen wurden am Mittwoch die ersten Ergebnisse präsentiert. Der Astroteilchenphysiker Prof. Dr. Christian Stegmann ist mehr als begeistert: "Die Bohrungen haben gezeigt, dass das Granitfeld an dieser Stelle für ein Großforschungszentrum für Astrophysik geeignet ist", sagt er. Die Bohrungen gingen in eine Tiefe von bis zu 250 Meter.

Ein langer Kern wurde entnommen und vorerst mit dem bloßen Auge begutachtet. Es zeigte sich, dass unter einer kleinen lockeren Schicht ein ungebrochener Granitblock mit einem Durchmesser von 20 Kilometern liegt. "Der Granitblock ist extrem homogen, teilweise mit Quarz durchsetzt und hat einen moderaten Wassergehalt", erklärt Günther Hasinger, Mitglied im Projektteam und derzeit Wissenschaftsdirektor der Europäischen Raumfahrtagentur ESA.

So könnte das Labor unter der Erde von Ralbitz-Rosenthal aussehen. Hier würden 100 bis 200 Arbeitsplätze entstehen.
So könnte das Labor unter der Erde von Ralbitz-Rosenthal aussehen. Hier würden 100 bis 200 Arbeitsplätze entstehen. © Marco Kraan; Nikhef

Gegend liegt abseits von Straßen oder Zugstrecken

Neben der besonderen Beschaffenheit des Granits bei Cunnewitz bietet sich auch das Umfeld für das Großforschungszentrum regelrecht an. "Wir brauchen Ruhe, und die ist hier gegeben", so Prof. Stegmann. Projektleiterin Katharina Henjes-Kunst erklärt, was damit gemeint ist: "Das Gebiet ist frei von Erdbeben, und es gibt keine Zugstrecken oder große Straßen, die Erschütterungen hervorrufen können. Genau das ist notwendig, um die hochsensiblen Messungen später ausführen zu können", sagt sie.

Mit ihrem Projekt bewirbt sich das deutsche Zentrum für Astrophysik darum, eines von zwei Großforschungszentren zu werden, die im Zuge des Kohleausstiegs mit Geldern von Bund und Ländern in der Oberlausitz und im Mitteldeutschen Revier bei Leipzig errichtet werden sollen.

Forschungszentrum würde die gesamte Region aufwerten

Aus über 100 Bewerbungen wurden sechs Vorschläge ausgewählt, die in die engere Wahl für ein Großforschungszentrum kommen. Eine Entscheidung darüber wird im September erwartet. Bis dahin prüfen und bewerten Expertenjurys die sechs Vorschläge auf ihre wissenschaftliche Expertise sowie ihren Beitrag für den Strukturwandel im Zuge des Kohleausstiegs.

Auf eine Entscheidung zu ihren Gunsten hoffen nicht nur die Wissenschaftler vom DAZ, sondern auch die Gemeinden in der gesamten Region. Denn sollte ein solches Forschungszentrum unter die Erde bei Cunnewitz kommen, würde dies auch Arbeitsplätze und eine Aufwertung der Region bedeuten.

Die Bürgermeister von Ralbitz-Rosenthal, Hoyerswerda, Lauta, Vertreter des Kreises und der Agentur für Arbeit waren am Mittwoch mit vor Ort und betonten einhellig, wie wichtig die Etablierung des Zentrums in der Lausitz sei – gerade, weil die Region vom Braunkohleausstieg stark betroffen sein wird. Da brauche es Perspektiven für die Menschen hier, ganz besonders auch für junge Leute.