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Fünf Fakten zum Zugchaos in der Oberlausitz

Kamenz, Königsbrück, Bautzen: Auf allen Strecken kommt es derzeit zu massiven Verspätungen und Zugausfällen. Warum es so ein Chaos gibt – und wie es weitergeht.

Von Theresa Hellwig
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Auf vielen Bahnstrecken in der Oberlausitz kommt es derzeit zu massiven Verspätungen und Zugausfällen.
Auf vielen Bahnstrecken in der Oberlausitz kommt es derzeit zu massiven Verspätungen und Zugausfällen. © Archivfoto: Anne Hasselbach

Bautzen/Kamenz. Kaum ist die Anfrage bei Facebook gepostet, ploppt ein Kommentar nach dem nächsten auf und es trudeln Mails im Postfach ein. „Wann ist ein Zug ausgefallen? Fuhr Schienenersatzverkehr?“, wollte Sächsische.de von Bahnpendlern wissen. Die Anfrage haben wir in der Facebook-Gruppe der S8-Pendler von und nach Kamenz gestellt, aber auch die Linien nach Bautzen und Königsbrück sind gerade vom Zugchaos betroffen.

„Gestern Nachmittag endete der 14.29 Uhr Zug von Kamenz Richtung Dresden bereits in Pulsnitz, wegen einer technischen Störung“, berichtet eine Frau. Es mangelt an Informationen, beklagt ein Mann. „Es gibt keine Woche, wo nichts ist“, äußert eine Mutter, deren Kind von Großröhrsdorf nach Dresden pendelt.

In einer Mail beklagt eine Frau, dass die S8 am Abend des großen AnnenMayKantereit-Konzerts mit rund 40.000 Besuchern in Dresden einfach ausgefallen ist. Und wiederum eine andere Frau meldet sich wegen der Strecke zwischen Dresden und Königsbrück. Immer wieder, so erzählt sie am Telefon, sei die Bahn diesen Sommer einfach ausgefallen. Eigentlich hätte ihre Mutter mit der Bahn zum Arzt nach Dresden fahren müssen. Weil die Züge so unzuverlässig kamen, entschied die Frau, ihre Mutter mit dem Auto zu bringen. Die Aufzählung lässt sich lange fortsetzen.

Warum gerade solche großen Probleme auf den Strecken bestehen – und wie es in der nächsten Zeit weitergeht.

Fakt 1: Im August fielen 14 Prozent der Königsbrück-Züge aus

Allein im August 2023 sind 50 Fahrten der Linie S8 zwischen Dresden und Kamenz ausgefallen, teilt Christian Schlemper mit. Um das einmal einzuordnen: Laut Fahrplan hätte es etwa 1.600 Fahrten geben müssen.

Noch drastischer ist die Zahl auf der Strecke von und nach Königsbrück. Da sind im August satte 153 Fahrten ausgefallen, von insgesamt etwa 1.100. Das macht eine Ausfallquote von etwa 14 Prozent. Verspätungen sind da noch nicht dabei.

Für die Trilex-Strecken gibt es für den August 2023 eine solche Quote nicht, weil der Zug in dieser Zeit über eine komplett andere Strecke umgeleitet wurde – und ein Sonderfahrplan galt.

Fakt 2: Kurzfristig angekündigte Baustelle macht Probleme

Eine Baustelle zwischen Dresden–Klotzsche und Radeberg macht sowohl der Bahn mit ihrer S-Bahn Richtung Kamenz als auch der Länderbahn mit dem Trilex Richtung Bautzen oder Wilthen zu schaffen. Durch die Baustelle ist die sonst zweigleisige Strecke nur noch eingleisig befahrbar. Die Kamenzer Linie S8 fährt deshalb bis voraussichtlich zum 20. September 2023 auf diesem Streckenabschnitt gar nicht und wird durch Busse ersetzt.

Der Trilex fährt mit mindestens zehn Minuten Verspätung. So müssen die Züge am Nadelöhr oftmals erst andere Bahnen durchlassen. „Die Verspätung kann sich weiter aufschaukeln“, sagt Länderbahn-Sprecherin Katerina Hagen. „Summieren sich die Verspätungen auch auf die nachfolgenden Züge, müssen zur Kompensation einzelne Folgezüge ausfallen, um den Rückstau abzubauen.“

Dass da jetzt einiges schieflaufe, hänge auch damit zusammen, dass die Baustelle gegenüber der Länderbahn erst sehr kurzfristig angekündigt worden sei.

Fakt 3: Lokführermangel legt Königsbrück-Bahn lahm

Der Königsbrücker Zug hat vor allem mit Personalproblemen zu kämpfen. Von den 153 ausgefallenen Fahrten im August sind allein 139 dadurch begründet, teilt Christian Schlemper, Sprecher vom Verkehrsverbund Oberelbe VVO, mit. „Wir haben nicht ausreichend einsatzfähige Triebfahrzeugführende“, konkretisiert eine Bahnsprecherin. Bei der Übernahme vom vorherigen Betreiber habe die Bahn nicht so viele Lokführer übernehmen können wie benötigt. Außerdem gebe es gerade erhöhte Krankenstände. Neues Personal zu finden, sei schwer.

Wenn ein Lokführer sich krankmeldet, fehlt es der Bahn durch den Personalmangel derzeit an einem Bereitschaftsdienst. So spontan einen Schienenersatzverkehr auf die Beine zu stellen, ist auch nicht möglich, erklärt die Bahnsprecherin.

Fakt 4: Bahn startet Ausbildungsoffensive

Die Bahn entschuldigt sich bei ihren Fahrgästen. „Wir sind mit der aktuellen Situation im höchsten Maße unzufrieden“, sagt die Sprecherin. Die Bahn arbeite bereits an einer Besserung. So bilde das Unternehmen mehr aus. Allerdings „dauert selbst ein Quereinstieg etwa ein Jahr“, so die Sprecherin. Bis das Personalproblem gelöst sei, dauere es also noch etwas.

Fakt 5: Baustelle war nicht die letzte im Jahr 2023

Bei der aktuellen Baustelle bei Klotzsche ging es um Schwellenbauarbeiten. Der Tausch der alten Schwellen sei leider noch nicht abgeschlossen, teilt die Bahnsprecherin mit. So werden vom 13. bis zum 19. Oktober 2023 Schwellen zwischen Kamenz und Pulsnitz gewechselt. „Dafür muss der Abschnitt gesperrt werden“, so die Sprecherin.

Zwischen Pulsnitz und Arnsdorf passiert das vom 6. bis zum 12. Oktober 2023. Zwischen Klotzsche und Radeberg sind noch einmal Nacht-Bauarbeiten notwendig. Diese Baustelle ist für die Zeit vom 4. bis zum 9. November 2023 angesetzt. „Darüber hinaus sind auch 2024 zwischen Kamenz und Pulsnitz weitere Schwellenauswechslungen erforderlich, aber noch nicht terminiert“, sagt die Sprecherin der Bahn.