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Leipziger Wissenschaftler erforschen Wolken für besseren Wetterbericht

Europa beginnt jetzt das weltweit größte Atmosphären-Programm. Deutschland unterstützt das Projekt ganz erheblich mit Know-how und Technik. Wissenschaftler aus Leipzig koordinieren den deutschen Anteil am Programm.

Von Stephan Schön
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Wolken, sehr wenig ist über ihr Innenleben bekannt. Vor allem um kleine Details mit großer Wirkung geht es nun.
Wolken, sehr wenig ist über ihr Innenleben bekannt. Vor allem um kleine Details mit großer Wirkung geht es nun. © Bernd März

Europa will in die Wolken schauen. Klingt, als wäre das Träumerei, ist aber harte Wissenschaft. Mit Daten, wie es sie bisher eben noch nicht gibt. Mit dem ganz großen Ziel, deutlich bessere Wettervorhersagen und Klimamodelle zu ermöglichen. Die Europäische Kommission hat jetzt Actris als eine neue, europäische Institution gestartet. Es ist die weltweit größte Infrastruktur für die Atmosphärenforschung mit Messgeräten, Stationen und Personal. Die treibenden Kräfte des Klimawandels, die Luftverschmutzung und die natürlichen Schwankungen sollen so besser oder überhaupt erst als Zusammenspiel begriffen werden.

Dabei geht es sowohl um kilometerweite Effekte, wie um chemische Prozesse in den Wolken, aber auch um die Partikelphysik mit Nanoteilchen. Viele für die Erwärmung und Strahlungsdämpfung maßgeblichen Prozesse sind eben noch nicht verstanden. Actris wird Wissenschaftlern aus aller Welt den Zugang zu Messeinrichtungen und Daten ermöglichen, heißt es in einer Mitteilung dazu.

17 Länder sind beteiligt, Deutschland ganz erheblich mit Know-how und Technik. Leipziger Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (Tropos) werden diesen deutschen Anteil am EU-Projekt koordinieren. Elf Universitäten, Institute und Behörden aus Deutschland sind dort mit dabei. Und es geht immerhin um 86 Millionen Euro für die kommenden acht Jahre.

Rätselhafte Phänomene

„Der genaue Einfluss von Wolken ist dabei noch am wenigsten bekannt“, sagt Uwe Käfer, Atmosphärenchemiker vom Leipziger Tropos der SZ. „Mit den Geldern von Actris werden nun Observatorien zur Langzeitbeobachtung von Wolkeneigenschaften aufgebaut, aber auch für Aerosole und Gase.“ In den Wolken und der Atmosphäre verbergen sie nach wie vor grundlegende Geheimnisse.

Ohne diese zu entschlüsseln, wird es mit Wettervorhersagen und Klimaprognosen nicht wirklich vorangehen. Je nach physikalischen und chemischen Eigenschaften haben Aerosole, Gase und Wolken einen anderen Einfluss auf den Strahlungshaushalt und damit das Klima. Zwei Messstationen genau dafür errichtet das Tropos nun.

Eine der neuen Messstationen befindet, wird sich auf den Kapverden, auf einem Berg, umgeben vom Meer. Hier geht es um den Einfluss von Meeresluft auf die Atmosphäre. Auch darum, wie sich die immer wieder mal aus der Sahara heraufziehenden Staubstürme auswirken.

Auf der Schmücke im Thüringer Wald befindet sich derzeit dieser Mess-Turm. Der soll erneuert oder neu gebaut werden und dann jahrelang Wolkendaten liefern.
Auf der Schmücke im Thüringer Wald befindet sich derzeit dieser Mess-Turm. Der soll erneuert oder neu gebaut werden und dann jahrelang Wolkendaten liefern. © Tropos / Stephan Mertens

Uwe Käfer indes ist im Thüringer Wald unterwegs auf der Schmücke mit einer Forschungsstation. Eigentlich sind es drei: eine vor, eine auf und eine hinter dem Berg. Alles in der Hauptwindrichtung gelegen. Die Wissenschaftler wollen herausfinden, was dort beim Durchzug der Luftmassen und Wolken passiert. Wie sie sich verändern. Mit mobilen Geräten gab es schon vorangehende Messungen. Es funktioniert.

Nun soll der bislang provisorische Mess-Turm auf dem Gipfel der Schmücke ausgebaut werden oder auch gänzlich neu entstehen. An ihm strömen ziemlich oft im Jahr die Wolken unmittelbar vorbei. Diese Luftmassen streifen zuvor die eine Zusatzstation im Tal und am Ende dann die dritte nach dem Gipfel, ebenfalls im Tal gelegen. So werden die Veränderungen in den Luftmassen beim Durchzug über den Thüringer Wald hinweg erkennbar.

Der Bau von all dem ist in Vorbereitung. Spätestens kommendes Jahr soll dies beginnen. Actris an sich jedoch, so die europäischen Planungen, soll als Atmosphärenforschung bis 2050 bestehen. Oder länger.