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Crystal-Prozess in Dresden: Wie eine Köchin aus Dresden zur Dealerin wurde

Eine 38-jährige Dresdnerin hatte in ihrer Wohnung einen kleinen Drogenhandel aufgezogen. Dann ging die Sache gründlich schief.

Von Alexander Schneider
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Eine Line Crystal fand die Polizei vorbereitet auf einem Tablett vor, als sie im Januar 2023 zur Wohnungsdurchsuchung bei der Dealerin in Dresden anrückte.
Eine Line Crystal fand die Polizei vorbereitet auf einem Tablett vor, als sie im Januar 2023 zur Wohnungsdurchsuchung bei der Dealerin in Dresden anrückte. ©  Symbolfoto: Claudia Hübschmann

Dresden. Eine solche Waffensammlung hatten die Beamten der 38-jährigen Dresdnerin eher nicht zugetraut. An der Wand hing eine Armbrust, die dazugehörigen Bolzen auf der Fensterbank daneben. Außerdem fanden sich eine Federdruck-Pistole, die Stahlgeschosse verschießen kann, und nicht zuletzt ein Baseballschläger in ihrem Schlafzimmerschrank.

Eigentlich waren die Ermittler in der Zschertnitzer Zweiraumwohnung an jenem 18. Januar 2023 auf der Suche nach Drogen, die sie auch fanden – doch wegen der Waffen stieg die drohende Mindeststrafe um ein paar Jahre an und die 38-Jährige wanderte für knapp drei Monate in Untersuchungshaft. Seit Donnerstag steht die gelernte Köchin wegen Handels mit Betäubungsmitteln vor dem Landgericht Dresden.

Crystal-Deals, um an Geld für kranken Hund zu kommen?

Sie soll zwischen August 2022 und Januar 2023 in zwölf Fällen Crystal und Marihuana an verschiedene Junkies verkauft haben. Meist hatten sich die Abnehmer ihre Dosis in kleinen Mengen bei der Angeklagten abgeholt. Fall Nummer 13 ist die sichergestellte Menge, die als bewaffneter Drogenhandel und Besitz angeklagt wurde. 144 Gramm Crystal und diverse weitere Betäubungsmittel hatten die Beamten bei der Durchsuchung sichergestellt, außerdem rund 2.500 Euro Bargeld.

Bei ihrem Haftrichter beichtete die Dealerin, dass ihr nicht bewusst gewesen sei, wohin sie geraten war. Sie habe selbst konsumiert und die Drogen auch verkauft, um sich das Geld für ihren kranken Hund nicht bei ihrer Mutter leihen zu müssen. Das Tier habe teure Medikamente gebraucht. Weil die Frau die Vorwürfe eingeräumt und auch Aufklärungshilfe geleistet hatte, kam sie bald wieder auf freien Fuß und nahm Kontakt zur Drogenberatung auf, wie es das Gericht ihr auferlegt hatte.

Drogen kamen von Waffelbäcker aus der Altmarkt-Galerie

Die Suche nach weiteren Dealern ging unterdessen weiter. Die Aufklärungshilfe setzte die Polizei unter Druck. "Das war schon sportlich", nannte es eine Ermittlerin als Zeugin im Prozess. So hatte die Angeklagte damals zwar nicht ihren unmittelbaren Lieferanten genannt, aber dessen Crystal-Quelle – ein Waffelbäcker aus der Altmarkt-Galerie. Zwei Tage nach der Beichte beim Haftrichter durchsuchte die Polizei auch die Waffelbäckerei in der Dresdner Altstadt.

Im Lager des Verdächtigen fanden die Ermittler mehr als 800 Gramm Crystal und mehr als 10.000 Euro Bargeld, Handy, Feinwaage, Klipptütchen. In seinem Prozess im Herbst 2023 hatte der Mann behauptet, er sei zum Drogenhandel gezwungen worden. Das nahm ihm das Gericht aber nicht ab und verurteilte ihn zu drei Jahren Haft.

Bewährungsstrafe oder Gefängnis

Die 38-jährige Köchin hat nun alle Vorwürfe eingeräumt. Der Waffelbäcker habe ihrem Lieferanten das Crystal für 32 Euro pro Gramm verkauft. Sie selbst habe 42 Euro dafür bezahlt und das Gramm zu 60 Euro weiterverkauft. Die Waffen jedoch hätten nichts mit den Drogen zu tun, sagte sie, die Armbrust könne sie gar nicht alleine spannen.

Für die Frau geht es jetzt vor allem um die Frage, ob sie noch eine Bewährungsstrafe bekommen kann, also eine Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren, und ob die langjährige Konsumentin eine Drogentherapie machen muss, notfalls sogar stationär. Strafrechtlich ist das möglich, wenn der angeklagte bewaffnete Handel als ein sogenannter minderschwerer Fall gewertet wird. So könnte die Mindeststrafe abgesenkt werden.

Die Angeklagte selbst hält sich für sauber. Sie hat im Dezember bei Dippoldiswalde eine Arbeit als Köchin gefunden, sei seit langem richtig erfüllt und glücklich. Sie überlege sogar, für ihre Arbeit nach Dips zu ziehen. Auch ihr Arbeitgeber, der von dem Prozess wisse, würde sie am liebsten voll anstellen. Der Prozess wird fortgesetzt.