SZ + Dresden
Merken

Prozess in Dresden um falsche Corona-Atteste: Rüge von der Ärztekammer

Eine Ärztin aus Moritzburg soll tausende Corona-Atteste auf Sammelterminen ausgestellt haben. Manche nannten diese Treffen "Party", sagt eine Zeugin am Landgericht Dresden.

Von Alexander Schneider
 2 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Ärztin Bianca W. aus Moritzburg hat sich bislang in ihrem Prozess am Landgericht Dresden nicht zu den Vorwürfen geäußert. Sie sitzt bereits seit elf Monaten in Untersuchungshaft.
Die Ärztin Bianca W. aus Moritzburg hat sich bislang in ihrem Prozess am Landgericht Dresden nicht zu den Vorwürfen geäußert. Sie sitzt bereits seit elf Monaten in Untersuchungshaft. © SZ

Dresden. Noch immer hat sich die 66-jährige Bianca W. nicht zu den Vorwürfen geäußert. Die Moritzburger Hausärztin, die der Reichsbürger-Szene zugerechnet wird, steht seit November vergangenen Jahres vor dem Landgericht Dresden, weil sie in Größenordnungen "unrichtige Gesundheitszeugnisse" im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ausgestellt haben soll. Atteste, mit denen die Inhaber vom Tragen eines Mund-Nasenschutzes befreit wurden, außerdem vor einer Impfung und vor einem Schnelltest mit dem Nasenstäbchen.

Tatorte sind mehrere sogenannte Sammeltermine im ganzen Bundesgebiet, an denen Hunderte Kunden offenbar die von ihnen bestellten Atteste abholen konnten. W. wurde offenbar von lokalen Organisatoren eingeladen, hatte sich mit ihnen abgestimmt und auch Namenslisten der Attest-Empfänger erhalten. Das berichtete eine E-Mail-Auswerterin der Dresdner Kripo am Montag.

Die Abläufe seien immer gleich gewesen. Erst die Kontaktaufnahme mit der Angeklagten, deren Engagement sich offenbar herumgesprochen hatte. Dann der Austausch von Personendaten, mit denen die Atteste vorbereitet werden konnten, schließlich die Planung, wann und wo das Treffen vor Ort stattfinden soll.

Hypnotiseurin verweigert Aussage

Interessant ist, dass die Angeklagte und lokale Organisatoren die Sammeltermine in ihren Gesprächen als "Party" bezeichneten oder als "Geburtstag". Eine der lokalen Ansprechpartnerinnen und mutmaßliche Mitorganisatorin ist die Inhaberin einer "Hypnose-Praxis" in mecklenburgischen Parchim.

Die 55-Jährige sollte als Zeugin aussagen, machte aber von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, weil gegen sie ebenfalls ermittelt wird. Neben den angeklagten Fällen – vier Sammeltermine, mehr als 1.000 Atteste und rund 48.000 Euro Einnahmen für W. – hat die Polizei bisher insgesamt 42 "Partys" ermittelt und rund 7.000 Menschen, die etwa 12.000 Atteste erworben haben sollen.

Am Montag sollte außerdem ein Zeuge zu einer Apparatur vernommen werden, die von der Angeklagten zur Diagnose eingesetzt worden sein soll, ein sogenannter Quantenresonanz Magnetischer Analysator. Doch der Mann hatte überraschend abgesagt. Er habe mitgeteilt, dass er gestürzt sei und daher nicht in der Lage sei, nach Dresden zu reisen, teilte der Vorsitzende Richter Jürgen Scheuring mit.

Die Zeit überbrückte das Gericht mit der Verlesung von E-Mails und anderen Dokumenten, die weitere Schlaglichter auf die Aktivitäten der Ärztin werfen. So erhielt sie im Herbst 2021 eine Rüge und ein Ordnungsgeld von 500 Euro der sächsischen Landesärztekammer aufgebrummt, weil sie sich nicht zum Attest eines Grundschülers aus Göppingen, den sie vom Tragen einer Maske befreit hatte, geäußert habe.

Der Prozess wird fortgesetzt.