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Prozess gegen Dresdner Geschäftsführer: Noch mehr sexuelle Belästigungen von Mitarbeiterinnen?

Ein 45-jähriger Geschäftsführer soll wiederholt Frauen seiner Firma unsittlich berührt und geküsst haben. Es ist offenbar ein kurioser #MeToo-Fall, der nun vorm Dresdner Amtsgericht verhandelt wird.

Von Alexander Schneider
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In diesem Gebäude findet nun schon der zweite Prozess gegen einen Dresdner Geschäftsführer statt. Der 45-Jährige hatte 2020 bestritten, eine Praktikantin sexuell belästigt zu haben - dann meldeten sich jedoch weitere geschädigte Mitarbeiterinnen.
In diesem Gebäude findet nun schon der zweite Prozess gegen einen Dresdner Geschäftsführer statt. Der 45-Jährige hatte 2020 bestritten, eine Praktikantin sexuell belästigt zu haben - dann meldeten sich jedoch weitere geschädigte Mitarbeiterinnen. ©  Symbolfoto: Rene Meinig

Dresden. Hätte er mal das erste Urteil wegen einer sexuellen Belästigung akzeptiert, dem 45-jährigen Dresdner Kaufmann Christian W. wäre nicht nur ein peinlicher Prozess erspart geblieben, sondern auch neue Ermittlungen wegen weit gravierenderer Vorwürfe.

Eine mutige Praktikantin hatte 2019 als erste Frau ihren Chef angezeigt. Die heute 30-Jährige aus Düsseldorf war damals in der Dresdner Niederlassung einer international tätigen US-Firma angestellt. Bei einer feuchtfröhlichen Firmenfeier soll sie zu vorgerückter Stunde in der Bar eines Restaurants am Neumarkt von Niederlassungsleiter W. gegen ihren Willen festgehalten und geküsst worden sein.

Weil der bislang nicht vorbestrafte Chef einen Strafbefehl mit der denkbar geringsten Strafe, einer Verwarnung mit Strafvorbehalt, nicht akzeptierte, fand im September 2020 die erste Hauptverhandlung am Amtsgericht Dresden statt – und das Unheil nahm für W. seinen Lauf.

Die Verhandlung musste zwar ausgesetzt werden, weil der Strafrichter für eine Entscheidung weitere Zeugen brauchte. Doch dann meldeten sich überraschend zwei weitere Frauen, offenbar Mitarbeiterinnen der Firma, die in der Zeitung über den Fall gelesen hatten. Die Sache erinnert an die "#MeToo"-Bewegung von 2017, als Frauen gezielt das Ausmaß sexueller Übergriffe, denen sie zum Opfer gefallen waren, öffentlich gemacht hatten.

Insgesamt gibt es nun drei geschädigte Frauen

Seit Dienstag, knapp drei Jahre nach dem ersten Prozess, steht Christian W. wieder vor dem Amtsgericht Dresden – nun allerdings vor einem Schöffengericht. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, droht dem Angeklagten eine weit höhere Strafe. Neben der Belästigung der Praktikantin auf der Dresdner Firmenfeier soll der 45-Jährige laut Anklage weitere sieben Sexualstraftaten begangen haben: Übergriffe, Nötigungen mit Gewaltanwendung und Belästigungen gegen den Willen der Geschädigten aus den Jahren 2017 bis 2019.

Tatorte sind die "Monkey Bar" in Berlin, wo W. eine Frau festgehalten und geküsst haben soll; eine Autofahrt nach Großenhain, bei der W. seine Hände nicht bei sich habe lassen können; das Firmenbüro in Dresden, wo W. seine Angestellte umarmt haben soll; eine Taxifahrt in Frankfurt/Main, wo W. wieder eine Frau geküsst habe, wie auch kurz darauf in einem Hotel und dergleichen mehr.

Der Angeklagte wird von weiteren Zeugen belastet

Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Es handle sich dabei nicht um "strafbare Handlungen", argumentieren seine Verteidiger und sparen nicht an Kritik gegenüber der Praktikantin, die den Stein ins Rollen gebracht hatte. Sie wäre enttäuscht, weil ihr vor der "angeblichen Tat" von W. eine schwache Arbeitsleistung attestiert worden sei.

Dem widersprachen die 30-Jährige, die auch in diesem Verfahren als Nebenklägerin teilnimmt, und ein ehemaliger Kollege jedoch. Der 37-Jährige, der erst nach seiner für ihn überraschenden Kündigung im Juli 2020 von der Kussattacke seines Chefs auf die Nebenklägerin erfahren habe, berichtete auch von weiteren "Anzüglichkeiten", von denen er in der Firma erfahren habe.

Anders als im ersten Verfahren gibt es nun nicht nur zwei weitere Geschädigte, sondern auch Zeugen. Neben dem 37-Jährigen auch etwa eine 54-jährige Innenarchitektin aus Düsseldorf. Sie berichtete etwa, Christian W. habe auch ihr bei der besagten Dresdner Firmenfeier am 13. Februar 2019 an den Po gefasst. Sie habe das übergangen.

Der Prozess wird fortgesetzt.