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Tödlicher Schleuser-Unfall auf A17: Fahrer wegen Mordes verurteilt

Bei einem Schleuser-Unfall auf der A17 im vergangenem Sommer stirbt eine Frau, sieben Personen werden verletzt. Jetzt fiel am Landgericht in Dresden das Urteil gegen den Fahrer des Transporters.

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Während des Prozesses im Landgericht Dresden: Der 23-jährige Georgier Gasan P. (Mitte), mit Dolmetscherin (l.) und Anwalt Ronald Mayer (r.) aus Freital.
Während des Prozesses im Landgericht Dresden: Der 23-jährige Georgier Gasan P. (Mitte), mit Dolmetscherin (l.) und Anwalt Ronald Mayer (r.) aus Freital. © Marko Förster

Von Friederike Hohmann

Die Staatsanwaltschaft hatte eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Georgier Gasan P. gefordert. Ähnlich sah es die Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Richter Herbert Pröls - für sie war es ebenfalls Mord und versuchter Mord in sieben Fällen - neben gewerbs- und bandenmäßigem Einschleusen von Ausländern und gefährlicher Körperverletzung.

In seiner Urteilsbegründung zeigte der Vorsitzende auf, was zu dieser Entscheidung führte. Gasan P. wollte um jeden Preis fliehen. Erst im Mai 2023 war er vom Amtsgericht Görlitz wegen Einschleusens von Ausländern zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Doch Anfang Juni saß er schon wieder hinter dem Steuer eines Schleuserfahrzeugs. Bis Ende Juni brachte er bei insgesamt fünf Fahrten mindestens 45 Personen ins Bundesgebiet. Er hätte befürchtet, für viele Jahre ins Gefängnis zu müssen, hatte Gasan P. gegenüber dem Gericht gesagt, als er erklärte, warum er am 13. Juli 2023 vor der Polizei floh.

Bei dieser todbringenden Fahrt hatte er in Ungarn acht Personen, darunter auch Kinder, mit einem Renault Trafic von einer Sammelunterkunft abgeholt, um sie nach Deutschland zu bringen. Eingepfercht in dem fensterlosen Kasten mit einer Fläche von weniger als vier Quadratmetern, der eigentlich für den Transport von Waren vorgesehen ist, mussten die Passagiere die lange Strecke bis nach Deutschland ohne Pause zurücklegen.

Im Konvoi fuhren noch drei weitere baugleiche Transporter mit Flüchtlingen und ein Begleitfahrzeug. Die Fahrer waren über eine Chatgruppe während der ganzen Fahrt über in Kontakt und passierten die Mautstellen teilweise im Abstand von wenigen Sekunden.

Auf der A17 nahe Pirna nahm im vergangenen Sommer eine Schleuserfahrt ihr tödliches Ende.
Auf der A17 nahe Pirna nahm im vergangenen Sommer eine Schleuserfahrt ihr tödliches Ende. © Marko Förster

Kurz nach der deutschen Grenze wurde der Wagen von Gasan P. von der Bundespolizei zum Halten aufgefordert, kam dem aber nicht nach. Über einen Zeitraum von 15 Minuten lieferte er sich mit den Polizisten eine Verfolgungsjagd auf der A17. Hinter einer Autobahnbrücke lenkte er das Fahrzeug auf ein Stoppelfeld und fuhr dort mit mindestens 118 Kilometer pro Stunde, um auf die von der Brücke kommende Kreisstraße zu gelangen.

Den Tod der Passagiere billigend in Kauf genommen

Dabei habe er nur an seine Flucht, nicht aber an die ungesicherten Passagiere gedacht und deren möglichen Tod billigend in Kauf genommen, argumentierte der Richter. Dies sein ein gezieltes Handeln gewesen. Man könne sich kaum vorstellen, wie furchtbar es für die Passagiere im hinteren Teil war, als der Transporter über das Feld fuhr und sich danach mehrmals überschlug.

Ebenfalls angeklagt: Der 24-jährige Said S. (Mitte vorn) mit einem Dolmetscher (links) und Anwalt Bert Albrecht (re.) aus Freital.
Ebenfalls angeklagt: Der 24-jährige Said S. (Mitte vorn) mit einem Dolmetscher (links) und Anwalt Bert Albrecht (re.) aus Freital. © Marko Förster

Eine 44-jährige Geschleuste überlebte den Unfall nicht. Alle anderen Geschleusten wurden schwer verletzt in umliegende Krankenhäuser gebracht und intensivmedizinisch versorgt, nachdem sie von der Feuerwehr aus dem Transporter geholt worden waren. Mehrere Unfallopfer trugen bleibende schwere gesundheitliche Schäden davon. Gasan P. konnte sich selbst aus dem Fahrzeug befreien und versuchte zu fliehen.

Der Mitangeklagte Tadschike Said S. fuhr einen der anderen Transporter. Aus Sicht des Gerichts ist ihm die Fahrt mit Todesfolge nicht zuzurechnen. Er wurde wegen Einschleusens von Ausländern unter lebensgefährlicher Behandlung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Gasan P. soll lebenslänglich ins Gefängnis. An drei der Unfallopfer, die als Nebenkläger auftraten, soll er insgesamt 50.000 Euro zahlen. Er hat bereits angekündigt, das Urteil anzufechten.