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49 Flüchtlinge in Kleintransporter eingepfercht: Schleuser muss in Gefängnis

Der Deutsche Kemal K. schleuste mehrfach viele Menschen auf kleinstem Raum nach Deutschland. Die Insassen bekamen dabei kaum Luft. An der A17 wurde er gestoppt.

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Der 40-jährige Kemal K. (3.v.l.) wurde am  Landgericht Dresden zu knapp vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Der 40-jährige Kemal K. (3.v.l.) wurde am Landgericht Dresden zu knapp vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. © SZ

Von Friederike Hohmann

Was passieren kann, wenn Menschen ungesichert auf der Ladefläche eines Transporters befördert werden, zeigte gerade erst der Prozess am Landgericht Dresden. Ein georgischer Schleuser floh im Juli letzten Jahres mit einem Renault Trafic vor der Polizei, das Fahrzeug überschlug sich mehrmals. Die ungesicherten Passagiere, darunter auch Kinder, wurden alle schwer verletzt. Eine 44-jährige Frau starb. Der 23-jährige Fahrer wurde am Mittwoch wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

„Job-Angebot“ auf Facebook

Die im vergangenen Jahr von der Polizei gefassten Schleuser kamen überwiegend aus Osteuropa, zunehmend auch aus der Ukraine. Aber auch Deutsche lassen sich von den kriminellen Schleuserbanden anwerben. Kemal K. aus Berlin war in finanziellen Nöten, als er im September 2023 auf ein Angebot auf Facebook einging, bei dem ihm 2.000 Euro pro Schleuserfahrt versprochen worden waren. Ihm war bewusst, dass das illegal war und auch, dass es jeweils um viele Personen ging, die er in einem Fahrzeug transportieren sollte, gab er vor dem Landgericht in Dresden an.

Wie viele Personen er bei seinen ersten beiden Fahrten an Bord hatte, konnten ihm die Ermittler nicht zweifelsfrei nachweisen. In der Anklageschrift ist von bis zu 50 Geschleusten die Rede. Am 24. September stoppten ihn Beamte der Bundespolizei nahe der A17, in Hellendorf, einem Ortsteil von Bad Gottleuba-Berggießhübel. Auf der Ladefläche des Iveko-Kastenwagens fanden sie – eingepfercht auf engstem Raum - 49 Menschen aus Syrien und der Türkei. Darunter waren mehrere Kinder, das Jüngste nur vier Jahre alt. Der Kastenwagen hat keine Fenster. Die hydraulische Ladeklappe lässt sich nur von außen öffnen.

In der Not Löcher in die Decke geschnitten

Wie die Beamten feststellten, hatten die Menschen in ihrer Not während der Fahrt mehrere Löcher in die Glasfaserdecke des Fahrzeugs geschnitten, weil sie an Sauerstoffmangel litten. Das herausgeschnittene Material fand man auf dem Boden des Transporters. Auch mehrere mit Urin gefüllte Flaschen lagen auf der Ladefläche.

Kemal K. hatte schon vor Prozessbeginn ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er hätte zusammen mit seiner Mutter und seiner schwerbehinderten Schwester in einer Berliner Wohnung gelebt, sagte sein Verteidiger in der Verhandlung. Der Lohn, den er für seine Arbeit, bei der er in Berlin behinderte Kinder transportierte, erhielt, reichte nicht mehr für den Unterhalt seiner Familie. Der Vermieter hätte mit der Kündigung gedroht, gab er als Grund dafür an, dass er sich von der Schleuserbande anwerben ließ.

Schon einmal hatte er für zwei Wochen in Berlin in U-Haft gesessen, weil er als Fahrer eines sogenannten Kokain-Taxis erwischt worden war - kam dann aber mit einer Bewährungsstrafe davon. Nachdem er im vergangenen September wegen der Schleuserfahrt in Untersuchungshaft kam, musste seine Mutter ins Krankenhaus und seine Schwester deshalb in eine Pflegeeinrichtung.

Wegen seines umfassenden Geständnisses konnte das Gericht auf eine umfangreichere Beweisaufnahme verzichten. Die Große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Jürgen Scheuring verurteilte Kemal K. wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit lebensgefährdendem Einschleusen von Ausländern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten.